Die Sümpfe. Gerhard Wolff

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Die Sümpfe - Gerhard Wolff

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Grund habe ich die Sache hier genau geprüft.“

      „Geprüft?“

      „Ich habe mich nach Mädchen erkundigt, die genau auf diese Annonce geantwortet haben und jetzt in Deutschland bei dieser Firma arbeiten.“

      „Echt?“

      „Aber sicher!“ Alwina nickte selbstsicher. „Ich kann dir Namen und Adressen nennen und dir ein Gespräch mit den Eltern dieser Mädchen, die auf diese Annonce geantwortet haben, vermitteln. Die Leute sind alle begeistert. Gute Arbeit im Beruf als Näherin, gute Arbeitsbedingungen, gute Löhne. Die Mädchen schicken jeden Monat ordentliches Geld nach Hause. Glaub mir, da ist alles in Ordnung. Wer arbeiten will, der ist hier völlig richtig!“

      Sofia war baff. „Ja, dann!“, überlegte sie. „Dann ist das ja vielleicht doch der Ausweg aus unserer Not.“

      „Das ist er sicher, das kannst du mir glauben!“, versicherte Alwina. „Ich jedenfalls werde mir diese Chance nicht entgehen lassen. Und ich wollte dich als meine beste Freundin nicht hier versauern lassen.“

      „Lieb von dir!“, strahlte Sofia Alwina dankbar an.

      „Ich habe morgen früh um zehn Uhr einen Termin mit dem Vermittler im Kaffee Halici. Kommst du mit?“

      „Klar komme ich mit, was denn sonst!“, Sofia sprang auf.

      „Check ein!“, meinte Alwina und die beiden Mädchen schlugen vor Aufregung und Glück die Hände zusammen.

      5

      „Hast du schon wieder gesoffen oder was?“, fragte Tom beschämt, als er die Küche betrat und seinen Vater zusammengesackt am Küchentisch sitzen sah, vor ihm standen einige Bierflaschen.

      Der Vater hob schwerfällig den Kopf und sah ihn aus glasigen Augen dumm starrend an. „Wenn schon, was geht´s dich an? Und was interessiert`s dich, wo dich sonst nichts interessiert?“ Er warf ihm einen bösen Blick zu.

      Tom sah ihn vorwurfsvoll an. „Ist eben kein schöner Anblick, wenn man seinen Vater besoffen sieht. Beschämend eben, einfach beschämend!“

      Sie starrten sich eine Weile wütend an.

      „Du bist der gleiche Schwächling wie dein Großvater einer war!“ Er nahm die Flasche und lachte. „Der war auch ein Schwächling.“

      „Du kannst mir nichts weismachen. Großvater war ein Ehrenmann, ein Vorzeigemensch in jeder Beziehung! Unsere Familie war hoch geachtet in unserem Dorf, so war das damals!“

      „Ein Schwächling, sage ich!“, schrie ihn der Vater an. „Immer krank war er und immer nur am Jammern!“

      „Aber unsere Familie war geachtet. Großvater wusste sich zu benehmen. Du hast mit deinem Benehmen den Ruf unserer Familie im Dorf komplett ruiniert!“

      „Halt dein freches Maul, du ungezogener Bengel!“ Er stand auf, um Tom zu drohen, denn er wusste, dass er ihn nicht mehr schlagen konnte, so wie früher, als er noch ein Junge war. Aber er sackte eh vor Schwäche wieder in sich zusammen.

      „Und du bist schuld, dass Mutter sich das Leben nahm!“, bohrte Tom weiter, weniger um den Vater zu provozieren, als aus aufkeimendem Zorn.

      „Halt jetzt dein ungezogenes Maul!“, lallte der Vater wieder. „Was fällt dir ein? Ich, ich …!“ Aber weiter kam er wieder nicht, dann rutschte sein Kopf von seiner Faust, mit der er diesen abgestützt hatte, herunter und knallte auf den Tisch. Ein leiser Laut des Schmerzes, dann stützte er sich wieder ab, zog sich am Tisch hoch und stand auf.

      „Deine Sauferei ist schuld, dass Mutter sich erhängt hat!“

      Er hatte sie in der Scheune gefunden, als er im Teenageralter war. Er wusste, dass er diesen Anblick nie vergessen würde. Und er wusste, wer an allem schuld war. Zorn durchfuhr ihn gegen diesen dumpfen, rücksichtlosen Egoisten.

      „Oh!“, brummte der Alte nur, taumelte zum Treppengeländer, an dem er sich schnell festhielt, um nicht hinzufallen. Er beachtete Tom gar nicht und zog sich nach oben.

      „Du Schwein!“, rief ihm Tom angeekelt hinter her. „Du versoffenes Schwein!“

      Der Alte reagierte nur mit einer abfälligen Handbewegung.

      Eine wohlbekannte Ohnmacht überfiel Tom, die Ohnmacht, im Recht zu sein, alles richtig machen zu wollen, das Richtige tun und leben zu wollen und nicht zu können, weil dieses versoffene Schwein im Weg stand und es verhinderte.

      An der Kehre blickte ihn der Vater an und grinste frech, so als ob er sagen wollte: „Schau! Was du auch willst, es wird doch nicht gemacht!“

      In Tom brodelte es, diese Frechheit, Dummheit und Sturheit dort und diese Ohnmacht bei ihm.

      „Verflucht!“, entfuhr es ihm. „Ich könnte dich …!“

      Tom stürzte zornig nach draußen in den Hof, damit er nicht aus lauter Wut eine Dummheit beging. Von dem Streit völlig außer Atem blieb er stehen und holte tief Luft. „Weg hier, nur weg hier, sonst bring ich den Kerl um!“, murmelte er.

      Er lief hinüber zu dem Schuppen, in dem seine Geländemaschine stand. Er schob sie aus der Halle, trat energisch das Pedal durch, ließ den Motor aufheulen und brauste dann davon.

      6

      „Wie bitte, du willst nach Deutschland auswandern?“, rief Adrian laut, sprang auf und sah Sofia entgeistert an. „Das, das kannst du doch nicht machen, du kannst mich doch nicht allein lassen!“

      Sofia senkte traurig ihren Kopf und starrte zu Boden. Im nächsten Moment flossen ihr die Tränen über das Gesicht.

      Sie hatten einen schönen Abend in ihrem Zimmer geplant und saßen auf dem Sofa.

      „Ich, ich dachte du liebst mich?“, fragte er verzweifelt. „Ich dachte, wir wollen heiraten. Ich dachte, wir zwei würden für immer zusammenbleiben. Ich wollte Kinder von dir, ich wollte eine Familie mit dir gründen!“ Er stand ratlos vor ihr.

      Auf dem Boden hatte sich bereits ein kleiner See aus Sofias Tränen gebildet. Sie schluchzte, rang nach Fassung, atmete tief durch, spürte einen tiefen Schmerz in ihrem Herzen, wusste, dass sie ihn überwinden musste. „Das ist doch alles noch möglich, Adrian!“, begann sie mit leiser, aber hoffnungsvoller Stimme. „Ich habe doch nicht gesagt, dass ich dich verlasse. Ich habe doch nicht gesagt, dass es aus ist zwischen uns beiden. Ich liebe dich, darauf kannst du dich verlassen!“ Nun sah sie zu ihm hoch, stand auf und sah ihm tief in die Augen. „Ich liebe dich, glaub mir bitte, ich liebe dich und ich wünsche mir auch alles das, wovon du gesprochen hast, eine Familie und Kinder und das nur mit dir.“

      „Na also!“, meinte er etwas beruhigter. „Dann wird alles so geschehen und alles gut werden, wenn du hier bleibst. Du bleibst doch hier?“

      Von einem zum nächsten Moment war ihr Herz wieder voller Trauer. Sie begriff, dass er sie nicht verstand und dass sie es ihm doch beibringen musste. „Nein!“, flüsterte sie leise und legte zärtlich die Arme um ihn. „Ich bleibe nicht hier. Ich werde nach Deutschland gehen, weil es nur dort Arbeit in meinem Beruf für mich gibt und weil ich dort gut verdiene!“

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