Die Sümpfe. Gerhard Wolff

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Die Sümpfe - Gerhard Wolff

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du nur lange genug suchst!“

      „Ich habe lange genug gesucht, Adrian, das weißt du.“ Sie holte Luft, um weitersprechen zu können. „Ich habe vor drei Jahren meine Lehre beendet und seitdem suche ich nach Arbeit, das weißt du genau!“

      „Dann suchst du eben noch drei Jahre, aber du wirst Arbeit finden, das schwöre ich dir!“ Er sah sie mit blitzenden Augen an.

      „Falls wir nicht vorher verhungern, nachdem wir schon nicht gelebt, sondern grade so existiert haben. Nein, nein, nein! Es geht mir und meiner Familie wirklich schlecht. Es muss etwas geschehen.“ Sie nickte, weil sie ihre Entscheidung getroffen hatte. „Ich werde gehen, das ist sicher!“

      „Wenn du gehst, wird es aus sein zwischen uns!“, vermutete er. „Du wirst dort arbeiten, du wirst jemanden kennenlernen, du wirst dich dort verlieben und nie wieder zurückkommen!“

      „Dann komm doch einfach mit!“, schlug sie ihm vor. „In der Annonce werden auch Männer für die verschiedensten Arbeiten gesucht. Die brauchen dort junge Leute, die arbeiten wollen, weil sie selbst nur noch alte Leute haben!“, rief sie begeistert über ihre Idee aus.

      Er winkte ab. „Ach, ich glaube nicht an diese Träume. Lieber habe ich hier meine Arbeit und meine Familie und meine Freunde sicher, auch wenn ich nicht so viel Geld habe, als dass ich mich auf etwas einlasse, dass vielleicht in einer Katastrophe endet. Nein, nein, nein, ich gehe nirgendwohin und du, du bleibst ebenfalls hier!“ Er stellte sich bestimmend vor sie hin. „Du bleibst hier, damit das klar ist!“

      Sie sah ihn eine Weile nachdenklich an. „Ich habe die Papiere mit dem Vermittler bereits unterzeichnet. Der Vertrag ist gültig. Ich werde am ersten des neuen Monats in Deutschland mit der Arbeit beginnen!“

      Er fuhr überrascht zurück und sah sie mit zusammengekniffenen Augen an. „Dann, leb wohl!“, zischte er außer sich vor Zorn und stürzte aus ihrem Zimmer.

      7

      Tom raste mit viel zu hoher Geschwindigkeit durch die Straßen der Stadt. Das war ein sicheres Zeichen dafür, dass er sich geärgert hatte.

      „Wollen wir heute Abend etwas unternehmen?“, hatte er Anne, seine Freundin, per SMS gefragt.

      Aber die hatte abgesagt. „Habe heute Abend leider keine Zeit. Muss noch für die Prüfung arbeiten!“

      Er hatte dann versucht, mit ihr auf dem Handy zu sprechen, da er sich damit nicht abfinden wollte. Aber sie war nicht erreichbar gewesen.

      „Verdammt noch mal, was soll das?“, hatte er wütend gemurmelt. Denn in letzter Zeit hatte sie kaum noch etwas mit ihm unternommen. Immer hatte sie eine Ausrede gehabt und oft war sie nicht erreichbar gewesen.

      Da schwang er sich auf seine Bultaco und war in die Stadt gerast, ohne richtig zu wissen, was er da wollte. Er hasste die Stadt mit den vielen Menschen, die er zunehmend als Feinde betrachtete. Eigentlich war die Stadt gar nicht sein Ziel gewesen, aber irgendwann endet jede Landstraße in einer Stadt.

      Er brauste durch die Straßen, um seine Wut loszuwerden, aber er steigerte sich nur noch mehr hinein, so wie es seine Art war. Er versuchte sich an die Entspannungstechniken aus dem Taekwondo-Training zu erinnern, aber es gelang ihm dieses Mal nicht, sich zu beruhigen.

      Plötzlich hielt er an einem Restaurant an, es war irgendein Restaurant, es hätte auch jedes andere sein können. Er parkte die Trialmaschine und sah sich um.

      „Vorsicht!“, sagte er zu sich selbst. Er erinnerte sich an die Ereignisse der letzten Wochen. Mehrmals hatten seine Besuche in Kneipen in Auseinandersetzungen geendet, so aggressiv war er vor Zorn. Er wusste, dass er außer sich vor Wut und Schmerz und Ohnmacht war und es gelang ihm nicht, zu sich zu finden, wieder er selbst zu werden – auch nicht mit den Entspannungstechniken.

      „Vorsicht!“, meinte er laut zu sich. Aber dann nahm er den Helm ab und trat ein. „Ich werde nur eine Kleinigkeit trinken und ich werde keinen Streit haben“, murmelte er zu sich selbst. Er nahm sich den Restaurantbesuch als Training vor. „Ich werde mich unter Kontrolle haben!“, beschloss er. „Ich werde mich nicht provozieren lassen oder ärgern, ich werde einfach friedlich eine Cola light trinken und werde mich über nichts ärgern und durch nichts provozieren lassen!“

      Er erinnerte sich an verschiedene Situationen, die ihn in letzter Zeit aus der Bahn geworfen hatten. „Heute nicht!“, sagte er zu sich selbst.

      Dann nickte er entschlossen und trat ein. Er ging zum Tresen und bestellte sich ein Cola light. Der Wirt gab ihm das Getränk. Tom setzte sich an die Theke und nippte an seinem Getränk. Dann sah er sich im Lokal um. Plötzlich zuckte er zusammen. Er traute seinen Augen nicht.

      „Anne!“, murmelte er überrascht vor sich hin.

      Er konnte es nicht fassen. An einem der Tische ganz weit hinten im Lokal saß Anne mit einem Mann, den er nicht erkennen konnte, weil er mit dem Rücken zu ihm saß,

      Er stand auf. „Anne!“, knurrte er nun hilflos. Und er bemerkte nicht, dass er schon wieder außer sich war, denn dies war nun wieder eine Situation, auf die er nicht vorbereitet war, eine Situation, die nicht in seinem möglichen Ereignisfenster mit enthalten gewesen war.

      „Das kann doch nicht wahr sein!“, murmelte er. „Anne!“

      Roboterhaft taumelte er zu dem Tisch, an dem die beiden saßen. Gleich darauf war er bei ihnen.

      Anne hatte ihn bereits nach wenigen Metern erkannt und erschrak. Der Mann, der bei ihr saß, bemerkte es. „Ist was?“, fragte er besorgt.

      Dann war Tom bei ihnen. „Anne!“, brummelte er verzweifelt. „Was machst du hier? Du hast gesagt, du musst für die Prüfung lernen!“

      „Ich, ich, ich hatte vergessen, dass ich mit Mike verabredet war!“, stammelte sie verlegen.

      Der Mann, der bei Anne saß, drehte sich um.

      Tom erkannte Mike Sellers, den Sohn des größten Bauern im ganzen Umland. Die Sellers verfügten nicht nur über den flächenmäßig größten Hof, sie hatten auch in allen Bereichen auf Modernität gesetzt: Sie kontrollierten alles von der Produktion bis zur Vermarktung, hatten eigene Bioläden in den nahegelegenen Städten und setzten dabei auch in allen Bereichen auf die neueste Technik. Sie machten alles so, wie Tom es gerne gehabt hätte, waren seinem Hof haushoch überlegen. Auch das gab Tom einen Stich ins Herz.

      „Hallo, Tom!“, meinte Mike Sellers höflich und gelassen, mit der Gelassenheit und Höflichkeit derer eben, die sich alle leisten können, die alles bestens in ihrem Leben eingerichtet haben.

      Tom sah ihn immer noch hilflos an. Er konnte ihm nicht einmal böse sein. Er machte alles richtig und Tom wusste, dass er es genauso gemacht hätte.

      „Anne, was machst du hier? Du hast meine Verabredung abgesagt, weil du auf die Prüfung lernen musstest!“ Mit ihr war er böse. Er hatte ihr alles gegeben, was er hatte und alles versprochen, was er versprechen konnte.

      „Tom!“, meinte sie verlegen. „Mach jetzt bitte keine Szene!“

      „Szene?“ Er fiel aus allen Wolken. „Szene?“, wiederholte er und überlegte, ob das das richtige Wort war. Dann schüttelte er sich und kam zu sich.

      „Du verweigerst meine Einladung, belügst mich und gehst dann mit dem Jungen aus, der

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