Trojanische Pferde. Peter Schmidt

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Trojanische Pferde - Peter Schmidt

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beide ins Unglück stürzen.

      Zumindest las ich das in ihrem verängstigten Gesicht. Vielleicht aber las es mein übernächtigtes Gehirn auch nur in dem Buch, das es selber aufgeschlagen hatte, weil mir mein Instinkt sagte, an der Geschichte, in der wir momentan steckten, sei wieder einmal etwas faul.

      Unser Hotel lag nahe beim Spielkasino und war eines von der kleinen, aber feinen Sorte, die Spieler bei Laune halten sollen, Gewinner und Verlierer gleichermaßen, und bei den Verlierern ist das sicher kein ganz kleines Kunststück. Zwischen den Stämmen des Waldhang schimmerte der Stausee. Rechts davon befand sich der Parkplatz mit dem Kasinoeingang, und wenn man wollte, konnte man leicht die Auffahrt im Auge behalten.

      Der Portier behandelte uns mit jener freundlichen Umsichtigkeit, die man eigentlich nur erwarten durfte, wenn man nach einem langen, sündenfreien Leben an der Himmelspforte angelangt war. Er hatte makellose Zähne, makellose Manschetten und manikürte Finger. Die Farbe seines Jacketts war auf das Tapetenmuster der Rezeption abgestimmt.

      Er fragte nicht nach Sums Pass, obwohl das wahrscheinlich seine Pflicht gewesen wäre, sondern trug nur meinen Namen und den Vermerk “mit Begleitung” ein.

      Er war die perfekte Verkörperung der Diskretion und zwinkerte nicht mal mit den Augen dabei.

      Man sah seinem Gesicht an, dass er glaubte, ich hätte mir das Mädchen in Thailand unter den Nagel gerissen, weil mir unsere Emanzen eine Nummer zu groß waren für ein harmonisches Sexualleben. Oder weil nach seiner Überzeugung niemand so artistisch vom Kleiderschrank in die Lampe sprang wie diese Asiatinnen.

      Am Fahrstuhl wandte ich mich noch einmal nach ihm um und machte das Siegeszeichen. Aber das war ihm schon etwas zuviel der Kumpanei, und er beugte sich ohne irgendein Anzeichen von Lächeln über seine Papiere.

      Unsere Zimmer besaßen eine Verbindungstür. Ich platzierte Sum Nong in einen Sessel vor dem Fernseher und bat sie, sich nicht von der Stelle zu rühren, während ich ihr im Ort ein paar Sachen wie Unterwäsche, Zahnbürste und eine kleine Reisetasche besorgte.

      “Und schließ bitte die hinter mir Tür ab, ja?”

      Sum nickte geistesabwesend, dabei starrte das Fernsehbild an, als sei es eine Direktübertragung vom Mars.

      “Irgend was nicht in Ordnung mit dem Film?”, fragte ich.

      “Ich mache mir nur Sorgen, was jetzt aus mir werden soll. Mein Pass ist noch im Klub. Glauben Sie, ich bekomme eine Aufenthaltsgenehmigung, wenn ich nicht mehr dort arbeite?”

      “Nein.”

      “Weil die Bestimmungen so streng sind?”

      “Weil unser Land nur für Menschen Verwendung hat, die ein paar Millionen in neue Fabriken investieren und viele Arbeitsplätze schaffen. Weil unser Sozialsystem aus dem letzten Loch pfeift, wenn es ein paar Asylbewerber und Wohlstandstouristen aus der Dritten Welt durchbringen soll und wir dann alle zum Frühstück billige Marmelade essen und die Heizungen kleiner drehen müssen.”

      “Sind Sie vielleicht so was wie ein verkappter Sozialreformer, Ralf?”, erkundigte sie sich lächelnd.

      “Nein, ich bin nur ein armer Schlucker, der dauernd was zu meckern hat, weil er in seinem Alter immer noch auf der Klappliege im Büro schlafen und seine Hemden zum Lüften an den Fenstergriff hängen muss.”

      “Tatsache?” Sie legte kichernd ihren Arm um meine Hüften. “Weil Sie keine Waschmaschine besitzen? Dann sind Sie ja genau so arm wie ich?”

      “Meine Mutter, ein schwarzes Mädchen aus Angola, hat mir beigebracht, dass trocken Brot und Wasser rosige Wangen macht – und Armut ein sonniges Gemüt.”

      “Sie sind gebürtiger Angolaner? Sieht man Ihnen aber gar nicht an, dass Ihre Mutter …?”

      “Nein, ich bin so weiß wie Schreibmaschinenpapier. Mein Vater war Chefkoch auf einem deutschen Ozeanklipper. Er lernte ein schwarzes Mädchen in Luanda kennen, das Schiff hatte einen Maschinenschaden, die Ersatzteile brauchten ziemlich lange von Europa aus – aber jetzt muss ich mich wirklich beeilen, um dir eine Zahnbürste zu kaufen, bevor die Läden schließen.”

      “Das ist noch etwas, das Sie wissen sollten …”, sagte Sum, als ich schon in der Tür stand.

      “Ja?”

      “Ich bin nur nach Deutschland gekommen, um herauszufinden, was mit meiner Zwillingsschwester Nam passiert ist.” Sie schwieg und sah mich erwartungsvoll an. “Deswegen habe ich in Thailand Deutsch gelernt.”

      Verblüffend gut Deutsch sogar, dachte ich. Jedenfalls für jemanden, der in armen Verhältnissen aufwuchs und sich kaum ein Universitätsstudium im fernen Bangkok leisten konnte. Also schloss ich die Tür wieder und setzte mich zu ihr in den Sessel. “Deine Schwester arbeitete im selben Klub?”

      “Man hat sie ertrunken in einem Swimmingpool aufgefunden, ohne Spuren irgendeiner Gewaltanwendung. Es war ein Pool im Haus, und außer der Tür, die zum Flur führt, waren alle Türen, auch die Außentüren zum Garten, verschlossen.”

      “Das heißt, die Polizei fand keine Erklärung für ihren Tod?”

      “Meine Familie will trotzdem nicht glauben, dass Nam auf natürliche Weise gestorben ist.”

      “Und wo wurde sie gefunden?”

      Sum kramte einen Zettel aus der Tasche. “Der Mann heißt Herbert Keißen.”

      “Wenn es der Keißen ist, den ich dem Namen nach kenne, dann ist er schon ziemlich alt für ein junges Mädchen wie deine Schwester, oder?”

      Ich kannte Keißen vom Hörensagen. Er war ein bekannter Makler und Hausbesitzer in der Region. Keißen musste über fünfundsechzig sein. Wenn er wirklich zu den Wohnungshaien gehörte, wie manchmal behauptet wurde, dann ging er seinen Geschäften mit der nötigen Diskretion nach.

      “Man sagt, er habe für die Zeit, als meine Schwester ertrank, ein hieb- und stichfestes Alibi.”

      “Und welcher Art ist dieses Alibi?”

      “Ich glaube, er war verreist.”

      “Also gibt es Zeugen, die bestätigen können, dass er sich unmöglich zum Zeitpunkt ihres Todes in der Stadt aufgehalten haben kann, geschweige denn am Pool?”

      “Man behauptet, er kann’s nicht gewesen sein.”

      “Hat dieser Keißen deine Schwester … gekauft?”

      “Sie nennen es nicht so. Bei ihnen heißt es 'Auslösung'.” Man wird angeworben. Ein Mann namens Brian Free, ein Engländer oder Amerikaner, kam in unser Dorf und suchte die Mädchen aus. Er arbeitet für verschiedene Abnehmer und Agenturen in Europa und organisiert die Ausreise.”

      “Und wegen dieser Geschichte mit deiner Schwester hast du dir mein Bild in der Zeitung gemerkt? Weil ich eine Detektei betreibe?”

      Sum lächelte verlegen. “Meine Familie hat etwas Geld gespart. Ich könnte Sie für Ihre Arbeit bezahlen.”

      “Was macht dich so sicher, dass deine Schwester keines natürlichen Todes gestorben ist?”

      “Als

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