Eine Studentin. Peter Schmidt

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Eine Studentin - Peter Schmidt

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in Stock­holm be­geg­net, son­dern schon frü­her in ei­nem voll­ge­stopf­ten Fahr­stuhl der Uni­ver­si­tät, wenn auch nur flüch­tig, für we­nige Se­kun­den.

      Stu­denten stiegen ein und aus und es war die plötzli­che Nähe zu einem dun­kelhaa­ri­gen Hü­nen, die sie völ­lig un­vor­be­rei­tet traf. Als ge­rate man in ir­gend­et­was Myste­ri­öse – wie ein rät­sel­haf­tes Mag­net­feld …

      „Das ist Professor Hol­lando“, hörte sie einen Stu­den­ten hin­ter sich flüs­tern. „Un­ser kom­men­der No­bel­preis­trä­ger und künf­ti­ger Lehr­stuh­linha­ber für Neu­ro­wis­sen­schaf­ten.“

      Obwohl Carolin im Gedränge so gut wie nichts von ihm sah, war es, als ste­he auf ein­mal ihr Herz still. Und einen Mo­ment spä­ter, als sich in der zwei­ten Eta­ge die Fahr­stuhl­tür öff­nete, flüch­tete sie – wie um ihr Le­ben zu ret­ten – ins Trep­pen­haus und lehnte sich auf­at­mend an die Wand.

       Was war das denn? Doch nicht etwa ein An­fall von Klaus­tro­phobie?

      Jetzt im selben Fahr­stuhl, kurz vor ihrem Vor­stel­lungs­ge­spräch, fühl­te sie plötz­lich wie­der die glei­che Be­klem­mung. Als wür­de sie, sobald sie Hol­lando erst einmal ge­gen­über­saß, kein Wort he­r­aus­brin­gen.

      Dabei war sie immer stolz darauf gewe­sen, nicht be­son­ders ängst­lich zu sein. Ro­bert nann­te sie gern – wenn auch mit ironi­schem Unter­ton – „mei­nen un­be­sieg­ba­ren weib­li­chen Ge­fechts­stand“ und lobte ihre Furcht­lo­sig­keit und dass sie durch kaum et­was aus der Fas­sung zu brin­gen war.

      Gib dir selbst einen Tritt in den Hin­tern, er­mahn­te sie sich. Das ist die Chan­ce deines Le­bens!

       Du stehst schon fast im Vor­zim­mer. Und da sitzt auch nur ir­gend­eine be­brill­te Schleier­eule, die sich nach dei­nem Ter­min er­kun­digt …

      Doch in Cesare Hollandos Insti­tut gab es gar kein Vor­zim­mer. Als sie oh­ne an­zu­klop­fen die Tür öff­nete, saß er kaum fünf Me­ter ent­fernt am Schreib­tisch, ver­sun­ken in das Stu­di­um von Pa­pie­ren. Der Raum war über­ra­schend karg einge­rich­tet. An der einen Wand ein schwarz-wei­ßes Wap­pen mit Do­mi­nika­ner­kreuz, an der an­de­ren eine Ko­pie des Heili­gen Do­mi­ni­kus von Ti­zian.

      „Nein, nein, Sie sind nicht falsch“, mur­melte Hol­lando, ohne auf­zubli­cken – als kön­ne er ihre Ge­dan­ken le­sen. „Ich richte mich ge­rade erst ein. An­de­rer­seits schät­ze ich auch die Ein­fach­heit, wie es sich für einen Do­mi­nika­ner ge­hört.“

      „Man sagt, Sie bewohnten nur ein win­zi­ges Zim­mer­chen drü­ben im Klos­ter?“

      „Obwohl man bei einem Pro­fes­sor mei­ner Besol­dungs­stufe eher an eine opu­lente Dienst­vil­la den­ken würde? Ja, ich lebe bei den Zis­ter­zien­sern, al­ler­dings nur vor­über­gehend.“

      „Carolin Meyers, wenn ich mich vor­stel­len darf?“

      Hollando sah prüfend in eine Liste und nickte.

      „Und nun sind Sie hier we­gen der Ar­beits­gruppe? Ihr Ge­sicht kommt mir übri­gens be­kannt vor. Wa­ren sie im Ka­ro­linska-In­sti­tut?“

      Carolin erstarrte … Großer Gott, sie war ihm dort aufge­fallen …

      „Hab im Univer­sitäts­se­kreta­riat einen der letz­ten Stu­dien­plätze für Ihre Semi­nare er­gat­tert, weil das An­ge­bot we­gen zu großer Nach­frage be­grenzt wer­den musste. In Ihre Ar­beits­grup­pe auf­ge­nom­men zu wer­den, wür­de mir einen Traum er­fül­len.“

      „Einen Traum, aha. Und was, glau­ben Sie, befä­higt Sie in mei­nem Ar­beits­kreis mit­zuar­bei­ten? Un­ter so vie­len hoch qua­lifi­zierten Stu­den­ten?“

       Ir­gend­etwas war in sei­nen Augen, das sie nicht ein­ord­nen konnte.

      „Nehmen Sie doch Platz, Caro­lin ….“

      „Ja, gern.“

      „Also …? Warum sollte ich Sie in meine Ar­beits­gruppe auf­neh­men?“

      „Weil ich besser bin als alle ande­ren.“

      Ihre Antwort schien ihn zu amü­sie­ren. Hol­lando lehnte sich im Ses­sel zu­rück und fal­tete die Hände über dem Bauch.

      „Sie glauben also nach zwei Se­mes­tern Neu­ro­wis­sen­schaf­ten, Sie seien ande­ren Stu­den­ten überle­gen? Was macht Sie so si­cher?“

      „Stellen Sie mir eine Frage, Pro­fes­sor.“

      Er nickte versonnen und blät­terte in sei­nen Noti­zen. Aber nichts ge­schah. Als exis­tie­re sie plötz­lich nicht mehr für ihn …

      Hol­lando schien mit sei­nen Ge­dan­ken an ir­gend­ei­nem fer­nen Ort zu wei­len. Doch was viel schlim­mer war – sie hatte nicht die ge­ring­ste Ah­nung, mit wel­cher Frage er sie gleich auf die Pro­be stel­len würde.

      Carolin schob langsam ihr rech­tes Bein übers linke Knie – ihr hel­ler Kat­tun­rock be­wegte sich ein paar Zenti­meter in Rich­tung Ober­schen­kel – und dabei be­merkte sie, dass sein Blick ih­rer Be­we­gung folg­te und kurz auf ih­ren Bei­nen ruhte.

      Also schwul ist er schon mal nicht, dach­te sie. Al­les halb so schlimm …

      „Wenn Sie jemand fragte, wel­che gene­relle In­ten­tion wir Men­schen im Le­ben ha­ben, Ca­rolin, was wür­den Sie dar­auf ant­wor­ten? Gleich­gül­tig, ob wir uns des­sen im­mer be­wusst sind oder nicht. Un­ge­wöhn­liche Frage, zu­gege­ben. Aber ver­su­chen Sie Ihre Ant­wort mög­lichst auf den Punkt zu brin­gen.“

      „Sie meinen einen generel­len Nen­ner? Et­was, dass auf alle Akti­vi­tä­ten im Le­ben zu­trifft? Nur einen Nen­ner oder meh­rere?“

      „Was auch immer Sie als Ant­wort für rich­tig hal­ten …“

      „Dann würde ich mich für das Posi­tiv- und Ne­ga­tiv­sein des Le­bens ent­schei­den, im wei­testen Sinne. Auch wenn es ziem­lich philo­so­phisch klingt und als Defi­nition noch et­was vage wirkt. Man müsste ge­nauer erläu­tern, worum es sich dabei han­delt.“

      Hollando lehnte sich zu­rück – und nickte.

      „Aus­ge­zeich­net, Ihre Ant­wort über­rascht mich …“

      „Was nicht weiter schwie­rig war, weil ich weiß, dass Sie als Vor­sit­zen­der die Ethik­kom­mis­sion lei­ten. Da es mich in­ter­es­siert, habe ich Ihre Pu­bli­kat­ionen zum The­ma stu­diert.“

      „Inzwischen hat jemand anders den Vor­sitz. Hab’s auf­gege­ben, weil es zu viel Zeit kos­tet. Und Posi­tiv- und Ne­ga­tiv­sein ha­ben auch mit Mo­ral zu tun?“

      „Als Gut und Böse, laut Ihrer Defi­ni­tion.

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