Stabile Seitenlage. Wilson Schmidt

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Stabile Seitenlage - Wilson Schmidt

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wie ein Brett, zwei gute Hände voll und Boah ey!

      Wahre Größe zeigt sich oft auf vielfältige Weise.

      Unsere Frauen warfen sich gegenseitig – nein, keine BHs, sondern Zahlen- und Buchstabenkombinationen an die Köpfe. Wir Kerle saßen staunend und wortkarg daneben und ließen den genannten Zahlen- und Buchstabencodes nicht etwa abschätzige, sondern abschätzende Blicke auf die Dekolletés der angesprochenen Weiblichkeit folgen. Der Name einer Internetseite mit dem gleichermaßen frag-, merk- und denkwürdigen Namen „Busenfreundinnen“ fiel, woraufhin sich der Gleichstellungsbeauftragte unserer Runde nach der Existenz des männlichen Pendants erkundigte.

      Weitestgehend ahnungslos und unbedarft besuchte ich am nächsten Tag die Busenfreundinnen auf ihrer Website. Große Mythen und Mysterien ranken sich offensichtlich rund um die weiblichen Rundungen. Es scheint, so man nicht Dessous-Fachberater, Wäschedesigner oder Frau ist, eine Wissenschaft zu sein.

      Ein Blick in die Themenauswahl der Busenfreundinnen verdeutlichte mir, dass Frauen den Kauf ihres Büstenhalters eben nicht nach dem Motto „Husch husch ins Körbchen“ über die Bühne bringen, sondern dass ein mitunter bedeutsamer Entscheidungsprozess im weiblichen Gehirn in Gang gesetzt wird, der weit über die gängigen Miederwarenklischees hinausgeht. Es soll sogar Frauen geben, die ihren Brüsten Namen geben. Harte Schale(n), weicher Kern.

      Ich staunte über nie zuvor gehörte und womöglich inhaltsschwere Begriffe wie Bra-Fitting, Balconette und Minimizer und erfuhr, dass Brötchen nicht immer etwas mit Backwaren gemein haben müssen.

      Die Busenfreundinnen diskutierten Fragen, von denen ich niemals ahnte, dass sie sich überhaupt stellen könnten.

      Das philosophische Potential der Frage „Wo ist meine Brust zu Ende?“ offenbarte sich mir anfänglich nur sehr zögerlich, dann aber umso gewaltiger. Letztendlich kam ich dann doch nicht über die Plattitüde hinaus, dass jedem Anfang auch ein Ende inne wohnen müsse.

      Wenn Sie nicht schon alles über die weibliche Brust zu wissen glauben und nicht ohnehin regelmäßig als Brustexperte zu TV-Diskussionsrunden bei deutschen Spartensendern eingeladen werden, möchte ich Ihnen ein Ereignis ans Herz legen, welches Ihr Leben möglicherweise maßgeblich beeinflussen, wenn nicht gar umkrempeln wird, so Ihnen dessen Existenz bislang verborgen blieb: das sagenumwobene Phänomen der Brustmigration.

      Der und vor allem dem geneigten, aber dennoch Brustunkundigen drängen sich mindestens drei Fragen auf:

      Was mag eine Brust bewegen, ihre Heimat zu verlassen, um ihren Lebensmittelpunkt an einen anderen Ort zu verlegen, wo ist dieser Ort und was soll der Unsinn?

      Lassen Sie uns der mysteriösen Brustmigration unwissenschaftlich, unbedarft und dilettantisch nähern:

      Die Brüste wandern weder aus freien Stücken noch in einem Stück am Körper umher. Zu klein gewählte Büstenhalter und Körbchen verdrängen die Brüste von dem ihnen biologisch zugewiesenen Ort und so pilgert Brustgewebe in die Achselhöhle und bisweilen sogar auf den Rücken. Erschwerend kommt hinzu, dass anscheinend nicht immer von einer Synchron-Migration ausgegangen werden kann. Spätestens, wenn die Brustbesitzerin ihre Brüste nur mittels Blick über ihre Schulter betrachten kann, ist es angeraten, der Umtriebigkeit der ausgebüxten Schlawiner entgegenzuwirken, was indes nicht allein durch gutes Zureden gelingen wird. Nur mit der Aussicht auf einen gut sitzenden und geräumigen BH können die Brüste überzeugt werden, handstreichartig aus ihrem Exil an ihren ihnen zugedachten Platz, der sich üblicherweise in einer Zone irgendwo zwischen Hals und Bauchnabel befindet, zurückzukehren, um dort fortan formschön, prachtvoll und mitunter größer denn je bis an ihr Lebensende prangen – Brüste mit Migrationshintergrund.

      Was nach mindestens einem Migrationsbeauftragten geradezu schreit und den einen oder anderen Filou einen Migrationsgipfel unter Berücksichtigung der von der EU noch festzusetzenden Frauenquote fordern lässt, ist letztendlich nichts anderes als das Fazit meines Ausflugs in die geheimnisvolle Welt der Oberweiten:

       Nicht jeder BH vermag zu halten, was er augenscheinlich verspricht.

      Der will nur spielen

      Mein Verhältnis zu Hunden ist seit frühester Kindheit gestört.

      Ich fuhr siebenjährig und durch die Straßenverkehrsordnung legitimiert mit dem Fahrrad auf dem Bürgersteig meines Heimatbezirkes, um Oma im Garten zu besuchen.

      „Achte auf die Fußgänger“, hatten mir alle eingetrichtert. Ich war bemüht, mich daran zu halten und glaubte mit kindlichem Stolz behaupten zu können, dass es mir gelang.

      Der Garten war bereits in Sichtweite, Oma stand winkend am Gartenzaun, als von links aus der Einfahrt der Werft zähnefletschend ein dunkles Monster auf vier Beinen auf mich zu galoppierte, hochsprang und mich von meinem Fahrrad stieß.

      Der Hundebesitzer zog sein inzwischen über mir thronendes Vieh beiseite und schnauzte mich an, dass ich besser aufpassen solle und ging, ohne sich zu vergewissern, ob bei dem vor ihm liegenden Häufchen Elend eine medizinische Erstversorgung erforderlich gewesen wäre, mit seiner Töle genau dorthin, wo er hergekommen war.

      Eingeschüchtert untersuchte ich, nachdem ich mich davon überzeugt hatte, dass kein weiterer Angriff auf mein Leben drohte, erst das Fahrrad und anschließend mich selbst nach Blessuren: Schutzblech verbogen, Rücklicht defekt, das rechte Knie und der Ellenbogen abgeschürft.

      Fortan überblätterte ich die Seiten, auf denen Pluto, der Hund von Micky Maus, in den Comics auftauchte. Ungeachtet der vielen Leben, die Lassie im Laufe ihres filmischen Daseins gerettet haben mag, sah ich hinter der Maske des Vierbeiners die Bestie.

      Heute wohne ich, selbstverständlich ohne Hund, dafür mit Frau und Kind, in einer idyllischen und abgelegenen Gegend am Stadtrand Berlins. Dort, wo Fuchs und Hase nicht lange suchen müssen, um sich „Gute Nacht“ zu sagen und es in einigen Straßen nicht einmal Bürgersteige gibt, die man hochklappen könnte. Immobilienmakler beschreiben es als ruhige Wohngegend. Sie irren.

      Jeder Zweite hält hier einen Hund, der auf das noch nicht abgezahlte Eigenheim aufpassen soll. Den wenigsten Hundehaltern will es gelingen, ihrem Liebling all die schlechten Hundegewohnheiten auszutreiben. Immer wieder beobachte ich Köter, die an fremden Menschen hochspringen und ihre Pfoten, mit denen sie zuvor in den Exkrementen ihrer Artgenossen umher tapsten, an deren Beinkleidern säubern. Fluglärmgegner, die in Bürgerinitiativen zu Sitzblockaden auf Start- und Landebahnen aufrufen, halten das laut anhaltende und uninspirierte Bellen ihres Lieblings offenbar für eine schubert´sche Sonate und stören sich nicht daran, dass Rex, Hasso und Sultan die Nachbarschaft in den Wahnsinn kläffen.

      Seit einigen Tagen trage ich mich nunmehr mit dem Gedanken, die Konsequenzen zu ziehen und nicht etwa Haus und Hof verkaufend das Weite zu suchen, sondern mir ebenfalls ein Haustier zuzulegen.

      Ich habe an einen Löwen gedacht und freue mich bereits jetzt schon darauf, endlich auch einmal die magischen Worte sagen zu dürfen:

       Der will nur spielen.

      Doctor Doctor, give me the news

      Der Arzt meines Vertrauens war in den Ruhestand gegangen.

      Sein Nachfolger macht ein ernstes Gesicht:

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