Franzi und die Ponys - Band IV. Eike Ruckenbrod

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Franzi und die Ponys - Band IV - Eike Ruckenbrod

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sie mit klopfendem Herzen aufwachte. Sie musste feststellen, dass der Traum der bitteren Wahrheit entsprach. Monatelang suchten sich heiße Tränen den Weg über ihre Wangen, um im Stoff des Kopfkissens zu versickern. Mittlerweile waren die Tränen so versiegt wie ihre Hoffnung. Sie hatte nur noch den Wunsch zu sterben und ihren Eltern keine Sorgen mehr zu bereiten. Denn obwohl sie so ruppig zu ihnen war, liebte sie ihre Eltern so arg, dass es wehtat.

      Der Weg zum Jeep kam Franzi unendlich lang vor. Kraftlos torkelte sie die letzten Schritte auf die Beifahrertür zu und riss sie auf. Mit zittrigen Fingern zog sie sich auf den Sitz und schloss für ein paar Sekunden die Augen. Lila Punkte zuckten davor. Ihr Herz pochte hart gegen den Brustkorb. Nachdem sich ihr Atem beruhigt hatte, angelte sie nach ihrem Rucksack und suchte darin herum. Endlich fühlte sie ihr Handy, zog es heraus und wählte Mojos Nummer. Ihre Nase fing an zu laufen und Franzi wischte sie mit dem Jackenärmel sauber. Sorgenvoll blickte sie auf ihre Uhr.

      „Es ist nicht mehr lang hell, dann haben wir ein noch größeres Problem“, murmelte sie. Mojo meldete sich: „Ich hab’ s. Ich komm‘ jetzt.“

      Franzi nickte und drückte ihn weg. Eine dünne Schneeschicht schmolz auf ihren dunkelblonden Haaren und sickerte auf die Kopfhaut. Ihre Schuhe, Socken und Jeans waren durchnässt. Sie zitterte vor Kälte und Angst. Gerade als ihr Bruder die Fahrertür öffnete, überlegte sie, ob sie in ihrem Koffer nach frischen Sachen suchen sollte.

      Atemlos plumpste er auf den Sitz, warf das Smartphone auf die Rückbank, schaltete den Warnblinker aus, setzte den Blinker und fuhr los.

      „Hast du den Hänger geschlossen?“, fragte Franzi und blickte nach hinten. Ihr Bruder sah sie von oben herab wütend an. „Ich denke, im Gegensatz zu anderen Leuten, mit.“

      Der Hieb traf. Schweigend fuhren sie die nächste Ausfahrt raus. Franzi hing mit dem Gesicht an der Scheibe und betete, dass alles gut werden und sie Svartur bald finden würden.

      Svartur blickte konzentriert zu den Häusern, die sich an der Sohle des Hanges aneinanderreihten. In einigen der Vorgärten standen kleine Tannen, die weihnachtlich beleuchtet waren. So eine Tanne stand auch am Eingang des Hofes, in dem er zu Hause war. Das Licht zog ihn magisch an und er trabte ein Stück darauf zu. Dann blieb er beobachtend stehen. Als sich nichts regte, lief er weiter.

      Neugierig knabberte er an den grünen Zweigen einer kleinen Tanne. Dann entdeckte er auf dem Fensterbrett Haferflocken, Sonnenblumenkerne und hartes Brot. Gierig fraß er jedes einzelne Korn. Sein heißer Atem ließ die Fensterscheibe beschlagen. Plötzlich hielt er inne und starrte regungslos ins Innere des Zimmers.

      In den Augenwinkeln nahm Sally eine Bewegung wahr. Irgendetwas schien vor ihrem Fenster zu stehen. Ihre Mutter streute jeden Tag Futter auf das Fensterbrett, damit Sally die Vögel beobachten konnte. Aber das war sicher kein Vogel, so groß, wie das schien. Das Mädchen wandte den Kopf in Richtung des Fensters. Jetzt hörte sie es auch und sah, wie die Scheibe beschlug. Ihr Herz schlug schneller. Sie setzte sich auf. Mithilfe der Hände hob sie ihre Beine über die Bettkante, schob den Rollstuhl direkt neben das Bett und zog sich hinein. Ihre Muskeln zitterten vor Anstrengung. Die Tage ohne Nahrung setzten ihrem schlanken Körper sehr zu. Hastig drehte sie an den Rädern und fuhr zum Fenster.

      Zuerst sah sie nichts, dann rutschte sie im Sitz vor und beugte sich noch weiter nach vorn. Gerade in dem Moment hob auch Svartur den Kopf hoch und sie blickten sich direkt in die Augen.

      Das darf doch nicht wahr sein! Ein echtes Pony, dachte Sally erfreut. Svarturs Blick durchströmte das Mädchen bis in den Grund ihrer Seele. Heiße Wogen liefen ihren Rücken hinunter und sie fing an zu träumen:

      Ganz deutlich sah sie sich über weite Wiesen galoppieren. Ihre Beine schwangen im Rhythmus eines wunderschönen Rappen leicht hin und her. Seine lange Mähne kitzelte sie im Gesicht, am Hals und an den Armen. Glockenhell hörte sie sich lachen.

      Plötzlich verlor sie das Gleichgewicht, kippte nach vorn und der Rollstuhl schoss nach hinten weg. Kopfüber stürzte sie aus dem Stuhl. Dabei schlug sie mit dem Kopf hart gegen die Heizung. Das Lachen verstummte und die bunten Bilder wichen einer schwarzen Leere.

      Der dumpfe Knall ließ Svartur Reißaus nehmen. Er galoppierte ein Stück den Hang hinauf und trabte dann unentschlossen weiter, hob seinen feinen Kopf und blickte zum Waldrand. Der dunkle Wald sah nicht gerade einladend aus. Also trabte er weiter über das Feld. Nach einer Weile entdeckte er eine Gruppe Tannen und lief hinein. Hier fand er Schutz und konnte an den Zweigen knabbern.

      Mojo lenkte den Wagen in die nächste Ortschaft, in der er Svartur vermutete. Sie hielten immer wieder an und fragten Spaziergänger und Anwohner nach dem Ausreißer.

      „Wenn der von der Bundesstraße weggelaufen ist, müsst ihr mal da hinten schauen. Rechts bei den Feldern am Waldrand“, riet ihnen ein Bauer. Franzi nickte und bedankte sich. Sie fuhren wie beschrieben und bogen rechts in eine kleine Straße ein. Hier war nicht gestreut. Mojo fuhr langsam auf der geschlossenen Schneedecke.

      „Hoffentlich können wir hier wenden.“ Sorgenvoll blickte er die schmale Fahrbahn entlang. Franzis Übelkeit verstärkte sich wieder. Am Ende hielten sie an und stiegen aus.

      Freies Feld lag vor ihnen. Der hohe Schnee war fast unberührt. Die tief stehende Sonne ließ die Oberfläche glitzern wie tausend Diamanten. Franzi kniff die Augen zusammen. Fest zog sie ihre Jacke um die Taille, denn schon kroch die Kälte durch die feuchten Kleider.

      „Schau mal! Da sind tiefe Spuren“, rief Franzi aufgeregt und beugte sich darüber. Deutlich zeichneten sich Hufabdrücke ab. „Ein Pony, es war ein Pony“. Freudestrahlend sah sie zu Mojo hoch.

      „Das stimmt, aber es muss nicht Svartur gewesen sein. Hier gibt es bestimmt viele Pferde und Ponys.“

      „Sie sind von einem unbeschlagenen Pony. Die Größe stimmt auch.“ Franzi stand auf und blickte sich hoffnungsvoll um.

      „Ich verfolge die Spuren, die wegführen. Du kannst ja in der Zwischenzeit auf dem Hof anrufen, dass wir später kommen“, sagte Franzi und fügte noch schnell hinzu: „Aber bitte nicht Mutti. Wir finden ihn sicher bald.“ Ohne eine Antwort abzuwarten, lief sie los.

      „Willst du nicht einen Strick mitnehmen?“, rief ihr Mojo hinterher.

      Mann, bin ich bescheuert, dachte Franzi und rannte zurück. Sie holte das Halfter aus ihrem Rucksack und einen langen Strick und lief wieder los. Da es aufgehört hatte zu schneien, sah sie ohne Probleme den Verlauf der Spuren und kam zügig voran. Die Hoffnung gab ihr neue Kraft. Nach ein paar Metern fror sie schon nicht mehr. Die Spuren führten einen Hang hinauf. Franzi zog kraftvoll den Atem ein.

      Endlich stand sie auf dem Gipfel. Atemlos öffnete sie den Reißverschluss ihrer Daunenjacke. Jetzt führten die Spuren erst ein Stück in Richtung Wald und dann direkt auf eine Gruppe von Tannen zu. Sie stapfte zu den Nadelbäumen.

      Hoffentlich ist er da drin und erschrickt nicht, wenn ich komme. „Svartur“, rief sie nicht zu laut.

       Ich hätte Futter mitnehmen sollen. Ich habe echt Matsch in der Birne.

      Langsam ging sie weiter. Bald erblickte sie das zottelige, weiß gepuderte Pony zwischen den Tannen. Ein zentnerschwerer Stein fiel ihr vom Herzen.

      „Svartur, mein Süßer, da bist du ja“, sprach sie beruhigend auf den Rappen ein und hielt ihm die flache Hand hin. Svartur brummelte leise und blickte sie aufmerksam an.

      „Ich hab‘ leider nichts für dich, aber wenn wir

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