STURM ÜBER THEDRA. Michael Stuhr

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STURM ÜBER THEDRA - Michael Stuhr

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würde Llauk von hier fliehen können. Es war eine närrische Idee gewesen, sich mit dem Kerkermeister anfreunden zu wollen, um ihn dann hier zu überrumpeln. Llauk spürte wieder die Schmerzen in seinem Rücken. Selbst mit einem Unbewaffneten wäre er so nicht fertig geworden, und der Kerkermeister war ein kräftiger und vorsichtiger Mann.

      So stand Llauk mit seiner Fackel in diesem dramilischen Kerker und wartete darauf, dass man ihn hole, um ihm die Eingeweide herauszureißen.

      Plötzlich bemerkte Llauk mit Schaudern, dass er immer wieder zwanghaft in die Ecke schielte, wo dieses grauenvolle, knochengespickte Kleiderbündel lag. Er wollte nicht dorthin sehen, aber seine Augen suchten von ganz allein den Punkt im Raum, der ihnen die einzige Abwechslung bot.

      Llauk wollte den Leichnam nicht anschauen. Er hatte grauenhafte Angst vor Toten. Zu oft hatte er die Sklaven in der Werkstatt seines Vaters belauscht, wie sie sich Schauergeschichten aus allen Ländern des Kontinents erzählten. Von Untoten war da die Rede gewesen, die neidisch und eifersüchtig auf die Lebenden waren, ihr Blut tranken und ihnen das Fleisch von den Knochen rissen. - Von gequälten Seelen hatten die Sklaven erzählt, die die verfallenden Hüllen der Körper nicht verlassen konnten und die Lebenden aus Haß oder Liebe auf ewig verfolgten.

      Vielleicht war es doch besser, seine Gesellschafterin ein wenig unter Kontrolle zu halten, fand Llauk. Tapfer setzte er sich auf seinen alten Platz bei der Tür und starrte mit klopfendem Herzen quer durch den Raum, bereit, bei der geringsten Bewegung der Frau mit einem Herzschlag tot umzufallen.

      Nach einer endlosen Zeit ängstlicher Erwartung war der Moment gekommen, den Llauk so sehr gefürchtet hatte wie nichts sonst auf der Welt. - Die Fackel erlosch.

      Still und stumm blieb er auf seinem Platz sitzen, doch die Angst schlug wie mit schweren Knüppeln auf ihn ein. Mit jedem Schlag seines rasenden Herzens gaukelte ihm seine Phantasie neue Schrecknisse vor: Pforten öffneten sich in den glatten Mauern und wilde Tiere drangen ein. Ein Wald aus Speeren senkte sich von der Decke auf ihn herab, und - die Tote kam.

      Ächzen und Knacken drang durch den Raum. Schlurfende Schritte wurden laut.

      Llauk hielt sich die Ohren zu, doch die unheimlichen Geräusche hörten nicht auf. Jeden Moment mußte es so weit sein. Jeden Moment würde Cilia, die tote Tochter eines dramilischen Fürsten über ihn herfallen ...

      Llauk starb seinen zweiten Tod. Den Tod der stillen Panik und des Wahnsinns.

      Ewigkeiten später fiel Llauk in einen leichten, unruhigen Schlaf, und jedes Mal, wenn er gerade eingeschlafen war, kam in seinem Traum Cilia is Hadem aus ihrem Winkel und bot sich ihm mit aufreizenden Bewegungen an.

      "Ich muß noch beten! - Ich muß noch beteeeen!"

      Als der Kerkermeister die Tür geöffnet hatte, war Llauk aus dem Verlies geschossen wie eine verbrühte Katze. Die Wachen hatten ihn förmlich festhalten müssen, so eilig hatte er es auf dem Weg zum Richtplatz. Dann, im Angesicht des Tageslichts, waren ihm aber doch Zweifel gekommen, ob dies ein so schöner Spaziergang sei. Immer langsamer war er gegangen, und das letzte Stück war er von den Wachen direkt auf den Richtplatz am Hafen geschleift worden.

      Jetzt, vor seinem Henker und der wartenden Menge hatte er sich in einem plötzlichen Anfall von Frömmigkeit auf die Erde geworfen und flehte alle Götter Estadors, Thedras und des gesamten Kontinents um Vergebung und Beistand an.

      Der freundliche Richter war anwesend, begleitet von dem freundlichen Kerkermeister, und natürlich war auch der Henker außerordentlich freundlich und demütig. "Betet schneller, Stoffmacher“, schlug er mit einem Lächeln vor. Meine Zeit ist teuer, Herr! – Oder wollt ihr mich verdrießen?"

      Das wollte Llauk natürlich keinesfalls, aber noch viel weniger wollte er sich auf diesen entsetzlichen Richtblock strecken lassen.

      "Euer Publikum wird ungeduldig, Herr", mahnte der Richter, und tatsächlich flogen aus der Menge schon die ersten Steine auf den armen Llauk, der doch nur versuchte, schnell noch seinen Frieden mit allen Göttern dieser Welt zu machen.

      Endlich wurde es den Herren Vollstreckern zu viel. Llauk war gerade dabei, dem Wassergott der Steppenvölker von Ostwelt seine Referenz zu erweisen, da packten sie ihn einfach und schleiften ihn zum Richtblock.

      Llauk war ein junger Mann von eher schwächlichem Körperbau, und doch waren sechs starke Wärter nötig, um den schmächtigen Stoffmacher rücklings auf den Block zu binden, so dass seine nackte Bauchdecke ungeschützt vor den Augen des Henkers lag.

      Die Menge johlte und applaudierte.

      Llauk zerrte verzweifelt an seinen Fesseln.

      In einem Holzkohlebecken lagen die Haken bereit.

      Voller Entsetzen sah Llauk, wie zwei kräftige Dramilen sich Handschuhe aus grobem Leder überstreiften, je einen der langen, scharfen, glühenden Haken aufnahmen und sich seitlich von ihm postierten.

      Schon spürte er die Hitze, die das glühende Kupfer ausstrahlte. Verzweifelt bäumte er sich auf.

      Freundlich lächelnd kam der Henker zu Llauk und tippte kurz auf die weiche Bauchdecke knapp oberhalb des Nabels. "Hier!", tat er seinen Helfern kund und trat einen Schritt zurück.

      Aus dem Publikum kamen Anfeuerungsrufe. Aber nicht die Henker sollten angestachelt werden. "Schreit, Herr! - Schreit, Herr!", forderte die Menge.

      Llauk wollte nicht ungefällig sein. Als die freundlich lächelnden Henkersknechte die glühenden Haken auf seine Haut hinab senkten, holte er noch einmal tief Luft und schrie, wie er noch nie in seinem Leben geschrien hatte.

      "Nun, Herr, was sagt Ihr zu unserer Justiz? - Gibt es eine Gerechtigkeit am Gericht von Sordos?", verlangte der fremde Edelmann zu wissen, der im letzten Moment aus der Menge getreten war und Llauk vor der Vollstreckung bewahrt hatte. Jetzt saßen beide Männer in einem hellen, großen Raum bei einem Krug guten Weines zusammen.

      "Ja! Natürlich!", bestätigte Llauk eilig. Er hatte eine etwas ungewöhnliche Sitzhaltung eingenommen. Die Brandblasen an seinem Bauch schmerzten entsetzlich. Noch immer konnte er den Grund für seine wunderbare Errettung nicht verstehen.

      "Hört, Stoffmacher aus der Provinz Idur, warum Ihr hier mit mir an einem Tisch sitzen und Wein trinken dürft. Hört, warum die Möwen nicht schon Eure Eingeweide und Eure Augen gefressen haben - und die feurigen Haken nicht Euer Fleisch zerrissen."

      Llauk schauderte. Eine Ausdrucksweise hatte dieser Kerl ...

      Vernehmt, Stoffmacher, dass Kapitän Sed eb Rea, den Ihr aus Undank heimtückisch ermorden wolltet, sich für Euch eingesetzt hat."

      Llauks Unterkiefer klappte herunter. Das war doch wohl nicht möglich. Sed eb Rea, der Kapitän der `Großen Geliebten', dieser brutale, heimtückische Leuteschinder hatte ihn, Llauk, vor dem sicheren Tod gerettet? Undenkbar!

      "Sed eb Rea“, fuhr der Fremde fort, "Geheimer Kurier des Hofes von Sordos, Großkapitän der Flotte Dramils, Fürst der Provinz Tonar, meint, dass Euer unwürdiges Leben den Interessen des Hofes von Sordos nützlich sein könnte."

      Llauks Gesichtsausdruck wurde, wenn möglich, noch geistloser. Kurier? Großkapitän? Fürst? - Er verstand überhaupt nichts mehr.

      "Ferner meint der Kapitän, dass Ihr, mein lieber Stoffmacher, eine der kriecherischsten Krämerseelen seid, die er je sah und dass Euer Stolz dem eines kopulierenden Hundes gleicht, Herr. - Hat

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