Blutgefährtin 1. Thomas M Hoffmann

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Blutgefährtin 1 - Thomas M Hoffmann

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style="font-size:15px;">      Nachdem sie aufgelegt hat, starre ich mein Smartphone einen Moment an. Warum habe ich Chloé nichts von dem Kuss erzählt? Irgendwie kam es mir nicht richtig vor, damit gleich raus zu platzen, obwohl Chloé offensichtlich so etwas hören wollte. Will ich überhaupt einen Schlachtplan haben, in dem meine Freundinnen praktisch als Zuschauer dabei sind, wenn ich mich Pierre nähere? Ich weiß es nicht, irgendwie ist mir das unangenehm. Normalerweise habe ich keine Geheimnisse vor ihnen, aber im Fall von Pierre will ich nicht, dass sie erfahren, wie es um mich steht.

      Catherine hatte sich wieder der Zubereitung des Mittagessens zugewandt.

      «So, so, Pierre ist sein Name. Und er hat mit dir getanzt.»

      Ich muss lächeln. Seit dem Tod von Großmutter hat Catherine immer mal wieder die Mutterrolle übernommen, was bei ihren hausfraulichen Qualitäten auch ganz einfach zu akzeptieren ist.

      «Ja. Pierre hat uns vorgestern besucht. Der, der hier einen Weinhandel aufziehen will.»

      «Ah der. Ja, der sieht ziemlich gut aus. Kein Wunder, dass ein junges Mädchen wie du sich beeindrucken lässt.»

      Darauf erwidere ich nichts, denn eigentlich will ich das, was zwischen Pierre und mir ist, nicht besprechen, bevor ich nicht selber weiß, was da zwischen uns ist. Also schnappe ich mir ganz einfach ein Trockentuch und helfe Catherine beim Saubermachen der Küche. Wir sind gerade fertig, da kommt Großvater nach Hause, kurz darauf serviert Catherine das Mittagessen. Wie ich mir gedacht hatte, ist der Braten von Catherine so hervorragend, dass ich mich zusammenreißen muss, damit ich nicht mehr esse als gut für mich ist. Zumal sich die Crêpes schon bemerkbar machen.

      Insofern bin ich ganz dankbar, nach dem Essen ein wenig Bewegung zu bekommen. Die Strecke ins Dorf ist zwar mit dem Fahrrad nicht so weit, aber ein paar Kalorien werde ich dadurch wohl loswerden. Als ich bei dem Café ankomme, sitzen Chloé und Inès schon da. Die beiden verstummen und blicken mir erwartungsvoll entgegen. Also bin ich vermutlich der Gegenstand ihres Gesprächs gewesen. Oder Pierre. Aber ich tue so, als sei alles normal, indem ich ihre Blicke einfach erwidere.

      «Was ist los?»

      Chloé verdreht die Augen.

      «Nun erzähl schon. Was ist gestern Abend noch passiert?»

      Inzwischen habe ich mich dazu entschlossen, die Sache mit dem Kuss erst einmal für mich zu behalten. Ich weiß noch nicht, ob er mehr war eine Konsequenz des wunderbaren Abends und auch wenn ich definitiv mehr will, muss ich erst noch herausfinden, wie Pierre darüber denkt. Chloé würde dabei erheblich stören.

      «Nachdem du weg warst? Nicht mehr als vorher. Wir haben getanzt und in den Pausen hat mich Pierre mit Getränken versorgt. Als die Band Feierabend gemacht hat, hat er mich nach Hause gebracht.»

      Chloé schaute mich einen Moment durchdringend an.

      «Er hat den Eindruck gemacht, als wollte er sich ernsthaft an dich ranschmeißen. So alleine tief in der Nacht wäre da die ideale Gelegenheit gewesen.»

      «Und wie war das mit Frank? Hat er auch all die günstigen Gelegenheiten ausgenutzt?»

      Ich weiß genau, dass dem nicht so war. Wochenlang hat uns Chloé vorgejammert, welche tollen Gelegenheiten sie ihm wieder geboten hatte, ohne dass Frank diese in seiner Schüchternheit ergriffen hatte. Chloé hat richtig energisch werden müssen, bevor Frank begriffen hat, dass er jetzt befreundet zu sein hat. Wir haben damals gemeinsam in unserer Meinung übereingestimmt, dass Männer einfach blind für die Wünsche von Frauen sind. Meine Erwiderung lässt Chloé kleinlaut werden.

      «Ja, ich weiß. Aber dein Pierre scheint mir erwachsener zu sein.»

      «Vielleicht ist das keine Frage des Alters, vielleicht können Männer prinzipiell nicht richtig sehen, was Frau so möchte.»

      Damit habe ich den richtigen Ton angeschlagen. Ich ernte Zustimmung und bin der Situation entkommen, meine Freundinnen anlügen zu müssen. Aber Chloé hat noch andere Pfeile im Köcher.

      «Hast du seine Handynummer?»

      «Nein, warum?»

      Wieder stöhnt Chloé auf.

      «Na Regel Nummer eins bei interessanten Männern. Immer die Kontaktmöglichkeiten sichern. Wenn du seine Handynummer hast, dann kannst du dich im Notfall auch mal verwählen, um ihn an die Strippe zu bekommen und ein Date aus ihm herauszuholen. Trish, du verhältst dich wie eine Anfängerin.»

      Ich bin eine Anfängerin, aber dazu sage ich lieber nichts. Chloé beginnt jetzt erst, richtig aufzudrehen.

      «Also gut, dann müssen wir anders vorgehen. Inès du wohnst vor Ort, du musst herausbekommen, wo Monsieur Polignac so alles verkehrt, wann er aufsteht, was er frühstückt, einfach alles. Wir brauchen die Informationen, damit wir ‚zufällige‘ Begegnungen arrangieren können. Trish, es liegt dann an dir, aus diesen Begegnungen etwas zu machen. Manchmal müssen Männer mit dem Holzhammer auf ihr Glück aufmerksam gemacht werden»

      Eine halbe Stunde später habe ich so viele Tipps in der Tasche, dass ich Brad Pitt hätte abfangen, in eine dunkle Ecke drängen und überwältigen können. Ich lasse Chloé reden, sie meint es ja gut. Und ganz Unrecht hat sie auch nicht. Pierre hat mich zwar geküsst, aber wir haben nichts verabredet und ich habe keine Ahnung, wann und wie ich ihn wieder treffen werde.

      Vielleicht war es für ihn ja nur so eine Schwärmerei für einen Abend.

      Inès verspricht, nach dem Lebenswandel von Pierre Ausschau zu halten und ich verspreche, die nächste Gelegenheit zu nutzen, seine Handynummer zu bekommen. Chloé muss weg, weil sie noch mit Frank verabredet ist. Aber sie verschwindet nicht, ohne mich noch mit zwei weiteren Tipps zu versorgen, wie man die Aufmerksamkeit von Männern auf sich ziehen kann.

      Inès und ich bleiben noch sitzen, um unser jeweiliges Getränk zu Ende zu trinken.

      «Ich glaube, Chloé übertreibt ein wenig.»

      Ich muss lachen, wie so oft hat Inès in ihrer stillen Art die Situation viel besser durchschaut als Chloé oder ich.

      «Da hast du nicht ganz unrecht. Aber sie will mir ja nur helfen.»

      Inès fixiert mich.

      «Willst du dir denn helfen lassen?»

      Ich zucke mit den Schultern.

      «Ehrlich gesagt weiß ich nicht recht, was ich genau will. Pierre ist mir stärker unter die Haut gegangen, als ich erwartet hatte.»

      Inès nickt bloß und sagt nichts weiter. Sie merkt wohl, dass ich darüber nicht unbedingt reden möchte. Ich bezahle meinen Kaffee, winke Inès zu und mache mich auf den Heimweg. Es gibt genug, worüber ich nachdenken muss. Ich habe die Außenbezirke des Dorfes gerade verlassen, da sehe ich eine Gestalt am Straßenrand an einem Zaun lehnen. Plötzlich fängt mein Herz an zu rasen, die Erinnerung an einen wahnsinnigen Kuss ist auf meinen Lippen wieder zu spüren. Es ist Pierre und er schaut mir erwartungsvoll entgegen als hätte er erwartet, dass ich vorbeikomme. Bei ihm angekommen, steige ich vom Fahrrad.

      «Hey.»

      Plötzlich fühle ich mich schüchtern.

      «Hallo Trish»,

      Pierre

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