Der Fluch von Azincourt Buch 2. Peter Urban

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Der Fluch von Azincourt Buch 2 - Peter Urban

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      Peter Urban

      Der Fluch von Azincourt Buch 2

      Die Nebel von Bar'ch Hé Làn

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      Inhaltsverzeichnis

       Titel

       Kapitel 1 Der Orden von Santiago

       Kapitel 2 Die Drei Welten des Marzhin

       Kapitel 3 Diener der Finsternis

       Kapitel 4 Die Beschwörung des Raben

       Kapitel 5 Der Krieger

       Impressum neobooks

      Kapitel 1 Der Orden von Santiago

      I

      „Komm, Sévran. Es ist Zeit.“

      Der junge Mann seufzte leise, dann erhob er sich von seinem Stein unter der Weide, um Aodrén zu folgen. Am Ufer des Aff blühten kleine, weiße Anemonen. Der Boden war bedeckt von frischem, neuem Gras, von Veilchen und von Waldmeister. Nur ein leiser Lufthauch drang durch die Blätter der Bäume und lies Blütenduft im warmen Wind verwehen. Der wirbelnde Schaum auf dem vom Frühlingsregen geschwollenen Bach sah aus, wie ein weißes Feengewand. Als er sich einen kurzen Augenblick von seinem Lehrer unbeobachtet glaubte, strich Sévran de Carnac sorgfältig das einfache rostbraune Gewand glatt, das er heute vielleicht zum letzten Mal tragen würde. Ein leises Lächeln umspielte seinen schmalen Mund und seine kohlrabenschwarzen Augen leuchteten. Hocherhobenen Hauptes schritt er auf den Steinkreis zu, in dem sie ihn erwarteten. Seine Schultern waren eckig und breit geworden und sein Körper war schlank und wohl bemuskelt. Trotzdem wirkte er auf den ersten Blick immer noch zierlich, wie ein Mädchen.

      Sévran überragte seinen Lehrmeister Aodrén Jaouen Kréc’h Elis bereits um einen ganzen Kopf und an die Stelle eines schwächlichen, oftmals kränkelnden Kindes war im Verlauf der letzten drei Jahre im Heiligen Wald von Brocéliande ein zäher, sehniger und sehr selbstbewusster junger Mann getreten, der niemals müde zu werden schien. Als er sich schließlich vor den versammelten Drouiz leicht verbeugte, schenkten Konogan und Hegareg ihm ein aufmunterndes Lächeln. Lediglich Tugdual versuchte ernsthaft dreinzuschauen, doch so ganz gelang ihm die Übung nicht.

      Der Sohn des Herzogs von Cornouailles spürte Zuversicht in sich aufsteigen: Unter der uralten Eiche, im Schatten und fast vor den Blicken der anderen verborgen saß Maod’ana. Sie musste sogar noch älter sein, als Aodrén. Üblicherweise bemühte die Bandrouiz sich nicht, wenn es lediglich darum ging zu entscheiden, ob einem jungen Mann das Recht zugesprochen wurde, den Titel eines Anruth zu führen, denn der Weg von Séna - der Ile de Sein- quer durch Cornouailles und Breizh war weit, gefährlich und beschwerlich. Es war eine große Ehre, der steinalten, von Sagen und Legenden umwobenen Hohepriesterin zu begegnen.

      Maod'anas schlohweißes Haar verbarg ihr Gesicht, wie ein Schleier. Sie stützte ihre faltige, wettergegerbte Rechte auf die Schulter von Berc’hed, die eines Tages an ihre Stelle treten würde, wenn die Götter beschlossen, die Bandrouiz in die weiße Welt nach Tir na ù Ban zu rufen. Hinter den beiden Frauen stand noch eine Dritte im Schatten der Eiche. Sévran konnte aus der Entfernung ihr Gesicht nicht erkennen und sie schien ihm mehr Schatten, als Wirklichkeit. Im Gegensatz zu Maod’ana und Berc’hed war sie in dunkle Gewänder gehüllt und trug ihr schwarzes, hüftlanges Haar offen. Alles hatte den Anschein, als ob man ihn heute mehr einer Formalität, als einer echten Prüfung unterziehen wollte.

      Er spürte, wie Aodrén ihm sanft die Hand auf die Schulter legte. Ohne Worte schien sein Lehrer ihm mitzuteilen, dass alles gut sein würde, am Ende dieses langen Tages. Der junge Mann blickte den Weiße Brüdern, die am Steinring im Hochwald von Brocéliande versammelt waren, um ihr Urteil über ihn zu sprechen fest in die Augen. Er brauchte sich nicht vor ihnen zu fürchten.

      Als die feinen Morgennebel zerrissen und eine strahlende Sonne durch das Blätterwerk auf die Gruppe im Steinkreis fiel, hatte Sévran bereits das Schlimmste hinter sich: Aodrén hatte ihn immer dazu antreiben müssen, sich mit den Gesetzen zu beschäftigen und ihre Geschichte auswendig zu lernen.

      Als Kind, als er sich noch gequält hatte, eine um die andere die fünf ersten Stufen der Weisheit zu erringen, da war ihm dieses Wissen verglichen mit den Abenteuern der Natur, den Geheimnissen der Gestirne, der Lehre von den Göttern und ihren Kräften und der Präzision der Mathematik immer wie schmückendes Beiwerk vorgekommen, obwohl er niemals den Zauber der Verse geleugnet hatte. Doch in diesem Augenblick, als Tugdual die Arme ausbreitete und der junge Mann im Zentrum des Steinrings auf die Knie fiel, um die Anerkennung der Drouiz für diesen Teil seiner Prüfung zu empfangen, sprach er die traditionellen Worte voller Stolz.

      „ Ich weiß, warum die Erle purpurfarben ist,

      warum der Hänfling grün ist,

      warum die Zweige rot sind,

      warum eine Frau nie zur Ruhe kommt,

      warum die Nacht hereinbricht...

      Ich weiß,

      dass der Fuß des weißen Schwanzes schwarz ist,

      ich weiß, dass die spitze Lanze vier Kanten hat,

      ich weiß, dass das Geschlecht der Himmel

      niemals untergehen wird,

      aber ihr Endzweck ist mir unbekannt.

      Ich kenne die Fährten der Eber und der Hirsche,

      ich weiß, welch unendliche Macht

      in den Gezeiten des Meeres schlummert,

      aber niemand weiß, warum das Herz der Sonne rot ist.“

      Tugdual bedeutete Konogan, dessen Fähigkeiten in der Medizin und den Wissenschaften über die Natur die aller anderen Drouiz im heiligen Wald von Brocéliande übertraf, das der Prüfling nun ihm gehörte.

      Sévran warf einen Blick zu Aodrén hinüber, der inzwischen im Kreis der anderen Weisen saß. Er bemerkte, wie lebhaft und aufgeregt sein Lehrer war. Der alte Mann reckte sich, um jede Einzelheit der Prüfung mitzubekommen, die Konogan vorbereitet hatte und seine Augen glitzerten. Aodrén hatte vor endlos langer Zeit einmal selbst hier in diesem Steinring gestanden, um als Drouiz Meur über einen jüngeren Konogan zu urteilen, bevor er schließlich endgültig den heiligen Wald von Brocéliande verlassen hatte, um nur noch den Herzögen von Cornouailles zu dienen.

      „Der Ollamh erscheint mir heute um Vieles

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