Auferstanden aus Ruinen. Florian Lettre
Чтение книги онлайн.
Читать онлайн книгу Auferstanden aus Ruinen - Florian Lettre страница 15
Der Montag wurde ein guter Tag. Sie hielten beide ihre Referate und waren zufrieden.
Am Abend gingen sie zum Deutschen Theater. Sie wussten nicht, was gespielt wurde, und sie hatten auch keine Karten. Sie bekamen zwei billige Karten auf der Empore der Kammerspiele. Sie saßen nebeneinander und Florian war glücklich. Wieder einer jener seltenen Momente, in denen er wirklich glücklich war. Er sah die junge Frau neben sich. Er sah ihr Profil ganz nahe. Die Strähnen der dunklen Haare, die über der Stirn begannen und hinten in einem Gummiring endeten. Die dunklen Augenbrauen. Die Augen, die ihn manchmal ansahen. Er sah die Menschen neben sich. Manche waren allein. Er war nicht allein. Er war zusammen mit dieser wunderbaren Frau. Keine war so schön wie sie. Sie hatten kein Programmheft. Sie hatten am Eingang gesehen, was gespielt wurde. Sie kannten das Stück. Sie kannten den Dichter. Sie kannten sein Leben und andere Stücke von ihm. Sie kannten einige der Schauspieler. Sie kannten den Namen des Regisseurs. Sie gehörten hierher. Das war ihre Welt. Die Welt der Literatur. Es wurde dunkel. Die Welt des Theaters nahm sie gefangen. Die junge Frau nahm seine Hand, und nun gehörten sie ganz zusammen. In der Pause gingen sie hinunter ins Foyer und besprachen, was sie gesehen hatten. Es gab kleine Unterschiede. Das war selbstverständlich. Am Ende gab es Beifall, und sie gingen hinaus in die milde Nacht mit ihren Lichtern. Sie gingen zu Fuß bis zu dem Haus, in dem die junge Frau wohnte. Sie schloss die große Türe an der Straße auf, und dann gingen sie die Treppe hinauf. Sie blieben die Nacht zusammen und am Morgen gingen sie zusammen weg.
18.
Florian saß in der U-Bahn. Er beobachtete die Menschen auf der Bank gegenüber. Wie immer. Er machte das immer so, wenn er U-Bahn fuhr. Ein junger Mann setzte sich gegenüber. Florian sah ihn zunächst nicht genau an. Und dann sah er, dass es sein Freund war. Der sich qualifizierte. Sie sahen sich beide an und mussten lachen. Der Freund stand auf und setzte sich neben Florian. Sie begrüßten sich.
„Da staunst du, was?“
„Ja“, sagte Florian. „Ich denke, du qualifizierst dich. In Köthen oder so.“
„Stimmt. Habe ich gemacht. Jetzt bin ich wieder zu Hause.“
„Hast du bestanden?“
„Alle haben bestanden. Kein Problem. Alles alte Hasen.“
„War es gut?“
„Das Essen war gut.“
„Und sonst?“
„Es ging so. Manche Dozenten waren gut. Andere nicht so.“
„War am Schluss eine Prüfung?“
„Es war mehr ein Gespräch.“
„Und nun?“
„Ich warte auf die neuen Lehrlinge. Um die kümmere ich mich dann.“
„Deine Frau ist zufrieden?“
„Ich denke schon. Was macht deine Neue? Habt ihr?“
„Wir haben.“
„Und?“
„Gut reingekommen.“
„Hat es ihr gefallen?“
„Das weiß ich nicht.“
„Hat sie geschnauft?“
„Wann?“
„Am Ende. Nur wenn die Weiber tief atmen, hat es ihnen gefallen.“
„Ich werde das beobachten.“
„Warst du aufgeregt? Es war nicht deine erste Frau.“
„Das erste Mal ist immer etwas Neues.“
„Hat sie schon viele Männer gehabt?“
„Ich habe sie nicht gefragt.“
„Musst du. Frauen reden gern über ihre Liebhaber. Das ist, als ob sie durch eine Galerie gehen.“
„Hatte deine Frau vor dir viele Männer?“
„Fünf.“
„Kennst du die?“
„Ich kannte drei. Ich muss hier raus. Wir telefonieren.“ Er sprang auf und rannte zur Tür und war verschwunden.
Florian fuhr weiter. Dann war er auf dem Weg zu Vera. Er hatte sein Schulpraktikum beendet und wartete auf eine Anstellung. Vera ging weiter zu ihren Vorlesungen. Sie waren jetzt abends meist zusammen. Sie sprachen darüber, was sie am Tage erlebt hatten. Und dann zogen sie sich aus und verschwanden unter der Bettdecke. Florian suchte diese Stelle, die genauso feucht war wie bei den anderen Frauen, die er gekannt hatte. Es war nur so, dass diese Frau etwas Besonderes war. Sie sah gut aus, sie konnte denken und war voller Gefühl. Er war sich sicher, dass sie bei ihm bleiben würde. Sie war ein Teil von ihm. Dachte er. Sie probierten Verschiedenes aus. Es kam ihnen ganz normal vor. Es war nichts Ungewöhnliches. Sie sprachen nicht darüber.
19.
Sie kannten sich schon mehrere Monate, als die junge Frau mit Florian zu ihrer Mutter fahren wollte. Sie setzten sich in den Zug und fuhren los. Florian fühlte sich gut. Alle sahen, dass er mit einer Frau zusammen war, die gut aussah.
„Hoffentlich gefalle ich deiner Mutter“, sagte Florian.
„Keine Sorge. Du bist genau ihr Typ.“
„Wie war dein Vater?“ Vera überlegte eine Weile.
„Ich war ein kleines Mädchen, als mein Vater starb. Wahrscheinlich kenne ich ihn von den Bildern. Ich kann nicht genau unterscheiden zwischen Foto und Wirklichkeit.“
„Warum ist er so jung gestorben?“
„Es war ein Unfall. Im Betrieb. Er war in einer Maschinenfabrik. Es war etwas mit einer Maschine. Ich weiß das auch nicht ganz genau.“
Sie sahen zum Fenster hinaus und sahen, wie sich die Landschaft wandelte. Hügel waren zu sehen, und schließlich tauchten Berge auf. Bewaldete Berge. Der Zug fuhr jetzt durch Tannenwald. Nur selten eine kleine Station. Immer weniger Menschen im Zug. Sie mussten aussteigen. Nur ein Schild mit dem Ortsnamen auf dem Bahnsteig. Ein kleiner Bahnhof. Sie hatten kaum Gepäck. Die junge Frau hatte eine Tasche. Sie gingen durch das Gebäude, das der Bahnhof war. Dann standen sie auf der Straße, die schmal war. Etwas entfernt waren die Häuser des Orts zu sehen. Sie gingen die schmale Straße entlang. Die Sonne schien, und es war warm. Nicht unangenehm. Florian fühlte sich jetzt etwas unruhig. Er wusste nicht, was auf ihn zukam. Dabei vertraute er der jungen Frau. Wenn Leute vorbeikamen, grüßte die junge Frau. Florian wusste nicht, ob sie die Leute kannte oder ob sich hier alle grüßten. Die Häuser waren Einfamilienhäuser. Vor den Häusern waren kleine Gärten mit Blumen. Alles wirkte gepflegt. Schließlich blieb die junge Frau vor einem Häuschen stehen. Sie waren angelangt. Sie öffnete das Gartentor und ging zur Haustür. Sie öffnete die Tür. Sie war hier zu Hause. Es war für sie selbstverständlich. Florian sah, wie sich zwei Frauen umarmten. Er hörte die junge Frau „Mama“ sagen. Und