Auferstanden aus Ruinen. Florian Lettre
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Читать онлайн книгу Auferstanden aus Ruinen - Florian Lettre страница 14
„Es gibt noch einen anderen. Büchner oder so ähnlich heißt der.“ Ein Mädchen sieht sich fragend um.
„Georg Büchner“, sagt Florian. „Wann hat der gelebt?“ Keiner weiß es.
„Bis 1837“, sagt Florian. „Der war also schon tot. Wisst ihr etwas über den?“
„Der hessische Landbote“, sagt ein Mädchen. „Friede den Hütten, Krieg den Palästen.“ Florian ist begeistert. Er sieht das Mädchen dankbar an.
„Also?“
„Es gab noch einen Dichter, der auch die Revolution wollte.“
„Wann war das mit dem hessischen Landboten?“
„Keine Ahnung.“
„1834. Also zehn Jahre vor Heines Gedicht über die schlesischen Weber. Was ist aus dem Weberaufstand geworden? Habt ihr das in Geschichte besprochen?“
„Das preußische Militär hat den Aufstand niedergeschlagen.“ In diesem Moment klingelt es. Die Stunde ist beendet. Florian ist zufrieden.
„Ich danke euch für eure Mitarbeit“, sagt er. Die Schüler verlassen das Klassenzimmer. Er geht zu Frau K.
„Sehr interessant, was sie sich da ausgedacht haben. Ungewöhnlich.“
„Hätten sie es anders gemacht?“ sagt Florian.
„Ich denke schon. Aber den Schülern hat es gefallen.“ Sie gehen zusammen ins Lehrerzimmer. Florian hat seine erste Stunde hinter sich. Unterricht kann doch interessant sein. Denkt er. Einige Lehrer erkundigen sich, wie seine erste Stunde war. Frau K. lobt seinen Unterricht. Als er in der S-Bahn sitzt, ist er müde. Mehrmals schläft er für kurze Zeit ein. Zu Hause telefoniert er mit Vera. Er muss ihr alles berichten und ganz genau. Sie will alles wissen.
17.
Sie hatten sich zum Wochenende verabredet. Florian holte Vera ab und dann fuhren sie zusammen nach P. in den Park. Sie suchten sich eine Bank im Schatten unter einem der großen Bäume. Die junge Frau hatte eine weiße Bluse an und einen hellen Rock. Die dunkelblonden Haare waren wie immer glatt nach hinten gekämmt. Sie wurden von einem Gummiring zusammengehalten. Florian legte seinen Arm um die Schultern der jungen Frau und zog sie an sich. Sie küssten sich. Dann holte die junge Frau ein Buch aus ihrer Tasche.
„Wir sind nicht zum turteln hier. Der Montag kommt schneller als man denkt.“
„Und Frau K. Sie sieht immer sehr ernst aus.“
„Ich glaube sie mag dich. Ich bin etwas eifersüchtig.“
„Wenn du Frau K. kennen gelernt hast, wirst du nicht mehr eifersüchtig sein. Sie ist eine Art Gouvernante.“
„Ist sie verheiratet?“
„Wer sollte sie heiraten?“
„Ist sie unglücklich?“
„Ich weiß nicht. Ich glaube, die Arbeit ist für sie alles.“
„Damit ist sie ganz von den Schülern abhängig. Wenn die sie nicht mögen, ist sie verloren. Eine gefährliche Situation.“
„Hast du das in Pädagogik gehabt?“
„Ja. In Pädagogik.“
„Ich habe keine Ahnung von Pädagogik. Ich versuche interessanten Unterricht zu machen.“
„Du bist eben etwas ganz besonderes.“
„Bin ich ein interessanter Mann?“
„Der interessanteste, den ich kenne.“
„Bleibst du bei mir?“
„Natürlich. Wenn du es willst.“
„Du bist mein größtes Glück.“
Florian war wirklich glücklich. Er war nicht oft glücklich. Jetzt war er es. Er glaubte der jungen Frau. Sie sagte nur das, was sie wirklich meinte. Er suchte wieder ihren Mund.
„Ich bin deine erste richtige Liebe. Vor mir gab es nichts und nach mir wird es nichts geben.“ Florian musste jetzt doch lachen.
„Ich kenne mich aus mit Frauen. Mir kann keine Frau etwas vormachen.“
„Erzähle!“
„Wir dürfen nicht turteln, hast du gesagt. Die Arbeit ruft. Ich habe auch ein Buch mit. Meines ist dicker als deines.“
„Erzähle von deiner ersten Freundin. Das ist wichtiger als die Wissenschaft.“
Florian dachte nach.
„Sie war hellblonder als du. Sie hatte einen richtigen Pferdeschwanz. Auf der niedlichen kleinen Nase hatte sie Sommersprossen.“
„Wie alt war sie?“
„Sechzehn. Ich war achtzehn.“
„Hast du sie geküsst?“
„Nein. Ich habe ihre Hand gehalten. Das hat mir gereicht. Ich glaube, ich habe sie enttäuscht. Sie konnte ihren Freundinnen nichts erzählen.“
„Wie lange hast du ihre Hand gehalten?“
„Ein Jahr. Es war eine schöne Zeit. Ich habe immer an sie gedacht.“
„Und dann?“
„Ich bin nach B. gegangen zum Studium. Eines Tages kam ein Brief von ihr. Ich sollte sie nicht mehr besuchen. Ich war sehr enttäuscht. Was ist in ihr vorgegangen?“
„Vielleicht hat sie einen anderen Jungen kennen gelernt.“
„Nach mir? Das konnte nicht sein. Nach mir konnte es keinen anderen geben.“
„Da hast du Recht.“
„Wie war das mit deiner ersten Liebe?“
„Unser Deutschlehrer.“
„Wie war er?“
„Groß, schlank, dunkel, dichte Augenbrauen, Brille mit dickem Rand, männliche Stimme, trotzdem sehr feinfühlig, konnte Gedichte sehr gut rezitieren. Hatte ein wunderbares Lächeln. Wenn er lächelte, ging die Sonne auf.“
„Waren alle Mädchen in ihn verliebt?“
„Fast alle.“
„Machte dir das nichts aus.“
„Ich wusste, dass er nur mich liebte.“
„Habt ihr euch geküsst?“
„Wo denkst du hin? Er war verheiratet.