Serva II. Arik Steen
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Der Hauptmann schüttelte den Kopf: «Nein. Aber ich werde mit dem Rest die Anhöhe hinaufgehen und schließlich in die Flanke des Feindes angreifen!»
«Das ist Wahnsinn!»
«Es ist unsere einzige Chance!», meinte der Hauptmann: «Aber es muss schnell gehen. Wir haben nicht viel Zeit.»
«In Ordnung!», sagte der Unteroffizier.
«Ich werde die Männer abziehen, durch die Stadt führen und hinter der Bergkuppe auf die Anhöhe bringen. So dass es der Feind nicht sieht!»
«Er wird sehen, dass wir die Männer abziehen!»
«Umso besser. Sie werden denken, dass Teile unserer Truppen fliehen! Vielleicht werden sie dann leichtsinniger!»
«Lasst mich nicht im Stich, Hauptmann!», murmelte der Unteroffizier.
Der Befehlshaber der pravinischen Garnison schüttelte den Kopf: «Nein. Ganz bestimmt nicht!»
Moral ist die Summe aller Werte, die man uns gelehrt hat. Moral ist das, was uns anerzogen ist. Oder gibt es doch ein natürliches Gewissen, das von Natur aus da war? Chantico war in der königlichen Familie mit Härte und Strenge erzogen worden. Er, der Bruder des Königs, hatte gelernt, dass die königliche Familie über allem stand und nichts so viel wert war wie königliches Blut. Und Feinde mussten vernichtet werden. Aber waren das überhaupt Feinde, die dort ihre Stadt verteidigten? Oder hatten sie die Nehataner nur zu Feinden gemacht, weil sie eigene Interessen verfolgten? Chantico hatte Zweifel. Er war anders als sein Bruder, auch wenn er die gleiche Ausbildung und Erziehung genossen hatte. Also musste es doch etwas wie ein natürliches Gewissen geben.
«Seid Ihr bereit?», fragte Mixtli.
Chantico nickte stumm.
«Gut. Dann gebt den Angriffsbefehl. Die Schützen sollen die ersten Salven abfeuern!»
Erneut nickte Chantico. Dann gab er lautstark den Befehl. Und der wurde durch die untergeordneten Führer weitergegeben.
Die erste Pfeilsalve regnete auf die Soldaten der Pravin nieder. Ein paar wenige Männer schrien auf und brachen tödlich getroffen oder verwundet zusammen. Die restlichen Männer hielten ihre Schilde nach oben. Sie zitterten teilweise vor Angst. Man fühlte sich machtlos. Die Pfeile flogen durch die Luft und trafen dabei völlig willkürlich entweder einen der Schilde ober aber einen der Männer, wenn sie nicht genug geschützt waren. Nur wenige trafen auf den Boden auf. Zu dicht standen die Männer Seite an Seite.
«Fertig machen zum Gegenfeuer!», schrie der Unteroffizier auf pravinischer Seite. Die Schützen auf den Dächern spannten nun ebenfalls ihre Bögen. Es war nun gut ein halbes Jahr her, seit die Pravin ihre erste Schützeneinheit aufgestellt hatten. Und der Unteroffizier war dankbar dafür. Lange hatte man diese Einheit belächelt. Vor allem, weil sie teuer war. Die Bogen kaufte man für nicht wenig Geld bei den Shiva.
«Und Feuer!», hallte das Kommando.
Die Pfeilsalve der Pravin war die Antwort auf den nehatanischen Angriff.
«Bei den Göttern!», rief Chantico aus: «Seit wann haben die Pravin Bogenschützen?»
Mixtli starrte auf die eigenen Reihen in denen einige Soldaten zu Boden fielen. Nein, er hatte ebenfalls keine Schützen erwartet. Man war fest davon ausgegangen, dass die Pravin nur Fußsoldaten hatten. Das war schon immer so gewesen.
«Ich habe Euch gesagt, dass Bogenschützen auf den Dächern stehen!», meinte einer der Offiziere, der mit seinem Pferd neben Mixtli stand. Er war für die Aufklärung zuständig.
«Das habt Ihr nicht, Idiot!», meinte Mixtli und seine Worte duldeten keinen Widerstand.
Der Offizier schwieg. Er hatte es gesagt. Und keiner hatte ihm zugehört. Aber nun war es ohnehin zu spät.
«Was sollen wir tun, verdammt?», rief Chantico. Immer mehr seiner Männer fielen. Die Schilde boten kaum Schutz gegen die Pfeile, deren Wucht weitaus stärker war als die der Eigenen. Die Langbogen der Shiva hatten nicht nur eine höhere Reichweite, sondern die Pfeile auch eine größere Durchschlagskraft.
Der Unteroffizier der Pravin schaute zufrieden in Richtung der feindlichen Linien. Die Pfeile seiner eigenen Leute sorgten für deutlich mehr Chaos. Und nun änderte er die Taktik: «Neues Ziel anvisieren. Fünfzig Fuß hinter den feindlichen Fußsoldaten. Direkt auf deren Schützen!»
Die Männer gehorchten. Sie legten die Pfeile an, zielten und feuerten. In hohem Bogen kam der nächste Pfeilregen.
«Verdammt!», schrie Chantico, als er sah, dass die Pfeile in einem anderen Winkel kamen und über die Schwertkämpfer hinweg flogen. Er zog den Kopf ein. Aber die Führungsriege war nicht das Ziel. Die Pfeile flogen über die Köpfe von Chantico, Mixtli und den anderen Offizieren und trafen die eigenen Bogenschützen. Mit schmerzhaftem Verlust. Die Schützen waren vollkommen ungeschützt. Viele Männer fielen augenblicklich zu Boden. Ein Wehklagen ging durch die Reihen der Verletzten.
«Lasst uns das Feuer erwidern!», schrie Chantico: «Schießt auf die feindlichen Schützen!»
«Unsere Pfeile reichen nicht so weit!», erwiderte Mixtli. Verzweiflung machte sich breit. Er hatte sich die Sache anders vorgestellt.
«Was wollt ihr damit sagen?»
«Dass wir, gottverdammt, nicht so weit schießen können, Feldherr!»
«Versucht es trotzdem!», schrie Chantico.
Mixtli schüttelte den Kopf. Aber er gab den Befehl. Und die Pfeile flogen über ihre Köpfe hinweg Richtung Feindeslinie. Sie verpufften zwischen den feindlichen Schwertkämpfern und den feindlichen Schützen im Nichts. Einige wenige Pfeile erreichten zumindest die Gebäude, prallten aber daran ab oder blieben, sofern es Holzhäuser waren, in den Wänden stecken.
Als Antwort kam eine Salve der Langbogenschützen.
Mixtli starrte hinter sich. Die meisten seiner hundert Bogenschützen waren tot. Er ritt zu einem seiner Offiziere und packte ihn am Arm: «Reitet los und schickt die nächste Schützenkompanie!»
«Wir sollten uns zurückziehen und neu formatieren!», schrie der Offizier.
Mixtli schaute ihn Böse an: «Ihr könnt meinetwegen eure Vorhaut zurückziehen. Aber nicht unsere gottverdammten Truppen. Und jetzt holt die Verstärkung!»
«Aber ...»
«Nichts aber! Tut es!»
Der Offizier gehorchte und ritt los.
Mixtli drehte sich nun zu seinen Schwertkämpfern um: «Vorwärts Marsch!»
Er wusste, wenn er jetzt nicht angreifen würde, dann würde sich seine Truppe immer mehr minimieren.
Die Schwertkämpfer der Nehataner marschierten vorwärts Richtung Stadt. Von den einst fünfhundert Mann waren nur noch vierhundert Mann übrig. Der Rest lag tot oder verwundet an Ort und Stelle. Mit derart großen Verlusten hatte Mixtli nicht gerechnet. Aber er wusste, dass es noch mehr Tote auf der eigenen Seite geben würde,