Das zweite Gleis. Helmut Lauschke
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Jaroslav Ondrousek (23. Juni 1923 – 25. Mai 1943), Student aus Ricany bei Brünn. Durch Verrat eines Spitzels 1941 verhaftet, im Gestapogefängnis im vormaligen Kounic-Studentenheim gefangengehalten und am 25. Mai 1943 in Breslau hingerichtet.
Nach dem Urteilsspruch schrieb er den letzten Brief an seine Eltern: “Geliebte, in einer Weile werde ich schon bei Euch sein, mit Euch, meine Teuren! Ich ende mein Leben, und es ist mir so leicht in der Seele. So schön. Ich bin fast glücklich, dass ich in einer so schönen Stimmung sterben darf. […] Vater, weißt Du, es ist schön zu sterben in der Hoffnung auf eine bessere Zukunft der Menschheit. […] Meine schöne Heimat, wie gern ich Dich habe, süßes Heimatland! Heute sterbe ich, es ist Mai, wir sind hier vier im Raum, wir warten aufs Abschiednehmen. Ich werde bei Euch sein, in Eurer Mitte, mit Euch auf der Gartenbank sitzen, mein Geist wird immer mit Euch sein. Die schönste Erinnerung sende ich Euch und verabschiede mich von Euch. […] Verlangt meine Asche.“
Kim Malthe-Brunn (8. Juli 1923 in Schaheswan-Forts, Kanada), Schiffsjunge und Leichtmatrose. Als Mitglied einer illegalen Gruppe hater ein Zollboot entwendet und nach Schweden gebracht, um seiner Gruppe Waffen zu beschaffen. Erschossen am Sonntag, 8. April 1945 in Kopenhagen.
Kassiberbrief vom 13. Januar 1945: “Die Gestapo setzt sich aus primitiven Menschen zusammen, die sich eine Fähigkeit erworben haben, schwache Seelen zu überlisten und zu erschrecken; schaust Du sie etwas genauer an während eines solchen Verhrs, so wirst Du sie eine unbeherrschte Unzufriedenheit zur Schau tragen sehen, als ob sie alle ihre Selbstbeherrschung zusammennehmen müssten, und als wäre es eine Gnade ihrerseits, dass sie einen nicht auf der Stelle niederschössen, weil man ihnen nicht viel mehr erzähle.
Du kommst in ein Zimmer oder einen Gang und musst Dich mit dem Gesicht gegen die Mauer stellen. Steh dann nicht zitternd da bei dem Gedanken, dass Du nun vielleicht sterben musst. Ist Dir bange vor dem Tod, dann bist Du nicht alt genug, Dich am Freiheitskampf zu beteiligen, auf keinen Fall aber reif genug. Ist diese Zwangsvorstellung imstande, Dich zu erschrecken, dann bist Du das ideale Objekt für ein Verhör. Sie geben Dir plötzlich und unmotiviert eine Ohrfeige. Bist Du hinlänglich mürbe, so ist sogar die Schmach einer Ohrfeige eine solche Erschütterung, dass die Gestapo die Oberhand gewinnt und dem Opfer einen solchen Schrecken einjagt, dass alles nach ihrem Kopfe geht.
Tretet ihnen ruhig und ohne Hass oder Verachtung entgegen, weil beides ihre überaus empfindliche Eitelkeit viel zu stark reizt. Betrachtet sie als Menschen und nutzt ihre Eitelkeit gegen sie selber aus.“
Nach einer Folter wird er am 2. März 1945 bewusstlos in die Zelle getragen.
Aus dem Brief vom 3. März 1945: “Ich habe seitdem über das Merkwürdige nachgedacht, was eigentlich mit mir geschehen ist. Gleich hernach fühlte ich eine unbeschreibliche Erleichterung, einen jubelnden Siegesrausch, eine so unsinnige Freude, dass ich wie gelähmt war. Es war, als ob die Seele sich vom Körper ganz frei gemacht hätte, als ob diese zwei sich als freie Wesen tummelten, das eine in einem vollkommen frei gewordenen überirdischen Rausch, das andere sich wälzend in einem stark erdgebundenen, leidenschaftslosen Kampf. […] Als die Seele wieder zum Körper zurückkam, war es, als hätte sich der Jubel der ganzen Welt hier versammelt. […], als der Rausch vorüber war, kam die Reaktion. Ich wurde gewahr, dass meine Hände zitterten, dass in mir etwas gespannt worden war, dass es war, als ob ein Element in den Tiefen des Herzens Kurzschluss bekommen hätte und sich nun schleunigst entlüde.”
Aus dem Abschiedsbrief an die Mutter vom 4. April 1945: “Liebe Mutter! Ich bin zusammen mit Jörgen, Niels und Ludwig heute vor ein Kriegsgericht gestellt worden. Wir wurden zum Tode verurteilt. Ich weiß, dass Du eine starke Frau bist, und dass Du dies auf Dich nehmen wirst, aber, hörst Du, es ist nicht genug, dass Du es auf Dich nimmst. Du musst es auch verstehen. Ich bin nur ein kleines Ding, und meine Person wird sehr bald vergessen sein, aber die Idee, das Leben, die Inspiration, die mich erfüllten, werden weiterleben. Du wirst ihnen überall begegnen – in den Bäumen zur Frühlingszeit, in Menschen, die Deinen Weg kreuzen, in einem liebevollen kleinen Lächeln. Du wirst auf das stoßen, was an mir vielleicht einen Wert hatte. Du wirst es liebhaben, und Du wirst mich nicht vergessen. Ich werde dabei wachsen dürfen, groß und reif werden.“
Ulrich von Hassell (12. November 1881 – 8. September 1944), Botschafter, außenpolitischer Denker der deutschen Widerstandsbewegung. Er drängte auf Taten: >Es ist unsere Pflicht, den Wagen nicht erst in den Abgrund rasen zu lassen, sondern sich noch vorher auf den Bock zu schwingen, obwohl keine Ehre dabei zu holen und nur noch wenig zu retten ist.< Am 28. Juli 1944 drang die Gestapo in Hassells Büro, der sie an seinem Schreibtisch empfing. Am 8. September 1944 wurde er hingerichtet.
Abschiedsbrief vom 8. September 1944 aus Berlin-Plötzensee, Königsdamm 7, an seine Frau kurz vor der Hinrichtung geschrieben: “Mein geliebtes Ilselein! Heute vor 30 Jahren habe ich meine französische Kugel bekommen, die ich im Herzen bei mir trage. Heute ist auch das Urteil des Volksgerichtshofes gefällt worden. Wenn es, wie ich annehme, vollstreckt wird, so endet heute das über alle Maßen reiche Glück, das mir durch Dich geschenkt worden ist. Es war gewiss zu reich, um länger zu dauern! Ich bin in diesem Augenblick vor allem von tiefer Dankbarkeit erfüllt gegen Gott und gegen Dich. Du stehst neben mir und gibst mir Ruhe und Stärke. Dieser Gedanke übertönt den heißen Schmerz, Dich und die Kinder zu verlassen. […] Aber Du bist im Leben; das ist mein ganzer Trost in allen Sorgen um euch, auch den materiellen, und um die Zukunft der Kinder, dass Du stark und tapfer bist, ein Fels, aber ein lieber, süßer Fels für die Kinder. Sei immer so gut und gütig wie Du bist, verhärte Dich nicht. Gott segne Dich und segne Deutschland!”
Ulrich-Wilhelm Graf Schwerin von Schwanenfeld (11. Dezember 1902 in Kopenhagen – 8. September 1944 Plötzensee), Gutsbesitzer, hingerichtet im Zusammenhang mit den Ereignissen des 20. Juli 1944.
Aus dem Abschiedsbrief vom 8. September 1944 an seine Frau kurz vor der Hinwichtung: “Dass ich ungebeugt in den Tod gehe in dem festen Bewusstsein, nichts für mich und alles für unser Vaterland gewollt zu haben, das muss Dir immer Gewissheit bleiben und das musst Du den Söhnen immer wieder sagen. Du weißt, dass zu allen Zeiten mein Handeln auf Deutschland ausgerichtet war, nach der Tradition der Familie aus glühender Vaterlandsliebe, die alles andere überwog. Andere Zeiten werden andere Sitten und Anschauungen im einzelnen bringen, aber die Liebe zum Vaterland wird ewig der Bestandteil des Lebens bleiben, der alles andere beherrscht. […] Erziehe die Söhne zu christlichen Edelleuten ohne Engigkeit im Denken, aber auch ohne Laxheit. […] Sei tapfer und bewahre mir Deine Liebe bis an Dein Lebensende.
Ich muss Schluss machen. […] Ich umarme Dich und die Jungens in Gedanken als Dein Dir unendlich dankbarer Ulrich-Wilhelm.”
Aus dem Testament: “Ich bestimme ferner, dass an der Stelle im Kieslager meines Sartowitzer Forstes, wo die Ermordeten aus dem Spätherbst 1939 ruhen, sobald die Zeitumstände es erlauben, ein sehr hohes Holzkreuz aus Eiche gesetzt wird mit folgender Inschrift: Hier ruhen 1400-1500 Christen und Juden. Gott sei ihrer Seele und ihren Mördern gnädig.”
Justus Delbrück (25. November 1902 in Charlottenburg – 1945) Regierungsrat a.D., Fabrikant. Am 3. August 1944 wegen Beteiligung an der Verschwörung des 20. Juli verhaftet, von den Russen befreit, wieder verhaftet und in russischer Gefangenschaft gestorben.
Aus dem Abschiedsbrief (ohne Datum) an seine Frau: “Wenn esaber Dein Wille ist, lieber Vater, mich wieder zu ihr zurückzuführen, so lass meine Seele erschüttert sein, dass sie nicht vergesse, Dir zu danken für jeden Tag, den Du mir schenkst. Lass die Anschauung des Todes wie einen Sturmwind das