Christmas Eve. Angelika Nickel

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Christmas Eve - Angelika Nickel

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und das Haus nicht allzu laut.“ Sie reichte Laura das Buch, das sie aus ihrer Tasche genommen hatte. „Ein normales Haus kann schon sehr viele Geräusche machen, ganz besonders in der Nacht. Ich möchte nicht wissen, was sich erst dann, hier nachts tut. Aber Sie müssen ja wissen, was sie wollen.“ Sie ergriff Rufus’ Hand und eilte mit ihm die Verandatreppe hinunter, während Rufus Ödipus in die Tasche seines Mantels steckte, um die Ratte vor der beißenden Kälte zu schützen.

      Laura schaute ihnen noch eine Weile hinterher, während Vivaldi die Stufen hinunter und in den Schnee sprang.

      Kurz, nachdem Emma und Rufus gegangen waren, brach die Dunkelheit herein.

      Im Keller erhoben sich die Schatten erneut vom Kellerboden, verwandelten sich nahe der Kellertür wieder zu Fliegen, während in Lauras Zimmer die Buchstaben des Buches, das Laura aus der toten Filmstadt mitgenommen hatte, zu pulsieren begannen. Die Buchstaben glühten und zitterten wie ein ängstliches, pulsierendes Herz, kurz vor seinem Tode.

       12 Seufzen in der Nacht

      Laura ließ sich Badewasser ein, nahm Emmas Buch und stieg in die vollgefüllte Wanne. Für einen kurzen Moment schloss sie die Augen, und dachte über all das Gehörte, seit ihrer Ankunft an diesem Ort, nach. Dass das Haus in der einen Nacht abgebrannt sein sollte, um am nächsten Tag wieder völlig unversehrt da gestanden zu haben, das konnte und wollte sich Laura einfach nicht vorstellen. „Wenn sie Recht damit hätten, würde das heißen, dass in diesem Haus nichts mit rechten Dingen zugeht. Nein, das kann nicht sein.“ Laura betrachtete das Buch, das, nach Emmas Worten, sie ein klein wenig von dem Haus ablenken sollte. Sie las den Titel. Nach einem Blick auf die Inhaltsangabe war sich Laura nicht sicher, ob dies unbedingt ein Buch war, das sie auf leichtere Gedanken bringen würde. Immerhin ging es um einen Serienmörder, der Frauen über Frauen ermordete, laut der Inhaltsangabe. Laura zögerte anfangs, doch dann begann sie damit, in dem Buch zu lesen.

      Mit einem sollte Emma Recht behalten: Laura war recht schnell vom Inhalt des Buches dermaßen gefesselt, dass sie ihr Badewasser erst dann verließ, als sie zu frieren anfing.

      Mit dem Buch unterm Arm ging sie nach unten. Mit geübtem Handgriff warf sie eine Wolldecke auseinander, holte sich ein Glas Wein und kuschelte sich auf die Couch, neben sich das Buch. Sie schlug es auf und las an der Stelle weiter, an der sie im Bad aufgehört hatte, zu lesen. Nach mehr als der Hälfte, flüsterte sie, völlig in den Bann des Buches gezogen: „Oh mein Gott, ich weiß, wer der Mörder ist.“ Als sie das Buch zur Seite legte, graute bereits der Morgen und Laura hatte nichts von den Geschehnissen des nächtlichen Treibens bemerkt noch, mitbekommen.

      Weder hatte sie die vielen Fliegen bemerkt, die aus dem dunklen Keller, in die Küche hinein geflogen waren noch, hatte sie das Seufzen, das aus ihrem Zimmer gedrungen war, gehört. Auch nicht das leichte Zittern und Klingen der Glöckchen auf dem Dachboden, waren ihr aufgefallen. Noch hatte sie das Beben des Hauses gespürt, das kurz nach Mitternacht die Mauern des alten Gebäudes erzittern gelassen hatte.

      Nur Vivaldi war unruhig im Haus hin- und hergegangen gewesen, hatte die Fliegen angeknurrt und winselnd den Schwanz eingezogen gehabt, als sie ihn umringt und surrend um seine Ohren geflogen waren, sich auf sein Fell gesetzt und ihn schlimmer gestochen hatten, als Flöhe es taten.

      Verängstigt und mit eingezogenem Schwanz hatte er Schutz bei Laura gesucht gehabt, der, gefesselt von ihrem Buch, selbst Vivaldis Angst entgangen gewesen war.

      Nichts von all den Geschehnissen, weder das Seufzen in der Nacht noch, sonst irgendetwas, hatte Laura bemerkt gehabt, so sehr war sie von Emmas Roman gefangen genommen gewesen.

       13 Die Verlegung

      „Das ist eine absolut beknackte Idee“, schimpfte John Smith.

      „Lass es gut sein, John. Das ganze Gemecker bringt doch ohnehin nichts. Der Alte hat entschieden, dass Buster verlegt wird, da können wir nichts dran ändern.“ Samuel Levine sah Smith ausdruckslos an.

      „Samuel, ich bitte dich! Hast du schon einmal einen Blick nach draußen geworfen? Da schickt man keinen Hund vor die Tür. Wieso dann uns und, auch noch, mit einem Gefangenen wie ihm?“

      „Eben weil er solch ein Gefangener ist. Ist dir denn nicht aufgefallen, dass der Alte von Anfang an nicht wollte, dass Buster in unser Gefängnis kommt?“

      „Schon, aber …“

      „Ganz ehrlich, John, ich selbst bin auch froh, wenn der Kerl erst einmal von hier weg ist. Seit er da ist, hat es nur Unruhe unter den anderen Gefangenen gegeben.“

      „Sicher, Samuel, du hast ja Recht. Und du bist mit Sicherheit auch nicht grundlos Sheriff von Falkengrove, und ich weiß auch, dass du deinen Job schon seit Jahren machst. Und, wenn man den Alten hört, dann kann er gar keinen besseren Sheriff als dich bekommen. Damit hat er auch Recht, denn niemand weiß das besser als ich, der ich dein Vertreter bin. Aber trotzdem, Samuel, die Idee, Buster ausgerechnet heute Nacht von hier wegzubringen, das ist, gelinde gesagt, einfach eine Schnapsidee. Warum hat das Ganze nicht Zeit bis morgen früh?“

      „Wie schon gesagt, wenn es nach dem Bürgermeister gegangen wäre, wäre Buster erst gar nicht zu uns gekommen. Gut, daran hatte Ernest White fürs Erste nichts ändern können, aber, ich weiß von ihm persönlich, dass er seit dem Banküberfall und der Einlieferung Busters bei uns in Falkengrove, nichts anderes getan hat, als versucht zu haben, den Gouverneur an die Strippe zu bekommen. Dafür hat er all seine Beziehungen spielen lassen.“ Der Mann grinste verdrossen. „Na ja, und heute ist es ihm gelungen. Er hat per Fax die Genehmigung zur Verlegung Busters erhalten, und folglich will er den Kerl jetzt so schnell als möglich, loswerden.“ Sheriff Levine blickte zu seinem Hilfssheriff Smith. „Und wenn wir beide vollkommen ehrlich sind, sind wir doch auch froh, wenn wir Buster endlich los sind.“

      John Smith schob seinen Hut in den Nacken. „Klar bin ich auch erleichtert, den Kerl endlich loszuhaben. Mir geht es ja auch nicht darum, dass er verlegt werden soll, sondern, dass es unbedingt noch heute Nacht sein muss. Ausgerechnet bei diesem Scheißwetter. In den Nachrichten haben sie bereits den nächsten Schneesturm angekündigt. Ganz ehrlich, ich habe keine Lust, wegen solch eines gewissenlosen Arschlochs, die Nacht womöglich in einem stecken gebliebenen Polizeiwagen, zu verbringen.“

      „Mal‘ den Teufel nicht an die Wand. Soweit wird’s schon nicht kommen. Fahren wir eben langsam und vorsichtig, dann wird’s schon klappen. Morgen früh sind wir wieder zurück und lachen gemeinsam über diesen Scheiß von jetzt, wenn wir uns beide, bei einer warmen Tasse Kaffee aufwärmen.“

      John Smith grinste. „Ist okay, Samuel, gehen wir’s an. Je eher wir mit dem Kerl losfahren, desto früher sind wir zurück. Und trotzdem, der Alte hätte sich beim besten Willen auch bei Tage für eine Verlegung aussprechen können.“

      Levine hob die Braue. „Hör zu, John, wenn du in meiner Gegenwart der Alte sagst, ist das okay, doch lass das bloß sonst niemanden hören. Wie du weißt, Bürgermeister Ernest White mag es gar nicht, wenn er so genannt wird.“

      „Trotzdem sagt es jeder. Du doch auch“, versuchte sich John, zu rechtfertigen.

      „Logo. Dennoch ändert das nichts.“ Levine nahm den großen Schlüsselbund vom Tisch, nickte Laurie Lind, einer Kollegin, zu, um sich gleich darauf, zusammen mit John Smith, auf den Weg zu Brett Busters Zelle zu begeben.

      Eine Stunde später saßen die Drei im Polizeiwagen von Falkengrove. Brett Buster war mit Handschellen

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