Christmas Eve. Angelika Nickel
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Gemeinsam mit Vivaldi durchstreifte sie eine alte Filmstadt, die schon lange nicht mehr fürs Filmen genutzt wurde.
„Wenn ich Sie wäre, würde ich es mir gut überlegen, ob ich die alte Filmstadt besuche. Es gibt Leute, die behaupten, dass es in ihr spuken soll“, hatte sie Roger Watt, der Besitzer der Gaststätte, in der sie wohnte, gewarnt, bevor sie sich zu der alten Stadt aufgemacht hatte.
„Ich werde mich vorsehen“, hatte Laura geantwortet, und es war ihr sogar gelungen, ein kleines Lächeln auf ihr Gesicht zu zaubern.
Die Filmstadt lag einsam und verlassen da.
Ein Teil der Stadt sah aus, als wären hier die Western mit John Wayne zustande gekommen, wieder andere erinnerten an Krimikulissen.
Eine der Straßen sah öde und tot aus. Die meisten Häuser waren in sich zusammengefallen. Nur ein Haus stand noch, ganz alleine und einsam am Ende der Straße.
Laura nahm Vivaldi an die Leine und ging auf das Haus zu. Je näher sie kam, desto mehr hatte sie das Gefühl, als würde sie beobachtet. Sie drehte sich um, doch niemand war da. Niemand hinter noch vor ihr. Sie schüttelte den Kopf. „Alles nur Einbildung“, sagte sie sich, und ging zielstrebig auf das Haus zu.
Der Vorgarten war verwildert, ein Baum durch einen Blitzschlag zerstört worden, so dass sich seine toten Äste gekrümmt zu Boden neigten.
Laura stieg die Stufen zur Veranda des Hauses hoch. Bei jedem ihrer Schritte knarrte die Holztreppe, als wollte sie jeden Moment unter ihren Füßen zusammenbrechen.
Die Tür war offen und schlug klappernd gegen den Türrahmen. Als Laura das Haus betrat, sah sie nicht, dass sich im Stockwerk darüber, die Gardine bewegte.
Im Haus hing ein muffiger Geruch. Abgestanden. Es roch, wie ein Haus miefte, das schon lange nicht mehr bewohnt war.
Laura sah sich um. Die Diele war groß, der Teppich von den Motten zerfressen.
Sie lief weiter zum Wohnzimmer, sah hinein. An der einen Wand stand eine alte Standuhr. Laura lächelte. Sie stellte sich vor, wie es gewesen sein musste, als die Uhr noch zu jeder Stunde ihren lauten Glockenschlag hatte ertönen lassen.
Sie lief die Treppe zum nächsten Stockwerk hoch. Wieder knarrten die Stufen unter ihren Schritten.
Eine Tür schlug laut zu. Laura erschrak. Sie verlangsamte ihren Schritt. Am Ende der Treppe angekommen, sah sie sich um. Am Flurende stand ein Fenster offen und kalter, eisiger Wind drang herein.
„Da haben wir den Grund fürs Türzuschlagen“, sagte sie erleichtert zu Vivaldi. „Wie konnte ich nur auf den Gedanken kommen, dass, außer uns beiden, hier noch jemand ist.“ Sie ging auf die Tür zu, die sich ihr am nächsten befand. Langsam öffnete sie sie. Feiner Geruch nach Wäschestärke erfüllte den Raum. Das Zimmer sah aus, als wäre es gerade gesäubert worden. Kein Staubkörnchen war zu sehen.
Auf einem kleinen runden Tisch lag ein aufgeschlagenes Buch. Laura lief darauf zu. Die aufgeschlagene Seite war handbeschrieben. Eine steile Schrift, die auf einen erfolgsorientierten Menschen schließen ließ, füllte die Seiten aus. Laura blätterte darin. Nirgends stand ein Name des Verfassers. Laura war sich nicht sicher, ob es sich bei dem Buch um ein Tagebuch oder ein handgeschriebenes Manuskript handelte. Kurzentschlossen steckte sie es in ihre Tasche. Sie war sich sicher, dass niemand das Buch jemals vermissen würde.
Danach verließ sie das Haus wieder. Auch dieses Mal sah sie nicht, wie im oberen Stockwerk, in dem Zimmer, in welchem das Buch gelegen hatte, sich die Gardine aufs Neue bewegte.
„Jetzt endlich bekomme ich die Möglichkeit …“, stöhnte eine geisterhafte Stimme, in der Erleichterung mitschwang.
Augen, die Laura nicht sah, und ihr dennoch erneut das Gefühl gaben, beobachtet zu werden, sahen ihr zu, wie sie davonlief, durch all die Straßen, bis hin zu ihrem Wagen. Beobachteten, wie sie das Buch in ihren Jeep legte, um gleich darauf mit ihm davonzufahren.
Augen, die so weit sehen konnten, sehr viel weiter als das menschliche Auge in der Lage war.
3 Schneegestöber
Der Sturm wurde heftiger und heftiger, und Laura wusste, nicht mehr lange und sie wäre gezwungen anzuhalten und eine Übernachtungsmöglichkeit für sich und Vivaldi zu suchen.
Als sie, trotz hochtourig kreisenden Scheibenwischern, kaum noch etwas sah, hielt sie am Straßenrand an. Sie stieg aus, hatte dabei allerdings große Mühe, die Tür zu öffnen. Schneeflocken trieben ihr in die Augen, fielen auf ihre Jacke. Suchend sah sie sich um. In der Mitte der Straße blinkte ein rotes Transparent, dessen Buchstaben zum Teil ausgefallen waren. Zusammen mit Vivaldi lief sie darauf zu. Sie öffnete kurz entschlossen die Tür und ging hinein.
Eine ältere Frau kam ihr entgegen. Als sie Laura sah, schlug sie die Hände zusammen. „Mein Gott, was treibt Sie denn hierher? Und“, sie schluckte, „diese Ähnlichkeit …“
„Wie bitte?“, fragte Laura und blickte verwundert zu der alten Frau hin.
„Nichts. Es ist nichts. Nehmen Sie es meiner Frau nicht übel. Sie glaubt immer wieder, Menschen zu sehen, die ihr vor langer Zeit einmal, begegnet sind.“ Der ältere Mann, der ebenfalls den Laden betreten hatte, legte der Frau den Arm um die Schultern. „Wahrscheinlich erinnern Sie sie an jemanden. Es ist ein Teil ihrer Krankheit. Unheilbar.“
„Oh. Das tut mir leid“, antwortete Laura.
„Kann ich Ihnen irgendwie helfen?“, fragte er, während er nochmals zur Tür lief, sie öffnete und hinaussah. „Sie sollten nicht mehr allzu lange unterwegs sein; der Sturm wird immer heftiger. In den Nachrichten haben sie sogar schon davon gesprochen, dass es sein kann, dass heute Nacht der Strom ausfällt.“ Er sah sie mit betrübtem Blick an.
„Bloß nicht. So viele Kerzen habe ich gar nicht, wie ich dann bräuchte“, erschrak sich die alte Frau, und schaute sich, wie suchend, im Laden um.
„Deswegen bin ich hier. Ich muss für heute Nacht für mich und meinen Hund eine Übernachtungsmöglichkeit finden. Der Sturm ist in der letzten Stunde immer schlimmer geworden, der viele Schnee, so dass die Straßen schon fast nicht mehr passierbar sind.“ Laura streifte die Handschuhe ab, während sie fragend zu dem Mann hinblickte.
Stirnrunzelnd warf er nochmals einen Blick hinaus auf die Straße, sah den dahinfegenden Schneesturm, und nickte. „Ja, allerhöchste Eisenbahn, dass Sie von der Straße runterkommen.“ Sein Blick war auf sie gerichtet. „Nun, Zimmer habe ich keine. Seit meine Frau krank ist, seit der Zeit vermieten wir nicht mehr. Das Einzige, was ich Ihnen anbieten kann, ist das einsame Haus am Villageende. Nur, ich sage Ihnen gleich, es ist lange nicht mehr bewohnt worden, von daher, Sie müssten bestimmt erst einmal sauber machen, lüften und all das.“
„Das stört mich nicht weiter. Verfügt das Haus auch über Strom?“
„Es verfügt über alles, was man braucht.“ Er ging und holte den Schlüssel für das Haus. … und über vieles mehr, dachte er, und betrachtete Laura dabei nachdenklich.
„Was soll es kosten?“, erkundigte Laura sich.