Lazarus. Christian Otte

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Lazarus - Christian Otte Die Zentrale

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du an deine Uhr gedacht“, kam es von Ben, der einen Stuhl geholt hatte und ihn Anna anbot.

      „Uhr?“, staunte Anna.

      „Die Uhr ist ein Geschenk von Ben. Sie beinhaltet einen Sender. Wenn ich den Alarm auslöse oder meine Vitalzeichen unregelmäßig werden, bekommt eine private Sicherheitsfirma ein Signal und schickt sofort Hilfe. Als ich erkannt habe, dass es sich um einen Raub handelt habe ich den Alarm ausgelöst“, erläuterte Alex.

      „Deswegen war der Sanitäter so schnell da“, folgerte Anna.

      „Ja, zu jedem Team gehören ein Ersthelfer und zwei... nennen wir sie mal Männer fürs Grobe. Und wegen seiner Transplantation war es mir lieber, wenn er eine von denen trägt“, gab Ben zu.

      „Transplantation?“, fragte Anna.

      „Oh, ich sehe, ihr habt euch noch viel zu erzählen. Deswegen werde ich mich hier wieder verabschieden. Und wo wir gerade bei Geschenken sind, hier habe ich noch was.“ Ben hielt eine Sporttasche hoch, die er die ganze Zeit in der Hand gehalten hatte und klopfte auf ein Seitenfach. „Da ist ein Tablet drin, damit du hier nicht noch an Langeweile eingehst.“ Er stellte die Tasche neben einen Schrank. „Der Rest ist das übliche, Wechselkleidung, Zahnbürste et cetera. Ich muss jetzt noch ein paar Telefonate führen und irgendwie scheinen die Pfleger hier nicht begeistert, wenn ich mit meinem Handy hier herumrenne. Morgen komm ich wieder vorbei. Dir gute Besserung und dir einen schönen Tag noch.“

      Anna blieb noch einige Stunden neben Alex' Bett sitzen. Dabei erzählte er ihr von seiner Transplantation, deren Grund und der Zeit danach. Er erzählte auch, dass er bei Ben wohnte und von diesem einige Selbstverteidigungstechniken gelernt hatte. Ebenjene Techniken, die Alex reflexartig bei dem Raubüberfall angewandt hatte.

      Techniken, die verschiedene Kampfsportarten verband, darunter Krav Maga, Ninjutzu, Escrima und – wenn sich Alex richtig erinnerte – Teile aus dem Ausbildungsprogramm der Armee eines Ostblockstaats. Alles Sportarten, von denen Anna noch nie etwas gehört hatte. Alex war dagegen bis zu seiner Herzerkrankung in erster Linie aktiver Handballer und Parcourläufer, gab dies jedoch nach der Transplantation schweren Herzens auf. Das ihm sein kurzer Ausflug ins Hapkido in Verbindung mit den Lektionen von Ben in der Gefahrensituation so zu Gute kam, überraschte ihn am meisten.

      Im Gegenzug erzählte Anna ihm von ihrer Zwillingsschwester Lena, die begeisterte Schwimmerin war und gerade für die Olympiateilnahme trainierte. Dass sie lieber über ihre Schwester als über sich sprach, sagte ihm mehr sie glaubte. Sie verabschiedete sich schließlich mit dem Versprechen am nächsten Tage wieder zu kommen, als ein Chef-Arzt für eine Nachmittagsvisite den Raum betrat.

      Gegen Abend traf Wolk ein und holte ihn zu seinen ersten Tests ab, die aus einer Kernspintomografie, einer Blutabnahme und einer Spiroergometrie, also der Messung von Herz, Kreislauf, Atmung und Stoffwechsel bei körperlicher Belastung, wie in diesem Fall auf einem Laufband.

      Ergebnisse wollte Wolk erst am Ende aller Tests mitteilen. Den Rest der Nacht nutzte er lieber, indem er Alex die Geschichte der Metamenschen, die sich selbst als Yonin bezeichneten, und der Zentrale näherbrachte. Auf seine Nachfrage erhielt Alex die Antwort, dass der Begriff „Yonin“ aus dem Japanischen komme und in etwa „andere Menschen“ bedeutet.

      So ließen sich die Yonin grob in drei Arten unterteilten: Vampire, Werwölfe und paranormal Begabte. Die Gesamtheit aller Yonin wurde im offiziellen Bürokratenslang als metamenschliche Gesellschaft bezeichnet, eine Subgesellschaft unter der Oberfläche der normalen menschlichen Gesellschaft. Innerhalb dieser hatten sich große Gruppen zu Clans zusammengeschlossen. Außerdem erfuhr Alex, dass bei den fünf existierenden vampirischen Clans die Hierarchie durch die Form der Erschaffung vorgegeben war. Jeder Vampir war der Person unterstellt, die ihn geschaffen hatte. Aufsteigen konnte man nur durch den Tod eines höheren Vampirs oder wenn man sich durch besondere Verdienste für den Clan bei den ältesten Vampiren beliebt machte. Die Clans führten meist ihre Gründung auf eine bekannte Persönlichkeit zurück. Die ältesten bekannten Vampire waren etwa 1000 Jahre alt. In den Wirren der Geschichte waren alle Beweise, dass die Persönlichkeiten, auf die man sich berief, je existierten, geschweige denn etwas mit der Gründung des Clans zu tun hatten, verloren gegangen. Bei den Söhnen Kains, den Kindern von Tlazolteotl, der Lilith-Schwesternschaft und den Söhnen des Pollux war dies der Fall. Einzige Ausnahme bildete die Chlodomeraner, die sich auf den angeblich im Burgunderkrieg im Jahre 524 gefallenen Chlodomer, einen Sohn Chlodwigs I., selbst scheinbar Sohn eines heidnischen Gottes und aus dem Geschlecht der Merowinger, stützte. Chlodomer überlebte die Schlacht jedoch und gründete seinen eigenen Clan, dem er bis ins 12. Jahrhundert selbst vorsaß.

      Am folgenden Morgen erhielt Alex wie angekündigt Besuch von seiner Mutter. Maria war wohl in erster Linie besorgt, dass ihr Junge nicht genug zu Essen und saubere Kleidung hatte. „Junge, du bist so blass“, hatte sie gesagt und am liebsten hätte er „Kunststück, ich habe 6 Liter Blut verloren.“ gesagt. Er beschränkte sich jedoch auf ein einfaches „Ja, möglich.“ und versuchte sie weiter zu beruhigen und davon zu überzeugen, dass es nicht notwendig war eine Rund-um-die-Uhr-Überwachung einzurichten.

      Gegen Mittag traf Ben ein und berichtete, dass er sich mit ein paar Leuten in Verbindung gesetzt habe. Der Tenor dieser Gespräche war, dass dieses Semester nachträglich als Urlaubssemester betrachtet werden würde (auch wenn es sein erstes war), auf diese Weise konnte er in Ruhe wieder fit werden und wenn möglich einige Vorlesungen besuchen um die Zeit im nächsten Semester wieder aufzuholen. Alex war ihm dankbar dafür, hatte er doch selbst nicht mehr daran gedacht, dass er sich für einen Kurs angemeldet hatte, zu dessen bestehen eine Prüfung notwendig war, die er schon rein zeitlich nicht mehr schaffen konnte, da er zu dem Zeitpunkt voraussichtlich noch im Krankenhaus liegen würde. Zum Glück vergaß Ben nie etwas.

      Nachmittags tauchte Anna auf und bot, nachdem er von Bens Einsatz erzählt hatte, an, ihm beim Lernen für die Fächer zu helfen, die sie beide hatten. Obwohl er es zu verhindern versucht hatte, kam das Gespräch irgendwann wieder auf den Raubüberfall und Alex stellte erleichtert fest, dass in ihrer Erinnerung fast alles verblasst war. Nur der Augenblick, da er die Räuber angegriffen hatte und dass er in einem Krankenwagen abtransportiert wurde war geblieben. In ihrem Kopf hatten sich die Fakten zu einer neuen Story arrangiert. Für sie war er mit einem Messer verletzt worden, als er versuchte einen der Räuber zu entwaffnen. Er hielt es für besser, dies nicht zu korrigieren. Das Erlebnis, wie sie es wahrnahm, wahr auch so traumatisch genug, da musste er nicht unbedingt noch darauf bestehen, recht zu behalten.

      Nachdem er einige Stunden geschlafen hatte, brachte Wolk ihn zum nächsten Test in einen weißen Raum, in dem eine Batterie von Scheinwerfern auf ihn gerichtet war. Wolk drehte bei jedem der zehn Durchläufe das Licht etwas heller um danach ein Bild von Alex' Haut unter dem Mikroskop zu machen. Als nächstes folgten ein Hör- und ein Sehtest. Bei letzterem musste er in einem immer dunkler werdenden Raum Zahlenreihen erkennen. Als der Raum für ihn zu dunkel war um die Zahlen zu lesen, sah er sich im Raum um und konnte Wolk in seinem Kittel erkennen. Er hatte schon eine Ahnung, was dies zu bedeuten hatte, wollte aber nichts sagen, bevor er sich sicher war. Statt weiterer Tests folgte in dieser Nacht eine weitere Lektion zur Geschichte der Yonin.

      Neben den Vampirclans gab es noch fünf lykantrophe, also Werwolf-Clans, benannt nach Romulus, Fenrir, Skalli, Hati und Managarm. Bis auf den ersten allesamt Wölfe der nordischen Mythologie. Da Lykantrophen meist in kleinen Rudeln unterwegs waren, hatten sich diese erst zur Zeit des dreißigjährigen Krieges zu großen Clans zusammengefunden und daher keine so lange Geschichte wie die Vampirclans. Der Name Lykantoph leitet sich von der Geschichte des Königs Lykaon ab, der zur Strafe, dass er den Göttern Menschenfleisch zum Essen angeboten hatte, in einen Wolf verwandelt wurde. Soweit zumindest die Geschichten. Ob die Werwölfe wirklich mit diesem König in Verbindung standen, konnte bisher jedoch nicht belegt werden. Und die Lykantrophen legten auch keinen gesteigerten Wert darauf, diese

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