Marattha König Zweier Welten Teil 2. Peter Urban

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Marattha König Zweier Welten Teil 2 - Peter Urban

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Geschütze rollten vorbei, schwerbeladene Proviantwagen bewegten sich auf das Fort zu, das sich etwa eine halbe Meile östlich bedrohlich gegen den gleißenden Sommerhimmel abhob.

      Barrak gab vor, sich nicht sonderlich für diese Dinge zu interessieren. Doch während er munter mit dem Offizier plauderte und dabei überschwänglich die Schönheit und Qualität seiner Pferde rühmte, registrierten seine Augen jeden Wagen, jede Waffe, jede Regimentsfahne. Morgen würde er seinen Handel mit dem Dewan zu einem Abschluss bringen. Anschließend wollte er – aus Gründen der Tarnung – noch ein paar Tage in Seringapatam verbringen und die Offiziere des Sultans zu teuren und ausschweifenden Abendessen einladen. Dann musste er sich so schnell wie möglich auf den Weg nach Madras machen. Wesley hatte ihn wissen lassen, dass die Truppenkonzentrationen am Baramahal und zwischen Arnee, Vellore, Arcot und Wallajabad fast abgeschlossen waren.

      Die feinen, hellblauen Baumwollvorhänge bewegten sich leise in der Brise, die an diesem Nachmittag vom Golf von Bengalen aus landeinwärts wehte. Sie brachen das Sonnenlicht und ließen die Veranda des kleinen Hauses, das Lord Clive Wesley und Charlotte Hall zur Verfügung stellte, seltsam unwirklich erscheinen.

      Henry Wellesley stellte seine Teetasse auf einen kleinen Tisch und räkelte sich behaglich in seinem Rattansessel. Eigentlich hatte er sich mit Arthur aussprechen wollen, denn der frostige Empfang in Sir Charles’ Haus steckte dem empfindsamen jungen Mann noch in den Knochen. Doch statt auf Arthur war er nur auf dessen Verlobte gestoßen. Sie hatte den Soldaten ausnahmsweise nicht auf einem seiner »Ausflüge« begleitet, sondern es vorgezogen, ein paar Tage in Madras zu bleiben und sich endlich darum zu kümmern, dass ihre Hochzeit ausgerichtet wurde. Sie war beim Schneider gewesen, um sich ihr weißes Kleid nähen zu lassen, und sie hatte mit Jemima und Henrietta Smith herumgestöbert und sich eine kleine Aussteuer zusammengestellt, die ihrem künftigen Leben als Offiziersfrau entsprach: praktische Dinge, leicht zu transportieren und leicht zu verpacken; Geschirr für die Offiziere des 33. Regiments, denn man erwartete von einem Obersten des Königs, dass er seine jungen Offiziere täglich an seinem Tisch empfing; sowie ein paar praktische Kleider, denen auch das raue Garnisonsleben nichts ausmachte und die als Heilmittel gegen Charlottes chronisches Leiden dienen sollten, tagein, tagaus in Hosen und Stiefeln herumzulaufen. Schließlich hatte Lady Hall ihrer Tochter in einem langen Brief energisch zu verstehen gegeben, dass sie Arthur keine Schande machen dürfe, sondern ihn im Kreis der Soldaten Englands ordentlich repräsentieren müsse.

      Henry Wellesley hatte Charlotte dabei überrascht, wie sie von ihren Einkäufen völlig erschöpft auf der Terrasse ausruhte und sich von Arthurs indischem Diener Vingetty Tee servieren ließ. Er hatte sich höflich vorgestellt, und obwohl er mit einer herben Abfuhr gerechnet hatte, rief Charlotte nach einer weiteren Tasse und nach Gebäck und forderte ihn zum Bleiben auf. Henry wusste nicht, dass die junge Frau von ihrem Vater den Inhalt seines vertraulichen Gespräches in Kalkutta mitgeteilt bekommen hatte. Sir Edwin war nach dem Abend, den der junge Wellesley in seinem Haus verbracht hatte, auf die Idee gekommen, dass seine Tochter einen Versuch unternehmen sollte, Frieden zwischen Henry und Arthur zu stiften.

      »Ich könnte mich an dieses Leben gewöhnen«, sagte Henry entspannt. »Wie lange bin ich eigentlich schon da?«

      »Fast drei Stunden. Sie haben wohl nicht viel Gelegenheit, sich von Ihren Pflichten zu erholen, Henry? Nun sind Sie schon seit sechs Monaten in Indien und immer noch leichenblass.«

      Charlotte fand Arthurs kleinen Bruder ausgesprochen liebenswürdig. Sie konnte sich beim besten Willen nicht vorstellen, weshalb ihr Verlobter eine so tiefe Abneigung gegen seine Familie hegte.

      »Ich hoffe, ich belästige Sie nicht, Miss Charlotte. Ich wollte eigentlich nur mit meinem Bruder sprechen ...«

      »Reden Sie keinen Unsinn, Henry. Ich freue mich, dass wir Gelegenheit haben, uns kennenzulernen, ohne dass mein rotberockter Zerberus Ihnen böse Blicke zuwirft. Bitte halten Sie mich nicht für unverschämt, aber ... was ist eigentlich mit Ihrer Familie los? Ihr scheint euch alle auf den Tod nicht ausstehen zu können.«

      Henry zuckte hilflos mit den Schultern. »Ich habe keine Ahnung, warum Arthur sich mir gegenüber so benimmt. Wir haben uns aus den Augen verloren, als er an die Akademie nach Angers ging. Damals war ich acht Jahre alt, und er war zwölf oder dreizehn. Er hat sich nie mit Lord Mornington verstanden. Soviel ich weiß, hängt das mit dem Tod unseres Vaters zusammen, aber weder Richard noch Mutter haben mir erzählt, was damals geschehen ist, und Arthur hatte über Jahre hinweg nur Kontakt zu unserem jüngsten Bruder William. Der hat einmal angedeutet, dass es etwas mit dem Besitz der Familie in Irland und mit Vaters Schulden zu tun hat.«

      Weder Charlotte noch Henry hatten bemerkt, dass eine weitere Person auf die Terrasse getreten war. Arthur hatte eine Zeitlang schweigend zugehört. Während sein Bruder berichtete, verfinsterte seine Miene sich zusehends. Er war schlecht gelaunt, denn er hatte einen schlimmen Tag hinter sich. Sein Rücken schmerzte von den langen Stunden im Sattel, und in Ashtons Hauptquartier in Vellore war General Sir John Baird aufgetaucht und hatte Unfrieden gestiftet. Der Kommandeur des 12. Infanterieregiments und der schottische Generalmajor hatten so heftig gestritten, dass nur Wesleys Eingreifen eine Forderung zum Duell durch einen der beiden Männer verhindert hatte.

      Wesley nahm seinen Säbel ab und legte die Waffe auf ein Kanapee. In diesem Augenblick bemerkte Charlotte ihren Verlobten.

      »Arthur!«

      Er lächelte sie traurig an. »Lass es gut sein, kleine Lady! Du hast Recht gehabt, Henry zum Tee zu bitten. Ich bin der Vollidiot.«

      Er ging auf seinen jüngeren Bruder zu und umarmte ihn. »Es tut mir leid. Der Abend in Sir Charles’ Haus und die letzten zwanzig Jahre ... Du hattest nie etwas damit zu tun, nur ... Du warst Richard immer so nahe und ich ...«

      Der Offizier ließ sich in einen Sessel fallen und fuhr sich mit der Hand müde über die Augen. »Er hat sich damals geweigert, Vaters Schulden zu begleichen. Ihm war es gleich, was sie über Papa sagen würden ... seine Ehre, alles. Für ihn war es bedeutungslos, was aus Dungan und Killdare wurde. Er wollte nur so schnell wie möglich zu Geld kommen und mit diesem Geld seinen eigenen Weg gehen ...« Charlotte schaute ihren Verlobten bedrückt an. Sie wusste um seine kritische finanzielle Situation, doch sie hatte nie ergründen können, ob es sich dabei um die Folgen jugendlichen Leichtsinns handelte oder um Probleme, die tiefer gingen.

      Arthurs Blicke wurden kalt, und seine Stimme hatte einen zynischen und bösen Klang, als er erwiderte: »Glaubst du, ich hätte meinen Sold beim Glücksspiel durchgebracht?«

      »Arthur!« fauchte sie ihn an. »Wage es nicht ...«

      »Tut mir leid, Charlotte! Du hast in dieser traurigen Geschichte nichts zu suchen, aber dieses dürftige Haus, der bescheidene Verlobungsring ... Alles, was ich dir außer einem Offizierspatent, meinem Herz und meiner ewigen Treue und Liebe bieten kann, sind die Schulden meines Vaters.«

      Henry Wellesley hatte es tunlichst vermieden, sich in das Gespräch einzumischen. Nur sein Gesicht verriet, was er dachte. Zu Hause hatten Richard und seine Mutter Arthur stets als Taugenichts und Schandfleck der Familie hingestellt, der durch seinen Lebenswandel und mit seinen Schulden nichts als Ärger bereitete und bei dem gute Worte nichts halfen. Stets hatten sie behauptet, Arthur wäre aus diesem Grund von der Familie verstoßen worden, und es sei nicht angebracht, den Kontakt zu dieser »Katastrophe« für den Ruf der Morningtons’ zu suchen. Nun aber erkannte Henry die Haltlosigkeit dieser Vorwürfe gegenüber seinem Bruder. Arthur war weder feige noch ehrlos, und er weigerte sich auch nicht, für die Schulden des Vaters geradezustehen. Im Gegenteil, er hatte sich wie ein wahrer Gentleman verhalten.

      »Hast du Mornington aus diesem Grund nie um Hilfe gebeten, Arthur?« fragte er den Älteren.

      Wesley zuckte mit den Schultern.

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