Weg, einfach weg. Ralf J. Schwarz

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Weg, einfach weg - Ralf J. Schwarz

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müden Augen und dachte nach. Müdigkeit versuchte ihn zu übermannen. Wie gerne hätte er auch nur einige Minuten den Schlaf über sich kommen lassen. Aber dann würde der sorgfältig ausgearbeitete Zeitplan durcheinander kommen.

       Ein Klopfen gegen die Seitenscheibe riss ihn aus seinen Gedanken. Ein Spaziergänger mit einem über und über mit Lehm beschmierten Hund stand neben dem Wagen. Hartmut drückte den Knopf des Fensterhebers und öffnete die Scheibe. »Na, hier können Sie aber nicht stehen bleiben. Das ist verboten. Hier darf man nicht parken«, sagte der etwa fünfzigjährige Mann in tiefstem sächsisch. Hartmut hatte Mühe ihn zu verstehen. »Oh, danke«, antwortete er, »aber ich habe mich verfahren. Aber gut dass sie mir das gesagt haben!« Er schloss wieder das Fenster und grummelte nur das Wort: »Blödmann!« vor sich hin.

      Er startete den Motor und fuhr langsam rückwärts. Der Sachse blieb neben seinem klebrigen Hund stehen und sah ihm nach. Immer wieder drehten die Räder der Limousine durch, rutschten auf dem lehmverschmierten Asphalt des Feldwirtschaftsweges wie auf Glatteis hin und her. Angestrengt erreichte er die Straße die nach Naunhof führte und war froh, den Wagen wieder rollen lassen zu können.

       Nach zwanzig Minuten fand er schließlich eine geeignete Stelle. Verwundert sah er den Gegenständen nach die der Fluss mitgerissen hatte. Bäume, von denen noch die grüne Krone aus dem Wasser herausschaute, Holz und Möbel aus den überschwemmten Gebieten, ja selbst ein Wohnwagen hatten die Wassermassen mitgerissen. Langsam wurde es Zeit den Plan in die Tat umzusetzen und hier war nun der geeignete Platz dafür. Hier war das Ufer flach genug. Auch die Landstraße die hier in einiger Entfernung vorbeiführte, lag noch teilweise im überfluteten Gebiet. Und was mit am wichtigsten war, hier gab es weit und breit keine Menschen. Er hielt und atmete erst mal tief durch. Wieder kamen Gedanken an Andreas, Ute und an seine Operation in ihm auf. Operation, ja das hörte sich gut an. Sorgfältig wischte er alle Fingerabdrücke vom Lenkrad und nahm seine Sachen aus dem Wagen. Jetzt nur keine Spuren hinterlassen.

       Er stellte den Tempomat auf eine geringe Geschwindigkeit ein und stieg aus dem langsam fahrenden Wagen aus. Noch während das Fahrzeug langsam rollte, öffnete er die hintere Tür, griff nach seiner Jacke und dem Pilotenkoffer und schlug mit dem linken Bein die Tür wieder zu. Wie von einer unsichtbaren Schnur gezogen, folgte der Mercedes dem matschigen Feldweg. Nach etwa fünfzig Metern verließ er gemächlich seine Spur, geriet immer mehr auf das abschüssige Ufer und schließlich rutschte das Auto ins Wasser. Nie hätte Hartmut gedacht, dass das riesige Fahrzeug so schnell von den Wassermassen mitgerissen werden könnte und nach nur wenigen Sekunden war die ganze Fuhre in der Mulde verschwunden. Hartmut atmete erleichtert auf. Die Erleichterung dauerte aber nur wenige Augenblicke an, wich schlagartig aufkommender Panik als das Fahrzeugdach wie Phönix aus der Asche nun wieder aus den Wellen auftauchte.

      »Scheiße, ich hab vergessen die Fenster aufzumachen!« dachte er noch, während er dem schwimmenden Auto nachsah. Vor allem, wie konnte bei einem Unglücksfall der Fahrer aus dem Wageninnern heraus geschwemmt werden? Ein fataler Fehler im sonst so perfekten Plan.

       Ohne zu zögern griff sich Hartmut einen der umherliegenden Feldsteine und spurtete dem davon schwimmenden Wagen nach. Atemlos gelang es ihm auf die gleiche Höhe zu kommen, aber immer wenn er zum Werfen stehen bleiben musste, legte der Wagen scheinbar schlagartig an Fahrt zu und verschwand aus der Wurfdistanz. Resigniert blieb Hartmut stehen und blickt dem Wagen nach. Aus lauter Frust über seine fehlende Sportlichkeit schleuderte er den mehr als faustgroßen Stein in Richtung Auto und erstarrte. Unter mächtigem Geklirre zersprang die Rückscheibe in tausende, blinkende Stückchen und gab sekundenlang die Sicht ins Wageninnere frei. Danach verschwand der Wagen im Wasser.

      Kapitel 5

      Scheinbar endlos klingelte das Telefon. In einer schier unendlichen Dauerschleife summte es die gleiche Tonkombination, einen Ohrwurm aus den Siebzigern, der sich unauslöschlich in die Windungen der Gehirne einbrannte. May reagierte nicht auf den Anruf, hatte sich in seinem modernen Bürostuhl zurückgelehnt und war bereit, seinen Tag ruhig enden zu lassen. Ein Anruf um diese Zeit bedeutete nichts Gutes. Und vor allem, wer hatte den Anrufer eigentlich zu seinem Anschluss durchgestellt. Er beschloss, nicht weiter zu reagieren und nach geraumer Zeit verstummte das Telefon endlich. Toll, ausgestanden! Nun stand einem ruhigen Feierabend nichts mehr im Weg. Heute wollte er die sich in den letzten Monaten so rar gemachte Sonne genießen und seinen Gedanken nachhängen. Easy Living eben!

       Noch war er in seinen Gedanken verstrickt, eingefangen wie ein Insekt, das dem Netz der Spinne so viel verlockendes entnehmen konnte und dann nicht mehr weg kam, als seine Bürotür abrupt aufgerissen wurde. Schwer atmend stand Reinhard Meierling, sein engster Mitarbeiter hier in Frankfurt, die gute Seele des Hauses und gleichzeitig Mädchen für alles in der Tür, den Mund schon zu sprechen geöffnet. Volker May ahnte, dass seine Freizeitträume gerade eine deutliche Neigung zum Platzen zeigten.

       »Ei Volker, warum gehsche dann net ans Telefon? Unn hol eemol die Fies vum Disch. Das geheert sich net uff eme Polizeirevier.« Reinhard sprach im tiefsten hessischen Akzent, wenn er nicht gerade sein Telefon benutzte. »Do hatt jemand aus Sachse angerufe, ich glaab mol aus Sachse, Grimma leihd doch in Sachse, oddaa? Do is die Nummer, Du sollcht gleich noch zerickrufe. Un jetzt awwa hurtisch!« Sekunden später war May wieder alleine in seinem Büro.

       »Ich hab es gewusst. Immer kommt noch irgendetwas kurz vor Feierabend. Andererseits, was will Grimma schon wollen, die sind weit weg. Sicherlich eine Anfrage auf dem kleinen Dienstweg. Die kann ich nach dem Anruf auch bis morgen verschieben« murmelte er vor sich hin. Ein kurzer Blick auf den handgeschriebenen Zettel und schon wählte er die Nummer des Grimmaer Polizeireviers. Noch hatten die Klingelzeichen nicht richtig das Ohr des Frankfurter Hauptkommissars erreicht, als schon die Stimme eines Mannes ertönte: »Polizei Grimma, Ulrich Andrä am Apparat«. Volker musste lächeln. Zwischen den Worten Andräs schwang ganz deutlich sein sächsisch geprägter Akzent mit. Und Sächsisch empfand May wohl als unerotischste Sprache der gesamten Menschheitsgeschichte. Wie die Sachsen sich so fortpflanzen konnten war ihm ein Rätsel.

       »Hauptkommissar May, Polizei Frankfurt-Mitte, Sie haben um meinen Rückruf gebeten! Wie kann ich ihnen helfen?« »Hallo Herr May, Polizeiobermeister Andrä, wie bereits erwähnt. Es geht um einen Bürger Ihrer Stadt, wir haben seinen Wagen im Wasser der Mulde entdeckt und geborgen. Anscheinend ist er vom Wasser mitgerissen worden. Und in eben dieser Mulde haben wir einen Mercedes-Kombi mit einer Frankfurter Nummer gefunden. Ist alles recht demoliert und kaputt, aber nach unserer Halterabfrage haben wir nun die Befürchtung, das ein Unglück geschehen ist.« »Entschuldigen Sie, Herr Kollege«, diese Anrede benutzte May immer wenn er sich den Namen seines Telefonpartners nicht merken konnte oder einfach nicht merken wollte, »vielleicht wurde der Wagen einfach nur geklaut. Liegt Grimma nicht auf der Polenroute, der bevorzugten Strecke um gestohlene Autos über die Grenze nach Polen zu schaffen? Da liegt doch solch ein Verdacht nahe, oder?” »Die zum Auto gehörende Person haben wir nicht gefunden”, sprach Andrä weiter ohne sich aus dem Konzept bringen zu lassen. »Könnten Sie mal die Gegebenheiten vor Ort checken? Sie wissen schon, so bei den Haltern nachfragen ob alles in Ordnung ist, ob der Wagen gestohlen ist oder, oder.« Andrä gab May die genauen Daten des Halters und des Wagens. »Ja sicher, werde ich morgen früh gleich machen, so lange wird es ja wohl warten können. Ich rufe Sie dann morgen gleich zurück!« »Au, morgen hab ich frei, da müssten Sie mit einem Kollegen sprechen. Aber der weiß dann nicht so genau Bescheid und so weiter. Sie kennen ja sicher die Probleme. Wenn es heute noch möglich wäre, könnten wir den Fund abschließen. Oder macht Ihr schon so früh Schluss bei Euch? Und denken Sie auch an die Familie falls ein Unglück geschehen ist. Die sollten doch…«

       »Ok, ich werde es klären. Aber wenn alles so weit in Ordnung scheint, rufe ich erst morgen zurück. Und nun schönen Feierabend!« Ohne eine Antwort abzuwarten hatte Volker May aufgelegt. Nun riefen die auch schon aus Sachsen an und verplanten seine so hart verdienten freien Stunden. Aber wenn er auf dem Heimweg bei der angegebenen Adresse vorbeifuhr, sollte sich alles schnellstens aufgeklärt haben. Was

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