Gina Keck. Daniela Dittel

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Gina Keck - Daniela Dittel

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und heftig kehrte der Wind zurück und riss die zarte Melodie räuberisch mit sich fort und hinterließ lediglich das gewöhnliche Rascheln der Blätter.

      Zögernd schritt Gina auf das Gehölz zu, um nach dem Gesang zu lauschen, dabei wirbelte der Wind wild um sie herum. Er zog übermütig an ihren braunen, geflochtenen Zöpfen und zupfte an ihrem feinen Kleidchen, sodass die Nähte beinahe rissen. Er schubste sie, energisch und sanft zugleich vorwärts und strich ihr dabei ermutigend über die Wangen, als wolle er sagen: «Geh! Los, geh in den Wald hinein.»

      Gina war etwas mulmig zumute und dennoch lockte das Abenteuer. Sie warf einen unsicheren Blick zu ihren Eltern hinüber, als fände sie dort eine Antwort. Vater, Mutter und Ben lagen jedoch entspannt und in süßen Träume versunken in der Sonne und lächelten zufrieden im Schlaf. Um sie herum lag die Natur friedlich und völlig windstill.

      Abermals vernahm Gina das traurige Schluchzen, das aus dem Wald zu ihr herüber drang.

      «Da weint doch jemand», dachte Gina.

      «Vielleicht ist es ein Kind, das sich verlaufen hat und ich bin womöglich die Einzige, die ihm helfen kann!»

      Beherzt marschierte sie in den Wald hinein und ließ sich durch die Hand des Windes führen, bis sie nach einer Weile eine winzige Lichtung erreichten. Dort verschwand er und ließ sie alleine zurück.

      So stand Gina nun mitten im tiefen Wald unter hohen dicken Eichen, die das Fleckchen Erde darunter in dunkle Schatten hüllten. Dennoch hatte sie keine Angst, da von diesem Platz nichts Sonderbares ausging, sonst wäre sie durch ihre Nackenhaare gewarnt worden.

      Die spärlichen Sonnenstrahlen, die sich geschickt durch die winzigen Lücken des Laubes stahlen, tauchten das Plätzchen in ein malerisches Licht. Und die umher fliegenden flauschigen Samen der nahe stehenden Sträucher und Bäume, rückten den Ort in einen romantischen und unwirklichen Zustand - einem Gemälde gleich.

      Gina schaute sich sorgfältig um. Ihr Interesse richtete sich auf eine Steinformation, die inmitten der Lichtung stand und auf den ersten Blick wie drei gewöhnliche Felsblöcke wirkten. Sie waren nicht viel größer als sie selbst. Allerdings besaßen sie etwas Künstlerisches, als wären sie nicht durch Wind und Wetter geformt, sondern durch menschliches Zutun.

      Langsam näherte sich Gina den Steinen und je dichter sie kam, desto deutlicher kamen die Einzelheiten zur Geltung. Tatsächlich handelte es sich um grob gemeißelte Statuen, die aus Kopf, Korpus, Armen und Beinen bestanden. Die Haltung, die ihnen an gearbeitet war, zeigte deutlich, dass sie sich vor etwas fürchteten und sich dagegen erwehrten.

      Erst jetzt entdeckte Gina das Mädchen, das sich Schutz suchend hinter der letzten Statue auf den Boden kauerte. Sie hatte ihre Arme fest um die Beine geschlungen und schielte ängstlich mit verweinten Augen, die so blau waren wie der strahlende Sommerhimmel, zu Gina hinauf. Sie zitterte am ganzen Körper, sodass ihr Kleid, das aus Rosenblättern gearbeitet war, raschelte. Auf ihrem langen Haar, das in goldenen Locken auf die zierlichen Schultern fiel und ihr Gesicht lieblich umspielten, lag ein Kranz aus bunten Sommerblumen.

      «Hallo. Ich heiße Gina und wer bist du?»

      Da das Mädchen nicht antwortete und eine unangenehme Stille entstand, fragte Gina neugierig weiter: «Was machst du hier? Hast du dich verlaufen?»

      Das Mädchen schüttelte den Kopf.

      «Ich wohne hier», antwortete es scheu.

      «Wie? Du wohnst hier? Hier im Wald?»

      Gina blickte sich ungläubig um.

      « Hier kann man doch nicht wohnen. Wo ist dein zu Hause? Deine Eltern?»

      Das Mädchen lächelte schwach.

      «Der Wald ist meine Heimat.»

      Sie deutete mit einer ausschweifenden Handbewegung um sich.

      «Jeder Baum, jeder Strauch und jedes Blümlein, kurzum die ganze Natur ringsumher ist mein zu Hause.»

      Mit Tränen in den Augen blickte sie die Statuen liebevoll an und fügte traurig hinzu: «Und diese drei Steine sind meine Familie.»

      Andächtig erhob sich das hübsche Mädchen, streichelte der ersten Figur zärtlich übers Gesicht und sagte: «Darf ich vorstellen. Das ist mein älterer Bruder, der Frühling.»

      Sie widmete sich dem nächsten Stein, küsste ihn sacht auf die Wange und sagte: «Das ist Herbst, mein jüngerer Bruder.»

      Zuletzt streichelte sie der dritten Statue sanft übers Haupt und ließ die Hand auf deren Schulter ruhen.

      «Und das ist Winter, meine geliebte Schwester, die Jüngste der Familie.»

      Mit einem eleganten Hofknicks hob sie ihr Rosenkleid leicht an und stellte sich selbst vor: «Gestatten, ich heiße Sommer.»

      3. Kapitel

      Gina verstand das alles nicht. Vor ihr stand leibhaftig der Sommer in Gestalt eines hübschen, aber sehr traurigen Mädchens, das bestimmt nicht viel älter als Gina selbst war. Die roten Augen zeigten deutlich, dass sie viel geweint hatte. Außerdem war ihr verängstigtes Verhalten auffallend, denn wer würde sich schon vor einer Neunjährigen verstecken? Die Geschwister des Mädchens, der Frühling, Herbst und der Winter waren ebenfalls da, aber versteinert. Was hatte das alles zu bedeuten?

      Eine Weile schwieg Gina nachdenklich. Alles zusammen ergab keinen Sinn und gerade deshalb schien eine Sache noch unverständlicher, darum fragte sie: «Warum bist du noch hier? Es müsste längst Herbst sein und dein Bruder sollte die Blätter der dicken Bäume hier zum Fallen bringen?»

      Um ihre Worte zu unterstreichen, klatschte sie mit der flachen Hand auf die alte Eiche, die neben ihr stand.

      Das Mädchen nickte bedächtig und ihre Augen füllten sich erneut mit Tränen.

      «Er ist nicht da. Alle... alle sind sie weg.»

      Ihr Blick hing an den drei Statuen, während sie weitersprach: «Nur ich bin noch da. Mich haben sie nicht mitgenommen. Ich musste hier bleiben, denn ohne mich, würde die Welt in Dunkelheit und Kälte versinken.»

      Schweigend setzte sich Gina auf den Moos bewachsenen Waldboden und hörte dem Mädchen gespannt zu.

      Leise sprach Sommer weiter: «Ich wollte mit... habe mich an meine Geschwister geklammert, aber die gemeinen Männer stießen mich weg... traten mich mit den Füßen und sagten, ich müsse hier bleiben...».

      Sie senkte ihren Kopf und flüsterte: «Sie haben recht. Ihr braucht mich, denn ohne Sonne kein Licht, ohne Licht keine Pflanzen, ohne Pflanzen keine Tiere und Menschen. Ihr würdet sterben.»

      Wütend sprang Gina auf und schrie: «Wer sind die Kerle? Warum haben sie das getan? Ich verstehe das nicht.»

      Aufgebracht marschierte sie auf und ab und versuchte hinter das Geheimnis des Geschehenen zu kommen.

      «Ich weiß es nicht», seufzte Sommer.

      «Ich weiß nur, dass sie vor etwa drei Monaten plötzlich da standen. Sie tauchten wie aus dem Nichts auf – drei große, fürchterlich drein blickende Männer. Sie trugen grüne

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