In meinem Herzen nur du. Katharina Burkhardt
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Читать онлайн книгу In meinem Herzen nur du - Katharina Burkhardt страница 12
Ein verlegenes Kichern setzte ein und die Jugendlichen standen einen Moment steif und ratlos in der Runde. Dann warf sich jedoch ein Mädchen gackernd in die Arme seiner besten Freundin und der Bann war gebrochen.
»Schön, dass du da bist.« Auch Mareike und Greta umarmten einander lachend. Weitere Mädchen kamen hinzu und dann sogar der eine oder andere Junge.
Als Greta sich das nächste Mal umdrehte, stand Finn dicht vor ihr. In seinen dunklen Augen funkelten bernsteinfarbene Sprenkel und er lächelte auf eine Weise, die Gretas Innerstes zum Schmelzen brachte.
Finn, der ein Stückchen größer als sie war, beugte sich zu Greta herab und schlang seine langen Arme fest um sie. Keiner der anderen Jungen hatte sie auf diese Weise umarmt, entschlossen und stark und ein wenig besitzergreifend. Greta fühlte an ihrer Wange den Stoff von Finns Wollpullover und darunter seinen Herzschlag.
»Schön, dass du da bist«, flüsterte er in ihr Ohr, und Greta vermochte nicht zu antworten, so sehr geriet alles in ihr in Aufruhr. Finns Nähe ließ sie vibrieren und zittern und brachte nicht nur ihren Körper, sondern auch ihre Seele zum Schwingen.
Wie benommen stand sie mitten im Raum, nachdem Finn sich endlich wieder von ihr gelöst hatte, und schwindelig vor Glück nahm sie nichts und niemanden mehr wahr außer dem Jungen vor sich, der so aufgewühlt aussah, wie sie sich fühlte.
»Die anderen wollen eine Nachtwanderung machen«, riss Mareike sie aus ihrer Versenkung. »Kommst du auch mit?«
»Mal sehen«, murmelte Greta abwesend. Als sie sich wieder umwandte, war Finn verschwunden.
Finn raste peinlich berührt zur Toilette und kam erst wieder heraus, als er sicher war, dass seine Zimmergenossen alle zur Nachtwanderung aufgebrochen waren. Er hätte nie gedacht, dass es ihn so aus der Bahn werfen würde, Greta Bubendey zu umarmen.
Finn hatte die Aufforderung des Pastors als wunderbare Gelegenheit empfunden, sich Greta ungestraft nähern zu können. Sie hatte ihn in den letzten Tagen wiederholt auf sehr bezaubernde Art angelächelt, ein wenig schüchtern, fast verlegen, aber doch so, dass es ihm Mut machte.
Sie sah wunderschön aus, mit strahlenden Augen und rosigen Wangen. Ihre blonden Haare fielen ihr seidig über die Schultern und umspielten ihr zartes Gesicht. Finn konnte sich nicht sattsehen an ihrem Anblick. Und als er beim Segen ihre Hand nahm, mochte er sie nie mehr loslassen.
Das Verrückte dabei war, dass es Greta zu gefallen schien. Ihre Hand lag leicht und zart in seiner, und als er sie sanft drückte, trat sie in stumme Zwiesprache mit ihm und erwiderte seinen Händedruck.
Als er dann allen Mut zusammennahm und sie umarmte, war das, als würde er in ein tiefes Meer eintauchen, umhüllt und geborgen, wobei er immer weiter nach unten gezogen wurde und nichts mehr wahrnahm außer dem Rauschen in seinen Ohren.
Gretas Körper fühlte sich so zart an und ihr Haar duftete wundervoll nach Frühlingsblumen.
Ja, und dann spürte Finn noch etwas. Greta war im Begriff, eine Frau zu werden. Kleine, weiche Brüste, die er unter ihren weiten Pullovern bislang noch gar nicht wahrgenommen hatte, pressten sich gegen seine Brust.
Und auch er war kein Kind mehr, und sein Körper reagierte wie der eines Mannes.
Verlegen löste Finn sich von Greta, zutiefst beschämt einerseits, erfüllt von dem innigen Moment andererseits. Gretas Gesicht glühte und brachte etwas in ihm zum Brennen.
Da wurde sie durch ihre Freundin Mareike abgelenkt, und er nutzte den Augenblick und floh auf die Toilette.
Dort saß er mit pochendem Herzen und pulsierenden Lenden und wusste nicht, wohin mit all seinen Empfindungen. Durch ein offenes Toilettenfenster hörte er die Stimmen der anderen auf dem Hof, die sich lachend und rufend zur Nachtwanderung versammelten, angeführt von Pastor Behrmann, der ein Lied anstimmte. Als das Lachen und Singen sich immer mehr entfernte, traute Finn sich endlich wieder hinaus aus diesem kalten, unwirtlichen Raum und lief in sein Zimmer.
Er stellte sich ans Fenster, starrte den Vollmond an, der sich am wolkenlosen Nachthimmel emporschob, und dachte unentwegt an Greta. Und als hätten sich seine Gedanken materialisiert, erschien auf einmal unten im Hof eine Gestalt mit langen Haaren. Sie ging zögernd ein paar Schritte Richtung Strand, blieb einen Moment stehen und drehte wieder um. Als das Licht einer Laterne auf ihr Gesicht fiel, erkannte Finn, dass es Greta war.
Er zögerte nicht eine Sekunde.
Greta fühlte sich seltsam verloren. Die vielen Gefühle in ihr verwirrten sie. Hatte Finn sie nicht all die Jahre für eine doofe Ziege gehalten, die Luft für ihn war?
Er hatte sie nie angeschaut, wenn sie sich zufällig auf der Straße trafen. Aber hier, in diesem tristen Freizeitheim, hatte er ihre Hand festgehalten und sie umarmt, als wolle er sie nie wieder loslassen.
Sie wusste nicht recht, wohin. Zum Schlafen war sie zu aufgedreht, aber sie wollte auch nicht mit Mareike und den anderen zusammen sein. Also schlenderte sie ziellos über das Gelände des Freizeitheims, bis sie sich auf einer Bank bei den Tischtennisplatten niederließ. Es war ziemlich dunkel hier, nur der Mond, der groß und rund am Himmel hing, spendete Licht.
Als sie Schritte hörte, schrak sie zusammen – bis sie die hochgewachsene Gestalt von Finn erkannte.
Er trat lachend näher. »Heulst du den Mond an?«
»Ja, genau.« Greta lachte auch, nervös und viel zu hoch für ihren Geschmack. »Und gleich werde ich mich in einen Werwolf verwandeln.«
Finn schaute auf seine Uhr. »Mitternacht ist schon rum. Schätze, da ist was schiefgegangen mit deiner Verwandlung.«
Er setzte sich neben sie, so dicht, dass sich ihre Beine berührten. Vom Meer kroch eine feuchte Kühle herauf, und Greta fand es nicht nur aufregend, Finns Wärme zu spüren, sie war auch dankbar dafür.
Schweigend saßen sie so da, sich der Nähe des anderen auf eine aufwühlende, verlegene Weise bewusst. Irgendwo in der Ferne bellte ein Hund und auf der Straße oberhalb des Heims fuhr ein Auto vorbei. Sonst war es still.
Greta war es, die diese Stille endlich durchbrach.
»Ich dachte, du findest mich eingebildet.«
»Und ich dachte, du willst nichts mit mir zu tun haben.«
Sie wagte nicht, ihn anzusehen. »Das war doch nur, weil meine Eltern mir den Umgang mit dir verboten haben.«
»Was?« Er klang bestürzt.
»Ja.« Greta räusperte sich. »Damals schon, nach dem Unfall am Todesberg.« Sie schämte sich auf einmal, weil sie Eltern hatte, die so unsinnige Verbote aussprachen.
»Darum hast du nicht mehr mit mir gesprochen?«, fragte Finn leise.
Sie nickte. »Aber du hast ja auch nicht mit mir gesprochen.« Es war ein kläglicher, unnötiger Versuch, sich zu verteidigen.
»Wie denn auch, wenn du mir immer ausgewichen bist.« Jetzt schwang Zorn in seiner Stimme mit, und einen Moment lang fürchtete Greta, nun sei alles wieder vorbei, bevor es überhaupt