Der Lebensweg - ein Werk von Leo Tolstoi. Franz Gnacy
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Es ist ein großer Fehler, anzunehmen, dass man sich durch Glauben oder Verzeihung der Menschen von Sünden befreien könne. Von Sünden kann man sich überhaupt nicht befreien. Man kann sie nur erkennen und sich bemühen, ihre Wiederholung zu vermeiden.
Gib niemals einer Sünde nach, sag nicht: ich muss sündigen, bin daran gewöhnt, bin schwach. Solange du lebst, kannst du stets gegen die Sünde kämpfen und sie bezwingen; wenn nicht heute, so morgen, oder übermorgen, oder überübermorgen und ganz sicher vor dem Tode. Wenn du aber von vornherein auf jeden Kampf verzichtest, verzichtest du auf das Hauptwerk deines Lebens.
Du kannst dich nicht, zur Liebe zwingen. Dass du aber nicht liebst, heißt nicht, dass dir keine Liebe innewohnt, sondern, etwas in dir ist, was die Liebe hindert. Wie du die Flasche auch umdrehst und wie du sie auch schüttelst – wenn der Pfropfen festsitzt, kommt nichts heraus, bis du ihn entfernt hast. Ebenso ist es mit der Liebe. Deine Seele ist voll von ihr; sie kann aber nicht zum Vorschein kommen, weil deine Sünden sie nicht herauslassen. Befrei deine Seele von dem, was sie verschließt, so gewinnst du alle lieb, sogar diejenigen, die du Feinde nanntest und hassest.
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Wehe dem Menschen, der sagt, er sei sündenlos.
Sündlos ist der, in dem kein Bewusstsein des mit Gott und allem Lebenden vereinten Geistes vorhanden ist. Deswegen sind Tiere, Pflanzen sündlos.
Der Mensch dagegen erkennt in sich gleichzeitig das Tier und Gott und kann deswegen nicht sündlos sein. Wir nennen Kinder sündlos – das ist unrichtig. Ein Kind ist nicht sündlos. In ihm sind weniger Sünden als in Erwachsenen, aber es sind schon welche da. Ebenso ist der allerheiligste Mensch nicht sündenfrei. In ihm sind weniger Sünden, aber vorhanden sind welche – ohne Sünden gibt kein Leben.
Um uns an den Kampf gegen die Sünde zu gewöhnen, müssen wir von Zeit zu Zeit aufhören, das übliche Lebenswerk zu tun, um zu fühlen, dass wir Herr über unseren Körper sind, und nicht dieser über uns.
Bedeutung der Sünden, Verführung, Aberglauben und falscher Lehren für das geistige Leben
Leute, die glauben, dass Gott die Welt geschaffen, fragen oft: Warum hat Gott die Menschen so geschaffen, dass sie sündigen müssen, gar nicht sündlos sein können? – Diese Frage ist gerade so, wie die, warum Gott die Mütter so geschaffen hat, dass sie, um Kinder zu haben, sich quälen, gebären, die Kinder nähren und aufziehen müssen? Wäre nicht einfacher, wenn Gott den Mütter gleich fertige Kinder, ohne Wehen, ohne Nähren, ohne Mühen, Sorgen und Angst gäbe? Keine Mutter fragt so, weil das Kind ihr gerade deswegen teuer ist, weil sie es unter Schmerzen geboren hat und in dem Nähren, dem Aufziehen und den Sorgen für die Kinder ihre beste Lebensfreude liegt.
Ebenso ist es mit dem Menschenleben: Sünden, Verführung und Aberglauben, im Kampfe mit ihnen und Sieg über sie – darin liegt der Sinn und die Freude des Lebens.
Es ist schwer, seine Sünden kennen zu lernen; dafür macht es große Freude, wenn man sich von ihnen befreit. Gäbe es keine Nacht, so würden wir uns über das Sonnenlicht nicht freuen. Gäbe es keine Sünden, würde man die Freude der Rechtschaffenheit nicht kennen.
Wenn der Mensch keine Seele hätte, würde er die Sünde nicht kennen; und wenn es keine Sünde gäbe, würde er nicht wissen, dass er eine Seele hat.
Seitdem es Menschen, vernünftige Wesen gibt, haben sie das Gute vom Bösen unterschieden und Nutzen aus dem gezogen, was andere vor ihnen in dieser Unterscheidung geleistet – haben mit dem Bösen gekämpft, den besten Weg zur Wahrheit gesucht und sind langsam, aber unaufhaltsam auf diesem Wege vorgedrungen. Und stets sind vor den Menschen Verführungen, Aberglaube und falsche Lehrer erschienen, die den Weg versperrt haben und sagten, das brauche man nicht zu tun; man brauche nichts zu suchen; es ginge so gut, man brauche nur so weiter zu leben.
Sünden, Verführung und Aberglaube bilden das Erdreich, das den Samen der Liebe bedecken muss, damit dieser aufgehen kann.
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