Das Doppelkonzert. Arnulf Meyer-Piening

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Das Doppelkonzert - Arnulf Meyer-Piening

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Du hättest dir etwas Wärmeres anziehen sollen. Du zitterst jetzt schon. Es wird gleich ein Gewitter geben.

      - Unwirsch wehrte er ab. Lass das meine Sorge sein. Mir ist nicht kalt. Was mir wirklich Sorgen bereitet, das ist meine Nachfolge. Ich weiß nicht, wie lange ich noch zu leben habe. Es kann mit mir sehr schnell zu Ende gehen. Diese Krankheit ist unberechenbar. Das weißt du so gut wie ich.

      - Du hast doch Hinrich, versuchte sie ihn aufzurichten, der ist doch schon in der Firma tätig. Was hast du mit ihm vor?

      - Er taugt nicht zu meinem Nachfolger. Er ist zu weich. Er lebt nur für seine Musik. Er sollte hier sein. Warum ist er nicht hier bei uns?

      - Sie zuckte gleichgültig mit den Achseln und lehnte sich zurück, indem sie die dunklen Wolken betrachtete: Ich habe keine Ahnung. Er sagte mir nur, dass er zum Arzt müsse.

      - Er horchte auf: Zum Arzt? Zu welchem Arzt? Ist er denn krank?

      - Nein, das wohl nicht, aber er geht seit einiger Zeit zu einem Psychologen. Ich weiß auch nicht was er hat. Er spricht nicht darüber, mit mir wenigstens nicht.

      - Du solltest das eigentlich wissen. Schließlich bist du die Ärztin im Hause. Du hast eine engere Beziehung zu meinen Kindern als ich.

      - Wenn du es nicht weißt, wie soll ich es wissen? Er ist dein Sohn, er lebt in deinem Haus und ist in deiner Firma beschäftigt. Du solltest eigentlich wissen, was er macht. Aber du interessierst dich nicht für ihn. Darunter leidet er.

      - Hoffnungslos blickte er seine Schwester an: Ich kann mich nicht um alles kümmern. Außerdem ist Hinrich ein erwachsener Mann. Er ist kein Kind mehr, den man an die Hand nehmen kann, und dem man sagt, was er zu tun oder zu lassen hat.

      - Mit schneidender Stimme fragte sie: Hast du ihn denn schon mal richtig gefordert und die Zügel locker gelassen? Du behandelst ihn wie eine Marionette. Er kann sich bei deiner Ablehnung nicht richtig entfalten. Deine Geringschätzung spürt er jeden Tag. Das war sein ganzes Leben so. Ist doch kein Wunder, wenn er nun bei einem Psychiater Rat sucht. Er ist vollkommen verkrampft, klagt schon seit längerer Zeit über Muskelreißen, Magenschmerzen und Verdauungsprobleme.

      - Er soll sich endlich zusammenreißen und sich nicht gehen lassen. Er ist ein Waschlappen, ein Versager. Er geht allen Konflikten aus dem Weg und kann keine schwierigen Entscheidungen fällen. Er will immer jedermanns Freund sein. Das geht auf die Dauer nicht. Niemand kann es allen recht machen.

      - Stoße ihn ins kalte Wasser. Da muss er schwimmen lernen.

      - Wolfgang begann noch heftiger zu zittern: Das sagt sich so leicht. Wir können uns keine Fehler mehr leisten. Die Geschäfte laufen nicht so rund wie sie sollten. Wir bekommen von den Banken keinen Kredit mehr. Wir brauchen Geld für Investitionen und auch um das laufende Geschäft aufrecht zu erhalten. Es geht uns finanziell nicht gut. Die Reserven sind weitgehend aufgezehrt.

      - Lass uns über etwas Angenehmes sprechen. Dies Thema regt dich zu sehr auf. Die Sorgen schaden deiner Gesundheit. Du solltest endlich mal eine Auszeit nehmen und eine Kur machen. Ich habe dir das schon oft gesagt, aber du willst ja nicht auf mich hören. Du hörst in letzter Zeit nur noch auf Isabelle. Sie ist wohl inzwischen zu deiner Privatsekretärin avanciert oder ist sie inzwischen schon mehr?

      - Nein, sie ist nicht mehr. Aber sie tut mir gut. Wenn sie bei mir ist, dann fühle ich mich geborgen. Sie hat eine positive Ausstrahlung.

      - Auf mich nicht. Im Gegenteil, sie geht mir auf die Nerven mit ihrer Wichtigtuerei. Sie ist eine Aufschneiderin, anmaßend und arrogant. Sie hat es auf dich abgesehen, und du lässt sie gewähren.

      - Er zündete sich eine Zigarre an: Da bildest du dir etwas ein. Ich glaube, du siehst Gespenster.

      - Nein, ich beobachte dich und mache mir Sorgen. Vielleicht hast du sie schon zu deiner Nachfolgerin ausgewählt?

      - Er reagierte ziemlich heftig: Unsinn! Solange ich es noch kann, werde ich die Firma selber leiten und aus den bestehenden Schwierigkeiten herausführen. Das bin ich mir und unserem Vater schuldig.

      - Ihre Stimme bekam einen drohenden Unterton: Wolfgang, wie oft soll ich es dir noch sagen: Du musst endlich mit dem Rauchen aufhören. Du schadest deiner Gesundheit. Eines Tages ist es zu spät, und dann wirst du an meine Mahnung denken.

      - Dann habe ich überhaupt keine Freude mehr. Bring mir lieber ein Glas Wein und beschäftige dich mit deinen Angelegenheiten. Du musst dich mehr um deine Klinik kümmern. Jedes Jahr muss ich die Verluste ausgleichen. Das kann so nicht weitergehen. Das bereitet mir erhebliche Kopfschmerzen. Die Gelder, die ich jeden Monat an dich überweisen muss, fehlen mir an anderer Stelle.

      - Die Gelder sind im Sinne der Firma und zu deinem Besten gut angelegt. Die klinischen Tests des neuen Medikaments Vexalin gegen die Niereninsuffizienz, das Julia mit ihrer Firma zur Zulassung angemeldet hat, verschlingen Unsummen. Wir haben es noch immer mit kritischen Nebenwirkungen zu tun. In dieser Form kann es nicht auf den Markt gebracht werden. Auch dir steht es nicht zur Verfügung, obwohl du es dringend brauchtest. Das Risiko kann ich nicht eingehen.

      - Julia hätte ihren Platz hier bei mir in der Firma einnehmen sollen. Sie arbeitet seit vielen Jahren auf diesem Gebiet. Aber das neue Medikament ist noch immer nicht auf dem Markt. Die Tests dauern zu lange. Die Arbeiten werden nicht richtig vorangetrieben. Sie hat nicht die richtigen Leute, kann ihre Mitarbeiter nicht motivieren und kann sie nicht kontrollieren. Die Entfernung zu ihrem Institut in Nicaragua ist zu groß. Was hat die letzte Testserie gebracht?

      - Es gibt noch einige Unklarheiten. Wir erforschen noch die Nebenwirkungen.

      Das Gespräch hatte ihn ziemlich aufgeregt. Er bekam einen roten Kopf und begann erneut heftig zu zittern.

      - Ingrid lenkte das Gespräch in eine andere Richtung. Sie wollte die trüben Gedanken ihres Bruders zerstreuen und suchte einen positiven Ansatz: Wir sollten mal wieder ein großes Fest geben. So wie früher mit vielen Gästen und Musik.

      - Ach, das war einmal. Heute passt das nicht mehr zu unserem Lebensstil.

      - Warum nicht? Es kommt nur darauf an, was wir daraus machen. Es hängt von uns ab. Wenn wir es wollen, dann wird es wieder wie früher sein. Wir könnten es so ähnlich wie Graf Ebersbach machen.

      - Das können wir uns gar nicht leisten. Wir haben keine exquisite Küche.

      - Dann machen wir es etwas kleiner. Außerdem müssten wir uns bei ihm für seine Einladung revanchieren. Da wäre dein siebzigster Geburtstag ein hervorragender Anlass. Früher hatten wir häufig viele Freunde hier bei uns zu Gast. Ich denke gerne an diese Jahre des Aufbaus. Zwar gab viel Arbeit, aber wir genossen den Erfolg unserer Bemühungen. Unsere Empfänge und Abendessen waren in der ganzen Umgebung berühmt.

      - Er schaute seine Schwester etwas verloren an als ob er verschwundene Erinnerungen aus seinem Gedächtnis zurückholen müsste. Plötzlich leuchteten seine Augen für einen kurzen Moment: Die viele Mühe hat sich gelohnt. Wir haben es geschafft, haben eine große Firma aufgebaut und sind zu den geachtetsten Familien im Lande aufgestiegen. Die Periode des Aufbaus war eine schöne Zeit. Heute fürchte ich mich, unter Menschen zu gehen, es ist mir peinlich, wenn sie sehen, was aus mir geworden ist. Ich kann nichts dafür, kann meine linke Hand nicht richtig kontrollieren. Sie gehorcht nicht mehr meinem Willen. Ich bin nur noch ein Schatten meiner selbst.

      - Etwas mitleidig und zugleich etwas vorwurfsvoll blickte sie ihren Bruder an: Du arbeitest zu viel. Du solltest Dir ein paar Tage Erholung gönnen.

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