Der Diplomatenkoffer. Hans W. Schumacher

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Der Diplomatenkoffer - Hans W. Schumacher

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zweigten sie außer ihrem reichlich bemessenen Gehalt einen weiteren hübschen Teil der Steuergelder, aus denen sie finanziert wurden, ab, um sich Villen, schöne Frauen, Yachts und Liebesnester zuzulegen und ihren Konkubinen und Kumpeln einträgliche Posten mit fiktiven Beschäftigungen zu verschaffen.

      Vor einiger Zeit hatten Le Canard enchaîné, das satirische Enthüllungsblatt, sowie andere Medien dafür gesorgt, dass die Manager von Treize Corrèze hinter Gitter kamen. Aber inzwischen waren fast alle wieder frei, entweder wegen guter Führung oder weil sie alt und krank waren.

      Als sie den Dunstkreis der Müllhalde hinter sich gelassen hatten, hielt der Kommissar an und fragte den hinter ihm hertrottenden Assistenten, ob sie sich nicht die Kehle mit etwas Zweckentsprechendem reinigen sollten. Dabei könnten sie dann auch den Schlachtplan entwerfen. Lafitte war einverstanden, er steuerte den nächsten größeren Ort an, während die übrige Mannschaft im Einsatzbus nach Paris zurückfuhr, und hielt vor einem Bistro am Zentralplatz gegenüber der Kirche.

      Lafitte bestellte für sich ein großes Helles, Renard zog Weißwein vor. Nach einem langen Schluck zog der Assistent seinen Notizblock und einen Stift aus der Jackentasche und wartete, einen Blick durch das Fenster in die Abenddämmerung werfend, darauf, dass sein Chef anfing.

      „Es ist bestimmt noch zu früh, die Vermisstenanzeigen durchzugehen“, meinte dieser, „vielleicht in drei Tagen.“

      „Oder nie“, warf Lafitte ein, „heutzutage liegen Leute manchmal ein Jahr lang mumifiziert in ihren Wohnungen, ehe es jemand bemerkt.“

      „Ja, so ist das. Die Gleichgültigkeit breitet sich aus, je mehr Menschen es gibt. Er ist für seinesgleichen nur noch Unrat.“

      „Wer weiß, wie viele noch dort im Müll stecken.“ Lafitte schüttelte sich. „Es ist unvorstellbar.“

      „Ein Friedhof ohne Kreuze“, murmelte Renard bedrückt. Er schüttelte gleichfalls den Kopf, trank einen Schluck und fuhr fort: „Also erstens: Nachfragen, woher der Schreinerabfall kommen könnte, in dem der Schrank lag. Vielleicht gehört ja beides zusammen, zumindest könnten die Gangster den Schrank in den Sperrmüll-Container einer Möbelschreinerei geschmuggelt haben, d.h. wir könnten wenigstens den Umkreis feststellen, aus dem Schrank und Toter kommen. Beschreibung und Foto des Schranks aushängen und an die Presse geben, dasselbe gilt für den Teppich. Wenn wir eine Vorstellung haben, woher beides stammt, verteilen wir Fotos der Gegenstände in dem Viertel, vielleicht erinnert sich ja einer, wo er sie gesehen hat.“

      Lafitte notierte und sah dann, den Kugelschreiber wie einen Dolch in der Hand haltend, zu ihm hinüber:

      „Wenn wir das wissen, könnten wir ja auch die Teppichhändler in der Gegend befragen, ob ihnen der Kerman schon mal unter die Augen gekommen ist.“

      „Er ist so alt“, meinte Renard zweifelnd, „ob sich an den Kauf noch jemand erinnert?“

      „Aber vielleicht wurde er mal zum Reinigen gebracht“, warf Lafitte ein.

      „Sie haben recht“, gestand der Kommissar ein, „setzen Sie die Teppichhändler auf die Liste.“

      Er nahm wieder einen Schluck: „Und natürlich das Übliche. Vermisstenanzeige und Fotos der Leiche aushängen und an die Zeitungen schicken. Genanalyse machen und nachfragen, ob er bei uns oder im Ausland bekannt ist. Natürlich auch die Fingerabdrücke abnehmen und nachschauen, ob sie nicht doch irgendwo registriert sind. Gebissabdrücke machen und bei den Zahnärzten nachfragen.“

      Lafitte nickte und schrieb.

      „Wenn die Obduktionsergebnisse vorliegen, sollte man sehen, ob sich das Gesicht aus den Resten rekonstruieren lässt.“

      „Das könnte dauern“, meinte der Assistent und wiegte den Kopf.

      „Na gut, setzen Sie den Punkt an die letzte Stelle. Wir lassen es machen, wenn alles andere nichts bringt.“

      Kapitel 6

      Henri Dupont, Chef einer Detektei in Nizza und guter Bekannter des Chefredakteurs Marius Barre, legte stirnrunzelnd den Telefonhörer auf. Barre hatte ihn mit privaten Ermittlungen im Fall Cellier betraut. Es war Henri schon lange klar, dass der Journalist von den Fähigkeiten und besonders von dem Diensteifer und der Moral der Polizei seiner Heimatstadt nicht viel hielt. Leider hatten seine eigenen Recherchen ergeben, dass der Zeitungsmann meist richtig lag, das Journal besaß ja auch einen Nachrichtendienst und seine geschützten Quellen.

      Alida, Henris Lebensgefährtin und Mitarbeiterin, sah vom Empfangstisch zu ihm hinüber, bemerkte seine besorgte Miene und fragte: „Was wollte denn der alte Marius von Dir?“

      „Ein Mordfall in der Redaktion, ein Lokalreporter namens Cellier, erst vor einer halben Stunde entdeckt. Die Bullen sind schon bei der Arbeit. Barre will, dass wir die Sache in die Hand nehmen. Du weißt ja, er traut der Polizei nicht und er traut ihr auch nichts zu.“

      „Was können wir denn in diesem frühen Stadium tun?“ fragte sie zweifelnd.

      „Na, wir könnten uns inzwischen seine Wohnung ansehen, ehe die Konkurrenz alles auf den Kopf stellt und uns die Beweisstücke entwendet. Cellier war übrigens Junggeselle und lebte allein. Barre hat mir seine Adresse gegeben.“

      Sie wandte sich dem Archiv zu: „Ich hole schon mal die Nachschlüssel.“

      Cellier hatte ein Appartement in einem Neubau nahe dem Museum für moderne Kunst. Henri parkte mangels anderer Parkmöglichkeiten auf dem Platz, der nur für Besucher des Kunsttempels bestimmt war, und sah sich um. Von seinem Standpunkt aus konnte man über die Dächer der Altstadt blicken, dahinter erstreckte sich das blaue Mittelmeer, auf dem winzig ein einsames Segelschiff fuhr. Der Anblick weckte Sehnsucht in Henri, ihm war, als schwebe dort seine Jugend vorbei, Freiheit, Weite und der Lockruf der Ferne. Wo war das geblieben? Die Abenteuer waren zur bürokratischen Routine geworden und zur Gratwanderung zwischen finanziellen und juristischen Abgründen. Das hat man davon, wenn man sein Hobby zum Beruf macht, dachte er mit bitteren Gefühlen. Aber besser als sein früheres Leben als Angestellter einer Versicherung war es auf jeden Fall. Da trat Alida zu ihm, sie gab ihm lächelnd den Schlüsselbund in die Hand. Sie war so schön und bezaubernd wie immer, und mit einem Mal waren die schwarzen Gedanken verflogen.

      Als sie vor der Tür des Appartmenthauses standen und sich fragten, wie sie unauffällig hineingelangen konnten, öffnete diese sich von selbst und ein blütenweiß gekleideter „Raumpfleger“ kam heraus; er schob einen großen Putzwagen vor sich her. Henri ließ seinen Blick flüchtig über sein Gesicht gleiten: es war ein Araber mit bräunlichem Teint, gebogener Nase, Kinnbärtchen und spähenden schwarzen Augen. Henri trat zum Lift und als er den Knopf drückte, schwenkte er sein Kinn zur Schulter, um Alida auf den Mann aufmerksam zu machen, der seine Utensilien in einem grauen Lieferwagen ohne Aufschrift unterbrachte, sich hinters Steuer setzte und davonfuhr. Der scharfe Blick des Putzmanns hatte Henris Aufmerksamkeit erregt.

      Sie fuhren in den vierten Stock, Henri bückte sich, um die Haken ins Sicherheitsschloss einzuführen, während sich Alida, wie gewohnt, vor ihn stellte, um ihn gegen neugierige Blicke abzuschirmen. Es war aber unnötig, niemand zeigte sich im Treppenhaus. Es dauerte auch nicht lange, dann gab die Tür nach, sie schlüpften hinein und schlossen sie leise hinter sich.

      Henri hielt den Finger vor den Mund, schlich durch den kleinen Flur, schaute vorsichtig in die Küche, ins Bad, ins Wohn- und ins Schlafzimmer, ehe er das Arbeitszimmer betrat und laut „merde“ rief.

      Alida

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