In seinen Händen. Natalie Bechthold

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In seinen Händen - Natalie Bechthold

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entschuldigte sich Isabels Diener bei seiner Herrin und ihrem Gast.

      „George …, du bist noch hier?!“, erkannte Major Blake den alten Mann.

      „Entschuldigt bitte, aber mit wem habe ich die Ehre?“, fragte der alte Diener ganz freundlich.

      „Erinnerst du dich nicht mehr, George? Ich war einmal als kleiner Junge hier. Vor über zwanzig Jahren. Auf der Hochzeit meines Onkels.“

      „Ach ja, ich erinnere mich. Ich nannte sie damals Schokoladenjunge. Sie konnten von der heißen Schokolade niemals genug bekommen“, lachte der ältere Mann.

      „Das stimmt und auch heute nicht“, fiel der Major in sein Lachen.

      „Ich sehe schon, George, wir werden uns gut verstehen“, klopfte der Jüngere dem Älteren kameradschaftlich auf die Schulter.

      „Zeigst du mir noch mein Zimmer?“

      „Aber sehr gern, Sir.“

      „Und sie, Miss, es ist besser, wenn sie jetzt schlafen gehen. Morgen früh werden wir alles besprechen. Ich wünsche ihnen noch eine gute Nacht!“

      „Danke, auch ihnen eine gute Nacht, Sir.“

      Und dann ließen sie sie allein im Dunkeln, vor den Stufen, stehen.

       Kalte, nackte Hände …

       … legen sich um meinen Hals und drücken zu. Ich schnappe nach Luft, doch vergeblich. Ich versuche mich mit ganzer Kraft von ihm zu befreien …, kämpfe um mein Leben, doch es gelingt mir nicht. Er ist viel stärker als ich. Er, dessen Gesicht ich sofort im Halbdunkeln erkenne. Und dann, als ich glaube, mein junges Leben sei gleich zu Ende, erwache ich.

      Isabel saß in ihrem Bett und zitterte vor Angst. Sein Gesicht sah sie noch vor sich. So kalt, wie diese Nacht. Sehe ich in ihm den Hass, den er für mich empfindet? Doch dann verschwand es vor ihrem geistigen Auge und Isabel wusste, dass er nicht hier ist und nicht hier war. Es war nur ein böser Traum. Ein Traum, der täuschend echt war und in Isabels Innerem Spuren hinterließ.

      Draußen wütete noch immer der Sturm, als wollte er nicht aufhören. Und Isabel kroch noch tiefer unter die Decke. Aus Angst vor ihrem Vormund und vor Kälte. Ängstlich lauschte sie dem heulenden Wind und zwar noch sehr lange, bis sie endlich, nach drei Uhr morgens einschlief.

      Ihr Schlaf war sehr kurz, dafür aber traumlos, wofür sie am frühen Morgen sehr dankbar war.

       Das Leben ist manchmal so …

      hart. Erst nahm es ihr im zarten Kindesalter die Mutter weg, dann den Vater, wo sie ihn noch so dringend brauchte. Und dann steht er vor ihr. Ihr Vormund. Dem sie vollen Respekt schenken und ihre Dankbarkeit zeigen muss.

      Ach, mein lieber Papa, warum musstest du ausgerechnet jetzt gehen?, fragte sich Isabel, als sie sich das Haar kämmte.

      Ihr Vater war zu seinen Lebzeiten ein liebenswerter Mann. Ein Mann, der mit seiner kleinen Größe und Fülle Lebensfreude ausstrahlte und mit seinem herzhaften Lachen andere ansteckte. Seine Untertanen liebten ihn. Schenkten ihm ihren vollen Respekt und Gehorsam. Und die gute Gesellschaft bewunderte ihn dafür.

      Isabel war sehr stolz auf ihren Vater. Gern wäre sie wie er. So streng, aber gerecht, mit unendlicher Geduld und Herzensgüte. Ein Mann, der mit Klugheit gesegnet war. Isabel sah zu ihm auf. Er war ihr Vorbild und wird es für immer bleiben. Ihr Vater, den sie über alles liebte.

      Nun ist er weg. Aus dem Leben gegangen. Hat sie alleine zurück gelassen. Es bleibt nur noch die Erinnerung. Erinnerung an ihn, gefüllt mit wunderbaren Minuten, Stunden, Tage und Jahre. Es waren schöne Jahre mit ihm. Jahre einer tiefen Freundschaft. Und jetzt sind sie zu einer Erinnerung geworden. Wie ein Album, in dem man eine Seite nach der anderen umblättert.

      Plötzlich klopfte jemand an die Tür und Isabel zuckte erschrocken zusammen.

      Es muss Betty sein. Wie lange sitze ich schon hier?, fragte sich Isabel und legte ihre Haarbürste weg.

      „Ja, bitte?“

      „Mylady, ich bin es, Betty.“

      „Komm rein.“

      Isabel nahm ihr dickes Haar und warf es sich über die rechte Schulter.

      „Sind sie schon länger wach, Mylady?“, fragte Betty, als sie das Zimmer ihrer Herrin betrat und die junge Duchess angezogen vor dem Frisierspiegel sitzen sah.

      „Sie sind schon angezogen?“, fragte Betty und sah ihre Herrin verwundert von der Seite an.

      „Ja, … ich konnte nicht länger schlafen.“

      Hat es etwas mit Major Blake zutun?, wollte Betty gleich fragen, aber dann ließ sie es doch bleiben. Manchmal ist es doch besser nicht zu neugierig zu sein. Und Isabel war ihr dafür dankbar.

      „Dann flechte ich ihnen noch ihr Haar.“

      Isabel wählte eine silberne Haarbrosche aus mit blauem Saphir und hielt sie für Betty bereit.

       Sie war allein …

      , als sie die Treppe hinunter ging. Sie war allein, als sie den Korridor entlang ging und sie war allein, als sie die Tür zum Speisesaal öffnete.

      Isabel war ganz allein, als sie ihrem Vormund begegnen sollte. Die Angst vor ihm war ihr einziger, unsichtbarer Begleiter. Aber auch sie konnte ihr die unerwünschte Begegnung mit ihm nicht ersparen. Es war ja nicht so, dass ihr Vormund, Major Blake, furchterregend aussah, sondern, es lag ganz allein an seiner Person. Seiner Ausstrahlung. Er wirkte auf sie so … herrisch. Und das machte ihr Angst. Angst mit ihm unter einem Dach zu leben und Angst vor ihrer eigenen Zukunft. Denn sie lag ganz allein in seinen Händen. Und so lange sie noch nicht volljährig war, konnte er mit ihr alles machen, was er wollte, bis hin in das Unbedenkliche. Hoffentlich wird er mich nicht verheiraten wollen, nur um mich schnell loszuwerden. Wie die meisten es so oft taten. Und das nur zum eigenen Besten.

      Nachdem Isabel die Tür zum Speisesaal geöffnet hatte stellte sie überrascht fest, dass er noch nicht da war. Erleichtert darüber schloss sie die Tür hinter sich und setzte sich auf ihren Platz. Drei Brotkrümel auf dem Platz neben ihr, an der Stirnseite, verrieten ihr, dass der Platz abgeräumt sein muss. Also war er hier. Noch vor mir. Erleichtert darüber und zugleich verletzt fragte sie sich, warum er nicht mit ihr frühstücken wollte. In dem Haus ihres Vaters kannte sie es nicht anders. Denn es war eine Tradition, dass der Gastgeber mit seinem Gast hier speiste. Warum nicht er mit mir?

      Isabel schnitt ein Brötchen auf. Es war noch warm. Frisch aus dem Backofen. Und strich Aprikosenmarmelade darüber. Für seine Abwesenheit sollte ich ihm lieber dankbar sein. Und biss genüsslich hinein. Sie liebte diese Marmeladensorte, mit Aprikosen aus dem eigenen Garten, und konnte niemals genug davon bekommen. Dazu trank sie noch einen warmen Kakao.

      Dann, als Isabel glaubte, sie wäre heute allein, weil ihm ein Termin kurzfristig zuvorgekommen ist, würde ihm somit nicht begegnen, kam George herein. Sein Kommen war für Isabel eigentlich nichts Ungewöhnliches, das tat er ja immer nach einer Mahlzeit.

      „Guten Morgen,

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