Wir retten die Falschen. Eric Bonse

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Wir retten die Falschen - Eric Bonse

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Aber davon will man in Berlin natürlich auch nichts wissen.

      Ende eines Geschäftsmodells

      25. März 2013 - Die Eurogruppe wickelt Zypern ab

      Zypern und die Eurogruppe haben sich in letzter Minute auf ein Hilfspaket geeinigt. Doch nach dieser Rettungsaktion wird Europa nicht mehr dasselbe sein. Mit Bail-in und Zwangsabgabe, EZB-Ultimatum und Kapitalkontrollen ist Willkür in die Währungsunion eingezogen. Und die deutsche Dominanz ist stärker denn je.

      An Zypern wird gerade ein Exempel statuiert. Die Frage ist nur, welches. Nach neuer deutscher Lesart geht es darum, ein untragbar gewordenes „Geschäftsmodell” abzuwickeln. Mit Geldwäsche, Steuerbetrug und Zocker-Geschäften soll ein für allemal Schluss sein.

      Finanzminister Schäuble gibt sich nicht zuletzt deshalb so hart, weil er von SPD und Grünen getrieben wird. Es ist schließlich Wahlkampf in Deutschland, jeder möchte einmal Schulmeister spielen.

      Doch in Wahrheit geht es schon längst nicht mehr darum, die „Russen-Mafia“ zu bändigen oder der Insel ein „neues Geschäftsmodell“ zu verpassen (welches denn?). Das sind bloß Nebenkriegsschauplätze.

      Das eigentliche Exempel wird nämlich nicht an Zypern, sondern an ganz Europa durchexerziert. Es zeigt, was passiert, wenn sich die Eurochefs zu Herren über Politik und Wirtschaft ganzer Länder erheben.

      Die versuchte Zwangsenteignung der zyprischen Sparer war dabei nur der Anfang. Kaum dass der offenbar in Berlin ausgeheckte Angriff auf die Sparer abgewehrt war, kam gleich die nächste Attacke, diesmal aus Frankfurt.

      Die Europäische Zentralbank setzte Zypern die Pistole auf die Brust und stellte ein Ultimatum: Bis zum heutigen Montag muss Nikosia einlenken, sonst wird der Geldhahn zugedreht. Zudem forderte sie Kapitalkontrollen auf der Insel.

      In der Praxis ist der Euro auf Zypern damit nichts mehr wert; die Insel ist vom Zahlungsverkehr der Eurozone abgeschnitten. Zudem hat die EZB ihre eigene Maxime verraten, alles zu tun, um den Euro und seine Mitglieder zu retten.

      Und das ohne Not: Denn nachdem die Stützung der Pleite-Insel bereits um neun Monate verschleppt wurde (der Hilfsantrag kam schon im Juni 2012), kommt es auf einen Tag mehr oder weniger nun auch nicht mehr an.

      Auch die Eurochefs handeln willkürlich. Willkürlich sind die Summen, die sie als „Eigenbeteiligung” fordern. Willkürlich ist ihr Eingriff in die zyprische Wirtschaftsstruktur. Selbst Luxemburg ist deswegen sauer.

      Zudem lenken sie davon ab, dass sie geschworen hatten, den Teufelskreis zwischen Banken- und Staatsschuldenkrise zu durchbrechen. Dies wurde sogar auf EU-Gipfeln beschlossen - und gleich durchlöchert.

      Von den Folgen dieser Willkür dürfte sich Europa nicht so schnell erholen. Die „Euro-Retter“ sind völlig unberechenbar geworden. Was sie gestern sagten, gilt heute schon nicht mehr. Künftig scheint alles möglich.

      Auch wenn Zypern doch noch in letzter Minute „gerettet“ wurde, so weiß nun jeder: Auf Recht und Gesetz kann man sich nicht mehr verlassen. Am Ende zählt nur, was Berlin will – und was Frankfurt zulässt.

      Aus der Währungsunion ist ein Schreckensregime geworden. Und zwar nicht nur für die Zocker auf Zypern. Wer auch immer als nächstes „gerettet” werden muss, sollte sich auf das Schlimmste gefasst machen.

      Wenn Europa ein Geschäftsmodell wäre, so würden die Kunden nun in Scharen davonlaufen. Aber der bizarre Vergleich aus der Wirtschaft hinkt – sowohl für Brüssel wie auch für Nikosia.

      Denn Zypern ist nicht etwa wegen seines Bankensektors in die Krise geraten – sondern wegen der verfehlten Griechenland-„Rettung”. Schäubles Schuldenschnitt hat Zyperns Banken ruiniert, die stark in Griechenland exponiert waren.

      Aber das darf man dem deutschen Michel natürlich nicht sagen – es ist ja Wahljahr! Und da soll bloß niemand merken, dass auch das „Geschäftsmodell” dieser Regierung überholt ist.

      Banken sollen bluten (deutsche nicht)

      14. März 2013 - Zypern wird doch noch zum Modell

      Die Strategie zur Stützung des Euro wird geändert: Künftig sollen nicht mehr Steuerzahler, sondern die Anleger bluten, wenn Banken wackeln. Das klingt gut, hat aber einen Haken: Berlin bremst gleichzeitig bei der Bankenunion, ohne die die neue Strategie keinen Sinn macht. Werden deutsche Anleger bewusst begünstigt?

      Es war ja schon lange klar, dass an Zypern ein Exempel statuiert wird. Weniger klar war, was das Ziel dieses Exempels sein sollte. Nach dem Treffen der Finanzminister in Dublin wissen wir mehr.

      Auf Zypern wurde ein neues „Rettungs”-modell getestet: Statt wie bisher die Banken und ihre Gläubiger zu stützen, sollen diese künftig zur Kasse gebeten werden. Hilfen aus dem Euro-Rettungsfonds ESM soll es nur noch im Notfall geben.

      Das klingt gut, läuft aber – wie Zypern zeigt – auf die Abwicklung missliebiger Banken und den Ausverkauf nicht folgsamer Staaten hinaus. Die Geberländer wollen so wenig wie möglich zahlen und bürden unerwünschte Lasten anderen auf.

      So wurden die knapp 6 Mrd. Euro, die die Zypern-„Rettung” zusätzlich kostet, kurzerhand den Zyprern überlassen – dabei musste die Eurogruppe um diese „unerwartete” Preissteigerung wissen.

      Es gibt sogar Hinweise darauf, dass die Geberländer auf Zypern mit der Hilfe absichtlich so lange gewartet haben, bis sie ihre eigenen Schäfchen – z.B. deutsche Investitionen – klammheimlich ins Trockene gebracht haben.

      Vor allem deutsche und französische Banken hatten offenbar genug Zeit und geheime Insider-Informationen, um ihre Pfründe auf Zypern zu sichern, wie ein hochinteressanter Beitrag auf „Cashkurs” nahelegt.

      Doch Zypern war wohl nur der Anfang. Denn parallel zum brüsken Kurswechsel bei der Bankenstützung verschärft Finanzminister Schäuble seinen Widerstand gegen die geplante Bankenunion – deutsche Banken sollen nicht bluten.

      Schon bisher sperrte sich Schäuble gegen eine direkte Rekapitalisierung von Banken aus dem ESM, wie sie vor allem Irland und Spanien fordern. Nun sträubt er sich auch gegen einen gemeinsamen Notfonds zur Abwicklung von maroden Instituten.

      Die rechtliche Basis sei zu dünn, sagte Schäuble in Dublin. Dabei hatte Berlin auf französischen Druck erst im Dezember grünes Licht für die Bankenunion und ihre Elemente gegeben – wozu auch ein Abwicklungsmechanismus zählt.

      In der Praxis läuft der deutsche Widerstand darauf hinaus, dass ab sofort nur die Gläubiger von Banken in Krisenländern bluten sollen, nicht aber jene in Geberländern wie Deutschland. Solidarität? Fehlanzeige.

      Setzt sich Schäuble durch, dürfte dies die Kapitalflucht aus dem Süden gen Norden weiter anheizen. Für Spanien gäbe es dann kaum noch Hoffnung, auch in Italien könnte sich die Krise verschärfen.

      Nachruf auf die Bankenunion

      11. Juli 2013 - Berlin blockiert gemeinsame Abwicklung

      Die vor einem Jahr beschlossene Bankenunion ist klinisch tot. Die Bundesregierung hat den zweiten wichtigen Pfeiler, ein gemeinsames Abwicklungs-Regime, brüsk zurückgewiesen. Deutsche Sparer sollen nicht

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