Wir retten die Falschen. Eric Bonse

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Wir retten die Falschen - Eric Bonse

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Deutschland steht auf der Gewinner-, Italien auf der Verliererseite – egal, ob nun der Multimillionär Berlusconi oder der Goldman-Sachs-Experte Monti regieren.

      Man sollte erwarten, dass die Politik gegensteuert – und alles daran setzt, die Spreads zu senken und die Spaltung zu vermeiden. Doch das Gegenteil ist der Fall. Merkel stützt sich auf die Märkte, um die deutsche Dominanz in Europa zu festigen. Alle Vorschläge, das Problem an der Wurzel zu packen – durch Eurobonds oder entschiedene Interventionen an den Anleihemärkten – lehnt sie ab. Macht und Märkte gehen so eine Allianz ein, Merkel nützt die Angst vor dem Eurocrash zu ihren Gunsten.

      Unsere grünen und liberalen „Experten“ sehen dies aber ganz anders. Joffe behauptet, Deutschland sei zum „guten Hegemon“ berufen, die Macht sei Merkel sozusagen in den Schoß gefallen. „Es rollten keine Panzer, sondern nur deutsche Euro. Die schärfsten Waffen im Arsenal der Kanzlerin? Mal das gestrenge Wort, mal der offene Geldbeutel – und dazwischen die unermüdliche Diplomatie.“

      Der deutsche Euro rollt? Erstens ist der Euro nicht deutsch, und zweitens sind die Finanzhilfen keine Geschenke, sondern Darlehen, die es nur gegen knallharte Auflagen gibt und die mit Zins und Zinseszins zurückzuzahlen sind. In den Auflagen, die Griechenland gerade ins Desaster führen, steckt die Macht, und in den Zinsen der Markt. Und an wen gehen die Zinsen? An den Bund und an die deutschen, französischen u.a. Banken, die Griechenland Geld geliehen haben. Die Griechen sehen davon so gut wie nichts, der Bund profitiert.

      Das ist der Mechanismus, der Europa seit zwei Jahren kaputt macht.

      Doch bei Ex-Außenminister Fischer wird daraus – Achtung, Dialektik! – eine wunderbare List der Vernunft, die nicht etwa hinter dem Rücken der Politik, sondern durch die unsichtbare ordnende Hand der Märkte wirkt. Ihn interessiert natürlich nicht Griechenland, wo Macht und Markt besonders schlimm wüten, sondern Italien, wo sein Lieblingsfeind Berlusconi endlich weg vom Fenster ist: „Es war nicht die Politik, die Berlusconi gestürzt hat, das taten die Märkte. Und es war auch nicht die Politik, welche die Tür zur Fiskal- und danach zur politischen Union geöffnet hat, auch hier waren die Märkte am Werk.”

      Das ist wirklich starker Tobak. Mag sein, dass „die Märkte“ Berlusconi gestürzt haben, wie der Ex-Grüne behauptet (ich denke, Merkel hatte auch ihre Finger im Spiel, so schreibt es z.B. das „Wall Street Journal“). Aber dieselben Märkte machen eben auch Monti das Leben schwer – und das, obwohl dieser angeblich die Märkte versteht und alles richtig macht.

      Und die Fiskalunion, die Fischer als „Stabilitäts- und Haftungsunion“ preist (warum, bleibt schleierhaft), wurde nun wirklich nicht von Ackermann & Co. konzipiert. Sie kommt aus dem Kanzleramt und dient einzig und allein dem Zweck, Europa eine Fiskaldisziplin aufzuoktroyieren, die Deutschland offenbar selbst nicht einhalten kann .

      Früher hatte Fischer mal den Ruf, ein knallharter Machtpolitiker zu sein. Auf seine alten Tage versucht er sich nun – ähnlich wie Joffe – als philosophierender Historiker. Da Ergebnis überzeugt mich nicht nicht…

      Die Brandbeschleuniger

      18. Januar 2012 - Die Rolle der Ratingagenturen

      Die Ratingagenturen sind doch nicht so mächtig, wie sie gerne vorgeben. Trotz der umstrittenen Herabstufung durch Standard & Poor‘s konnte der Euro-Rettungsschirm EFSF problemlos 1,5 Milliarden Euro an den Kapitalmärkten aufnehmen. Die Händler hätten die Downgradings längst erwartet, S&P laufe der Entwicklung hinterher, hieß es zur Begründung. Doch schon droht der nächste Rundumschlag – diesmal von Fitch.

      Für den Moment hat sich die Lage in Euroland wieder beruhigt. Der auf 440 Milliarden Euro ausgelegte EFSF verfügt nach dem erfolgreichen Marktgang über genug Geld, um wie bisher Irland und Portugal zu stützen. Die Mittel reichen auch noch aus, um das geplante neue Hilfsprogramm für das Not leidende Griechenland mit 150 Milliarden Euro zu finanzieren. Der Fonds sei handlungsfähig, betonte Eurogruppenchef Juncker.

      Lag Standard & Poor‘s also daneben, geht die Euro-Rettung ungestört weiter? Ganz so einfach ist es dann doch nicht. Als der EFSF 2010 aufgebaut wurde, war er als abschreckende Brandmauer gedacht, die eine Ausweitung der Eurokrise verhindern sollte. Dieses Ziel wurde klar verfehlt: Italien und Spanien rutschten trotzdem in die Krise – und für eine Rettung dieser beiden großen Euroländer ist schlicht nicht genug Geld da. Auch die Idee, den EFSF mit einem Finanzhebel aufzublasen, ist de facto gescheitert.

      Zudem ruhen die Hoffnungen der Euro-Retter nun mehr denn je auf Deutschland. Wenn sich die Krise also doch noch verschärft, werden sich alle Blicke nach Berlin wenden. Bundesfinanzminister Schäuble hat vorsichtshalber schon einmal erklärt, er denke nicht daran, den EFSF aufzustocken. Auch sonst blockt Schäuble jede Debatte über die Euro-Rettung ab.

      Doch lange lässt sich das Denkverbot wohl nicht durchhalten. Wenn die nächsten Herabstufungen kommen – Fitch plant schon den nächsten Rundumschlag – wird die Debatte wieder aufleben. Die schlechten Ratings wirken also nicht unmittelbar, aber doch schleichend – ähnlich wie ein Brandbeschleuniger.

      Und obwohl man dies in Berlin und Brüssel weiß, streiten die Euro-Retter bei jedem Aufflammen der Krise aufs Neue. Diese zögerliche Haltung wiederum nehmen die Analysten von S&P und den anderen US-Agenturen zum Anlass, erneut schlechte Noten zu verteilen, so wie beim letzten Mal: Auch die jüngsten Downgradings wurden mit der unentschlossenen EU-Politik begründet.

      Und der nächste Streit zeichnet sich schon ab: Italiens Regierungschef Mario Monti forderte mehr Hilfe von Deutschland beim Kampf gegen die Krise. Im Gegenzug zu den Sparplänen seiner Regierung müsse Berlin nun auch bei der Finanzierung der Schulden helfen, so Monti in der „Financial Times“. Neben Gemeinschaftsanleihen („Eurobonds“) käme auch eine Aufstockung der Rettungsschirme in Frage.

      Es sei auch im wohlverstandenen Interesse Berlins, mehr zu tun, mahnte Monti, denn sonst drohe ein Anwachsen der Deutschlandfeindlichkeit. Die Antwort von Kanzlerin Merkel: Sie wisse gar nicht, was Monti eigentlich meine…

      Anomalien der Eurokrise

      17. April 2012 - Volatile Anleihen, stabiler Euro

      Die Eurokrise hat ein neues, potentiell zerstörerisches Stadium erreicht, warnt der Investor und Finanzmarktkritiker G. Soros. Wegen der rasant steigenden Renditen auf dem Anleihemarkt steht vor allem Spanien auf der Kippe. Doch wieso steigen die Risikoaufschläge so schnell, wieso droht auch Italien die „Ansteckung“, und wieso erholt sich gleichzeitig der Euro? Dies sind nur einige der zahlreichen Anomalien der Eurokrise, die in Brüssel kaum diskutiert werden.

      Die Risikoaufschläge für Spanien haben gestern wieder die kritische Marke von sechs Prozent überschritten. Damit sei die Krise erneut in ein „akutes“ Stadium übergegangen, warnt der Thinktank „Re-define“. Doch wieso steigen die Renditen so schnell? Gestern gab es weder gute noch schlechte Nachrichten aus Madrid; offenbar machen sich die Märkte selbst Angst und lösen so eine negative Rückkoppelung aus.

      Dagegen müsste die Eurogruppe vorgehen, z.B. mit einer massiven und zeitnahen Intervention der EZB oder Hilfe aus dem Rettungsschirm EFSF. Doch sie tut es nicht. Genauso wenig unternimmt sie gegen die so genannte „Ansteckung“ auf den Märkten, die diesmal vor allem Italien trifft. Bis auf ein paar empörte Äußerungen über die „Übertreibung“ der Spekulanten und wüste Anschuldigungen aus Rom nach Madrid tut sich nichts. Die Eurogruppe starrt wie das Kaninchen auf die Schlange, und die Investoren warten auf „News“, um ihren Angriff auf den Euro fortzusetzen.

      Dazu eine interessante Einschätzung von „zerohedge", der die Märkte

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