Wir retten die Falschen. Eric Bonse

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Wir retten die Falschen - Eric Bonse

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als Wahlen. Einen ersten Hinweis darauf gab es bereits, als Merkozy im Herbst ein geplantes griechisches Referendum zurückwiesen (was sich im Nachhinein als Fehler erwies, es hätte ihnen später viel Ärger erspart). Offensichtlich wurde die Demokratie-Phobie aber erst letzte Woche, als Finanzminister Schäuble allen Ernstes die Wahlen im April als Hindernis zur „Rettung“ Griechenlands darstellte und das „Modell Italien“ empfahl. Offenbar zieht man in Berlin nicht gewählte Technokraten à la Monti dem Volkswillen vor - dabei kann ohne das Volk keine „Reform“ gelingen. W. Münchau hat daher nicht ganz unrecht, wenn er den Griechen empfiehlt, den neuen Bailout abzulehnen, wenn sie ihre Demokratie retten wollen. Zum Heulen.

      Sparen und Schrumpfen vor Wachstum und Wohlstand: Von Anfang an setzten Merkel, Schäuble & Co. auf eine harte Austeritätspolitik. In Griechenland war sie regelrecht als Strafe konzipiert, in Irland und Portugal ging man etwas gnädiger und flexibler vor. Das Ergebnis war überall dasselbe: Die Wirtschaft brach ein, die Einkommen gingen zurück, die Reichen sicherten ihr Geld im Ausland, der Rest musste massive Wohlstandseinbußen hinnehmen. Damit wurden die Patienten weiter geschwächt, wie man vor allem in Griechenland und Portugal sieht. Zwar will man sich neuerdings auch um Wachstum kümmern. Doch die geplanten Reformen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit brauchen Zeit, um zu wirken. Bis dahin dürfte sich die Rezession verschärfen, die Schulden steigen weiter - ein Teufelskreis, der die gesamte „Rettung“ gefährdet.

      Bemerkenswert ist, dass sich die Politik trotz dieser beschämenden Bilanz die Hände reibt. Stolz verweist sie darauf, dass die Eurokrise eingedämmt sei, weil nun keine Pleite mehr drohe und sich die Märkte beruhigt hätten. Dabei hat die Politik es geschafft, aus der Schuldenkrise in einem kleinen Staat wie Griechenland ein existenzielles Problem für den ganzen Kontinent zu machen - und dabei auch noch so gut wie alle Grundwerte Europas zu verraten...

      21. Februar 2012 - Wem hilft das Griechenland-Programm?

      Der neue „Rettungsplan“ für Griechenland steht. Gerade noch rechtzeitig vor der drohenden Staatspleite im März haben sich die Euro-Finanzminister auf neue Milliarden-Hilfen geeinigt. Doch wem wird da eigentlich geholfen? Den Griechen bestimmt nicht. Sie müssen künftig mit niedrigeren Löhnen, weniger Kündigungsschutz, schlechterer Gesundheitsversorgung und einem massiven Ausverkauf ihres Staates leben.

      So hat es die internationale Troika gefordert, und Finanzminister Schäuble und seine europäischen Amtskollegen - allen voran Deutschlands neue Triple-A-Freunde aus Finnland und Holland - haben es den Griechen mit vielen, oft verletzenden Drohgebärden aufoktroyiert. Das war ein rücksichtsloses Diktat, kein großzügiges Hilfsangebot.

      Profitieren werden Banken, Versicherungen und Hedgefonds in Deutschland, Frankreich und Großbritannien. Bei einer Pleite hätten sie alles verloren, nun müssen sie nur auf etwas mehr als die Hälfte ihrer Forderungen verzichten - der Marktwert der griechischen Anleihen wäre noch niedriger gewesen.

      Die privaten Gläubiger, die laut Schäuble mithaften sollen, werden von diesem Deal in Wahrheit massiv begünstigt. Zudem können sie sicher sein, dass das Geld aus Griechenland beständig weiter fließt - egal, wie die im April geplanten Wahlen in Athen ausgehen. Dafür soll das neue Sperrkonto sorgen, von dem aus der Schuldendienst abgewickelt wird.

      Das ist ein schönes Geschäft für die Gläubiger, und ein ganz schlechtes für Europa. Ein Land wurde um den Preis der Selbstbestimmung und der Demokratie vor einer Pleite bewahrt, die nach Ansicht der meisten Experten früher oder später ohnehin kommt.

      Denn das ist die zweite bittere Lektion dieser heillosen „Rettung“. Zu einem nachhaltigen Abbau der Schulden trägt sie nicht bei, wie aus einem geleakten Memorandum der Troika hervorgeht. Im schlimmsten Fall wird der Schuldenstand 2020 genauso hoch sein wie heute - Griechenland bleibt ein hoffnungsloser Fall.

      Banken vor Staaten

      28. Februar 2012 - Geldschwemme für Finanzinstitute

      Die Eurokrise geht in eine neue, kritische Phase. Für die bisher geübte Politik der milliardenschweren Bailouts gibt es kaum noch eine Mehrheit, wie der Verlust der Kanzlermehrheit im Bundestag über das neue Griechenland-Paket zeigt. Erstaunlich ist dies nicht, schließlich ist diese Politik in Athen weitgehend gescheitert. Erstaunlich ist allerdings, dass die Abgeordneten gegen Bailouts für Staaten aufmucken – aber wegschauen, wenn die Banken mit Geld geflutet werden.

      Man stelle sich einmal vor, die überschuldeten EU-Staaten könnten heimlich, still und leise bei einem nicht öffentlich tagenden, niemandem Rechenschaft pflichtigen Gremium ihren Finanzbedarf anmelden. Am nächsten Tag würde das Geld nicht nur ausgezahlt, sondern auch noch mit einem Diskountzins und der ausdrücklichen Aufforderung versehen, es „arbeiten“ zu lassen – also gegen satte Aufschläge an andere Interessenten weiter zu verleihen.

      Unvorstellbar? Doch genau das passiert gerade in der EZB – allerdings nicht mit den überschuldeten EU-Staaten, sondern mit den ausgetrockneten Banken im Eurosystem. Nachdem die EZB die Banken im Dezember mit fast 500 Mrd. Euro geflutet hat, bereitet sie nun schon wieder ein zweites Geldgeschenk vor – diesmal könnte es auf die Billion zugehen. Der „Free lunch“ verhilft den Instituten zu saftigen Profiten, wie der Blicklog erklärt:

      Banken profitieren, wenn sie das billige EZB-Geld in höher verzinste Staatsanleihen beispielsweise aus Italien oder Spanien investieren. Alleine die Banken dieser beiden Staaten könnten ihre Gewinne aus dem „Free lunch” in diesem Jahr um zehn Prozent steigern, schätzen die vom „Handelsblatt“ zitierten Analysten der US-Bank Morgan Stanley.

      Während die Banken profitieren, müssen die von Bailouts betroffenen Staaten den Gürtel enger schnallen, was die Schuldenkrise weiter verschärft – siehe Griechenland. Die Geldschwemme aus Frankfurt kommt, wenn überhaupt, nur jenen Ländern zugute, die sich noch am Markt refinanzieren können – also vor allem Italien und Spanien. Eine Überwachung findet nicht statt, Auflagen müssen die Banken auch keine erfüllen.

      Was für ein Kontrast zu den drastischen Auflagen für Griechenland! Und welch Unterschied in der politischen Debatte! Während Kanzlerin Merkel, Finanzminister Schäuble und viele Abgeordnete fast täglich über die Konditionen für das Bailout plaudern, verlieren sie über das „Free lunch” für die Banken kein Wort. Dabei ist es die Kehrseite derselben Medaille.

      Doch diese Kehrseite sieht man nicht. Der politische Diskurs wird systematisch beschränkt und verkürzt – übrigens nicht nur in Berlin, sondern auch in Brüssel. Wenn das so weiter geht, wird Griechenland die Währungsunion verlassen (einen dritten Bailout wird es nicht geben, W. Münchau empfiehlt Athen bereits, sich auf einen Austritt vorzubereiten), während die Banken wieder satte Profite einfahren.

      Vielleicht war das ja auch das eigentliche Ziel der ganzen Übung?

      Und nun eine Bankenunion?

      24. Mai 2012 - Der Fiskalpakt soll ergänzt werden

      Beim EU-Gipfel wurde auch über eine koordinierte Stützung der europäischen Banken geredet. Nach einem Bericht der FTD sprachen Hollande, Merkel & Co. über mehrere Modelle, eine gemeinsame Einlagensicherung gehört auch dazu. Bisher gibt sich die Bundesregierung zugeknöpft, sie bevorzugt nationale Rettungsmaßnahmen à la Hypo Real Estate. Doch wie bei den Eurobonds ist sie in der Defensive.

      In der Fachwelt wird die Forderung nach einer Finanz- oder Bankenunion nämlich immer lauter. Angesichts des drohenden Runs auf die Banken in Griechenland und der undurchsichtigen Lage der Geldhäuser in Spanien braucht die Eurozone dringend

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