Mit Buddha im Büro. Daniela Pielke

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Mit Buddha im Büro - Daniela Pielke

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sich freuten. Mein Vater freute sich, dass ich nun auch endlich in die Rentenkasse einzahlen würde. Meine Mutter freute sich, dass ich allen gezeigt hatte, dass man auch mit einem bizarren Studiengang einen Job findet. Und meine Geschwister freuten sich, dass ich nun endlich auch arbeiten würde.

      Es war das Jahr 2006. Mein Studium in Berlin war zu Ende, und hohe Arbeitslosenquoten bestimmten die Zeitungsmeldungen. Ein Großteil meiner Freunde musste Berlin verlassen und zog einem Job hinterher. Sie lebten jetzt in langweiligen Städten mit hohen Mieten, die fast ihr gesamtes Gehalt verschlangen und fragten sich, was an dieser Rechnung nicht stimmte. Und auch ich hatte nun endlich eine Einladung zu einem Bewerbungsgespräch. Seit neun Monaten war ich auf Arbeitssuche, davon die letzten sechs Monate Hartz-IV-Empfängerin. Ich wollte mich endlich in einer Stelle einbringen, die mir sinnvoll erschien. Und ich musste endlich arbeiten, sonst würde ich noch an der menschenfeindlichen Bürokratie des Jobcenters zugrunde gehen. Jedes Mal musste ich meinem Fallmanager aufs Neue erklären, dass mein Job als Nachhilfelehrerin nur half, mich zu beschäftigen, nicht aber, mich zu finanzieren. Ich verbrachte doppelt so viel Stunden damit, ihm vorzurechnen, wie viel ich als Nachhilfelehrerin arbeitete und verdiente wie ich Nachhilfe gab. In der Summe war ich vollzeitbeschäftigt, bekam aber trotzdem Hartz-IV-Gehalt.

      Das Vorstellungsgespräch fand im allgemeinen Besprechungszimmer von Gmooh statt. Als erstes fand ich heraus, dass Gmooh wie Gmuuu ausgesprochen wird und nicht, wie ich vermutet hatte, wie Gmoo. Unweigerlich musste ich an muhende Kühe denken. Während ich mit den Leitern der Abteilungen Marketing und Au pair meinen Lebenslauf besprach, leuchtete hinter ihnen in großer roter Schrift der Satz: Ein gerader Weg führt immer nur ans Ziel. Innerlich konterte ich mit einem chinesischen Sprichwort: Umwege erweitern die Ortskenntnis. Bereits da hätte ich erkennen müssen, dass Gmooh und mein kleines Ich-Universum nicht ganz kompatibel waren.

      Wieder zu Hause, grübelte ich über das Gespräch nach. Es hatte sich herausgestellt, dass die Beratung der Au-pair-Interessenten hauptsächlich per Telefon stattfand. Nur wenige kamen persönlich ins Büro. An der Universität hatte ich die letzten Jahre im Sprachenzentrum Studenten beraten, und es hatte mir Spaß gemacht. Würde ich an telefonischen Beratungsgesprächen ebenfalls Freude haben? Irgendwie hatte ich die Abteilungsleiterin mit ihrem perfekten Dutt unsympathisch gefunden. Sie hatte zwar freundlich gesprochen, aber kühl und reserviert gewirkt. Das Gehalt war bescheiden und die Arbeitszeiten starr. Dennoch sagte ich zu, als die Einladung zur zweiten Bewerbungsrunde kam.

      Dieses Mal sollte das komplette Team anwesend sein, damit ich sie und sie mich kennenlernen konnten. Umringt von elf Gmoohlern saß ich wieder im gleichen Raum, wiederholte meinen Werdegang und beantwortete Standardfragen zu meiner Person und zu meinen vermeintlichen Stärken und Schwächen. Die Firma bestand aus elf Personen, die in vier Teams arbeiteten und dem Chef. Die zukünftigen Kollegen waren größtenteils weiblich und alle um die Dreißig. Lediglich die Gründungsmitglieder hatten die Vierzig schon überschritten und gehörten zum sogenannten Ältestenrat, der als Fünferrunde wöchentlich tagte, wie mir erklärt wurde. Der Chef befand sich noch in einem wichtigen Telefonat mit der amerikanischen Mutterorganisation, und als er endlich eintraf, musste ich meinen Lebenslauf zum dritten Mal herunterbeten.

      Die Verzweiflung, die einen überkommen kann, wenn man lange Zeit mit dem Jobcenter zu tun hat, brachte mich dazu, in diesem alles entscheidenden Gespräch zu lügen. Die letzte Frage lautete: „Unsere Firma macht jedes Jahr beim Fünf-mal-fünf-Kilometer-Teamstaffellauf mit. Würden Sie dort auch mitlaufen?“ Die Gmoohler schauten mich mit großen Augen an.

      Laufen war für mich die langweiligste und anstrengendste Sportart, die ich mir vorstellen konnte. Ich flanierte lieber. Trotzdem antwortete ich tapfer: „Nun, Laufen gehört zwar nicht zu meinen Königsdisziplinen, doch ich würde das Team natürlich auch hier sehr gerne unterstützen.“

      „Das ist schön, denn wir haben jedes Jahr Probleme, die Damenstaffel zu besetzen“, meinte die fröhlich und sportlich aussehende Fragestellerin, die sich als Cindy vorgestellt hatte. Die anderen Frauen im Raum lächelten mir gequält zu. Ich lächelte breit zurück, um meine Notlüge zu vertuschen.

      Ein paar Tage später, ich schlenderte gerade durch den Schlosspark Charlottenburg, klingelte mein Handy.

      „Wir würden Sie gerne haben“, sagte Claudia Schneider, die Frau mit dem Dutt. Ich wusste, was gemeint war und spürte Unbehagen. Meine Tage im Park waren gezählt. Dennoch hörte ich mich sagen: „Großartig, ich freue mich! Wann sollen wir den Vertrag machen?“

      Da ich sowieso in der Nähe des Büros war, ging ich gleich vorbei und unterschrieb. Meine Eile sollte mich wahrscheinlich davon abhalten, es mir noch einmal anders zu überlegen.

      „Dann genießen Sie noch die letzten Tage in Freiheit!“, sagte sie zum Abschied. Ich lachte und ahnte nicht, wie oft ich noch an ihre Worte denken sollte.

      Zwei Wochen später fing ich als Kundenberaterin im Au-pair-Team an.

      Kapitel 2

      Es waren die Wochen, in denen in Deutschland die Fußball-Weltmeisterschaft stattfand und die rückblickend als Sommermärchen bezeichnet wurden, als ich schwitzend auf einem alten Bürostuhl saß und von meiner Vorgängerin Miriam eingearbeitet wurde. Auf ihrem Oberarm prangte ein riesiges Tattoo – das Portrait einer Frau mit langer schwarzer Mähne, die ihr ähnlich sah. Ich fühlte mich von der Frau auf dem Oberarm beobachtet, so gestochen scharf wirkten ihre Augen. Während Miriam mit ihren langen, schwarz lackierten Nägeln in die Tastatur hämmerte und mir die Datenbank erklärte, bewegte sich ihr linker Oberarm so, dass es schien, als zwinkere mir das Tattoo im Schreibrhythmus zu.

      „Warum hörst du schon nach einem Jahr auf?“, fragte ich neugierig.

      „Mich zieht es wieder nach England. Ich will dort studieren.“ Dann fügte sie noch schnell hinzu: „Das ist ein guter Job! Keine Angst.“

      Die Art, wie sie das fast entschuldigend sagte, machte mich misstrauisch.

      Mein Team bestand aus Claudia und mir. Die Arbeitsteilung war klar: Sie sagte mir, was ich zu tun hatte und ich tat, was sie sagte. Immer, wenn eine Aufgabe interessant zu werden drohte, übernahm sie. Dabei wurde sie nicht müde zu betonen, dass sie, bevor Miriam gekommen war, alles selbst gemacht hatte, von der ersten Beratung über den Bewerbungsprozess und die Vermittlung bis hin zur Betreuung der Au pairs im Ausland.

      „Wieso hast du dann Verstärkung bekommen?“, fragte ich.

      „Na, weil es für einen einfach zu viel war! Ich will damit nur sagen, dass ich das hier früher alles allein gemacht habe“, sagte sie mit ihrer hohen Stimme.

      Die Aufgaben eines Kundenberaters waren klar umrissen, und so brauchte ich nichts weiter zu tun, als mich der vorgegebenen Form anzupassen. Den ganzen Tag verbrachte ich damit, vielen jungen Frauen und ein paar wenigen jungen Männern Fragen zu Au-pair-Aufenthalten und zum Ausfüllen der Bewerbungsunterlagen zu beantworten. Die Idee, als Brückenbauerin zu fungieren, die Menschen den Weg von Deutschland in ihre Zukunft als Au pair ebnet, gefiel mir. Gmooh hatte in der Stellenanzeige damit geworben, junge Menschen bei der Verwirklichung ihres Auslandstraums zu unterstützen, sie sorgfältig zu beraten und umfassend zu betreuen. Das war eine Mission, die mich ansprach. Die Stellenausschreibung versprach zudem eine abwechslungsreiche und herausfordernde Tätigkeit in einem jungen, dynamischen Team. Das klang nach einer tollen Stelle.

      Die ersten Wochen machten mir die Beratungen Spaß. Jeden Tag telefonierte ich mit auslandsbegeisterten, aufgeschlossenen Menschen in ganz Deutschland. Es kostete mich zunächst etwas Überwindung, bei fremden Leuten einfach zu Hause anzurufen. Doch sie hatten sich ja bei uns beworben und warteten auf eine Rückmeldung,

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