JUSTITIAS BRUDER. Dietmar Kottisch

Чтение книги онлайн.

Читать онлайн книгу JUSTITIAS BRUDER - Dietmar Kottisch страница 4

Автор:
Серия:
Издательство:
JUSTITIAS BRUDER - Dietmar Kottisch

Скачать книгу

immer größer, die Verzweiflung dieser Eltern wurde plötzlich zu ihrer eigenen Verzweiflung.

      Dann gingen sie in ein Cafe und unterhielten sich über den Fall.

      „Das war es schon,“ sagte sie. „Und jetzt gehen alle wieder zur Tagesordnung über, das Mädchen ist tot, die Eltern sind für ihr restliches Leben verzweifelt, und der Minister genießt diesen sonnigen Tag als freier Bürger.“

      „Wie sollte wohl der Richter entscheiden, wenn zwei Zeugen unter Eid aussagen, dass der Minister in seinem Büro saß, wenn nur ein Zeuge behauptet, dass er der Fahrer war? Und dieser Zeuge auch noch ein Obdachloser ist?“ erläuterte Oliver.

      „Aber er hat ihn gesehen, weißes, kurzes Haar, eine randlose Brille…ob Penner oder nicht, und er hat Teile des Kennzeichens gesehen, und der Computer hat daraufhin kombiniert, dass es Prauns Wagen war,“ sagte Jana.

      „ Vorsicht…gehandelt haben könnte! Vielleicht hat den Wagen ein Bekannter gefahren, der so aussieht wie der Minister,“ gab Oliver zu bedenken.

      „Das glauben Sie doch selber nicht…“ Jana wurde zornig. Lars schaute sie an: „Jana, bitte!“

      „Seltsam ist natürlich, dass man den Zeugen bestechen wollte,“ gab Oliver zu.

      „ Na also…“ sagte sie. Oliver setzte seine Kaffeetasse ab. „Klar ist, dass es für die Partei verdammt schlecht aussieht, wenn ihr Parteimitglied und Minister Praun verurteilt werden sollte. In ein paar Wochen stehen die Landtagswahlen an.“

      Alle drei schwiegen. Jana stocherte mit dem Löffel in ihrer Kaffeetasse, Oliver umklammerte mit beiden Händen sein Glas, und Lars beobachtete die anderen Gäste im Lokal.

      „ Ich komme mit dieser Ungerechtigkeit nicht klar, ich kann sie nicht akzeptieren, ich will sie nicht akzeptieren. Hier ein totes Kind, leidende Eltern und da ein Schuldiger, der nicht bestraft wird.“

      Keiner kommentierte sie. Oliver nickte.

      „Ich muss etwas unternehmen. Etwas, was die Leute aufrüttelt.“

      Oliver beobachtete sie. Sie gefiel ihm. Er spürte ihren Zorn gegen diese unglaubliche, formale Ungerechtigkeit. Und er spürte seinen eigenen Zorn.

      Gedanken kreisten in seinem Kopf, auch er kämpfte für diejenigen, die selbst keine Kraft mehr hatten. Er dachte an die Eltern, ihr Leiden und ihre Trauer. Und ihm wurde seine Erkenntnis wieder bewusst: es gibt den inneren großen Zusammenhang. Eins greift ins Andere über. Man ist sich dessen oftmals nicht bewusst, wie die unsichtbaren Fäden unser Schicksal bestimmen. Und deshalb hatte er eine Vorahnung, was Jana betraf.

      „Ich kann mir vorstellen, dass eine Tageszeitung ein Interview mit mir macht, und ich den Verdacht äußere, dass im Büro des Politikers etwas oberfaul ist.“

      Sie schaute Oliver an.

      Oliver nickte. „Nicht schlecht, der Gedanke. Wäre zwar rechtlich gesehen eine Verleumdung, weil wir es nicht beweisen können und der Typ freigesprochen wurde, aber für die Publicity ist es gut.“

      „Ich bekäme also eine Anzeige wegen Verleumdung.“

      „Sehr wahrscheinlich.“

      „ Ist mir egal, wenn es der Gerechtigkeit dient,“ bekräftigte Jana ihr Vorhaben. „Wäre es also machbar? Sie glauben auch, dass es der Minister war?“

      Oliver sah ihr in die Augen. „Ich neige dazu. Warum, kann ich nicht sagen, aber vieles spricht dafür.“

      „So eine Art Intuition?“

      „Ja, würde ich sagen.“

      Lars schaute seine Frau misstrauisch an. „Jana… du kriegst gewaltigen Ärger mit der Behörde.“

      Irgendwie schien sich etwas zu wiederholen. Ein verdrängter, schrecklicher Gedanke schoss ihr ins Gedächtnis. Es war das Fragment einer Szene. „Als ich zwölf Jahre alt war, verunglückte mein fünfjähriger Bruder tödlich. Er wurde von einem Motorrad überfahren, der Fahrer verschwand spurlos. Es ist, als ob ich ein zweites Mal so was erleben muss. Damals wurde der Fahrer überhaupt nicht erwischt, aber diesmal….“ Ihre Augen wurden feucht.

      Lars machte eine Bemerkung, die Oliver im Ton zum Kotzen fand. Ihr Mann sagte lapidar, sie solle diese alten Dinge nicht immer wieder aufwärmen.

      Olivers Schweigen war Anteilnahme an ihren Gefühlen.

      „Ich kenne jemanden bei der Tageszeitung, der würde sich bereit erklären, ein solches Interview mit Ihnen zu machen,“ sagte er.

      Jana schaute ihm in die Augen. „Sie sind auch ein Mensch, der solche gravierende Ungerechtigkeiten nicht ertragen kann, ja?“

      Oliver nickte.

      Lars schaltete sich wieder ein. „Wäre das nicht die Sache der Eltern? Ihr Kind ist getötet worden.“

      „Schau sie dir doch an, Lars, die sind am Boden zerstört, die haben keine Kraft, so was durchzuziehen.“ Sie spürte keine Lust mehr an dieser Unterhaltung, weil Lars wie ein Fremdkörper wirkte. Am liebsten würde sie sich mit Oliver alleine unterhalten.

      Sie zahlte und sagte zu Oliver. „Ich rufe Sie an, okay?“

      „Meine Nummer haben Sie. Aber warten Sie nicht zu lange, es muss schnellstens gemacht werden.“ Lars warf ihm einen kurzen feindseligen Blick zu.

      Jana spürte, dass dieser Anwalt dieselben Gefühle hatte wie sie. Dass er gegen schwerwiegende Ungerechtigkeit war. Und dass er bereit war, etwas dagegen zu tun.

      Noch am gleichen Spätnachmittag rief sie ihn an. Dann vereinbarten sie für den vierten November ein Treffen in seiner Wohnung in Frankfurt Sindlingen.

      Als Jana erschien, war noch ein anderer Mann da. Er war untersetzt, hatte eine sehnige Statur, graublaue Augen und dunkle, kurze Haare.

      „Das ist Alex Riemek. Er arbeitet als Journalist bei der Tageszeitung "Frankfurter Tages Journal". Ich habe ihm gesagt, um was es geht, und er ist einverstanden.“

      Alex Riemek gab ihr die Hand, sie zuckte leicht zusammen unter seinem kraftvollen Händedruck.

      „ Ich habe auch die Gerichtsverhandlung verfolgt,“ sagte er. „Ich mach jetzt ein Interview mit Ihnen über den Unfall und über den mutmaßlichen Fahrer, über den Zeugen, den alten Mann, und über die Aussagen unter Eid der beiden anderen Zeugen. Ich werde diese Gefälligkeitszeugen Glauburg und Kammer beim Namen nennen.“ Jana nickte. Oliver kam mit einer Kanne Kaffee und einer Kanne Tee ins Wohnzimmer.

      Riemek steckte sich eine Zigarette an und trank einen Schluck Tee. „Sie werden sich dahingehend äußern, dass Sie das Gefühl hatten, es handelt sich um verdammte Gefälligkeitsalibis. Ich werde erwähnen, dass sich die Ehefrau des Ministers geweigert hatte auszusagen, ob ihr Mann im Büro oder privat im Mercedes unterwegs war.“

      „Haben Sie die Ehefrau wirklich gefragt?“ wunderte sich Jana.

      „Ja. Wenn er zu Hause war und privat mit dem Mercedes gefahren ist, dann müsste sie es eigentlich wissen.“

      „Nicht unbedingt, aber das spielt

Скачать книгу