Namenlos oder Kreuz As... und die Morde enden nie. Angelika Nickel

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Namenlos oder Kreuz As... und die Morde enden nie - Angelika Nickel

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ging hinaus in ihren kleinen Garten. Er war winzig klein, eine Bierzeltgarnitur und ein Tisch daneben, damit war er auch bereits ausgefüllt.

      Auf Dauer würde sie hier wohl kaum wohnen bleiben wollen, dafür liebte sie Grün viel zu sehr, von daher, irgendwann würde sie sich ein Haus suchen, mit einem richtig großen Garten, in welchem sie auch Pflanzkübel würde aufstellen können. Doch für den Anfang musste es nun mal dieses tun. Zwei bis drei Jahre, das würde reichen, für einen Aufenthalt in diesem Haus, aber bis dahin wollte sie es sich trotzdem noch gemütlich machen. Wenn sie doch nur Zeit dafür hätte. Bis Lotte abends von der Arbeit nach Hause kam, mit Odin seinen Auslauf hinter sich gebracht, und sich anschließend noch eine Kleinigkeit gekocht hatte, blieb keine weitere Zeit fürs Auspacken. Manchmal gelang es ihr, einen Karton auszusortieren, Pullis auf einem Tisch aufeinandergelegt zu stapeln, aber das war´s auch schon. In ein paar Wochen hatte sich Lotte fest vorgenommen, mit dem Aufbau der Schränke zu beginnen. Pete hatte bereits versprochen, nach Feierabend vorbeizukommen und ihr dabei zur Hand zu gehen. Sie lächelte.

      Peter, er war ihr ein guter Freund geworden; und es kümmerte ihn nicht, dass sie so wenig von ihrem Leben in Sizilien erzählte. Lotte war nicht das, was man ein Tagesblatt nannte. Sie hielt sich rar mit Erzählungen, erst recht dann, wenn es um ihr eigenes Leben ging. Zuerst musste sie Vertrauen fassen, jemanden mögen, um dass sie sich einen Menschen anvertraute. Wenn sie Sorgen hatte, erzählte sie sie Odin, und ihr treuer Schäferhund hörte ihr zu, so dass sie schon einige Male in Versuchung war zu glauben, dass der Vierbeiner sie tatsächlich verstand.

      Lotte sah zu den Sternen am Himmel. Wie klar der Himmel doch war. Auch der Mond war gut zu sehen. Fast hatte er sein Rund erreicht, um wieder für so einige Spinner in der Vollmondnacht verantwortlich zu sein. Vollmondnächte, meist wurden in diesen für Lotte und ihre Kollegen die Arbeitstage weit länger als normal. Irgendetwas musste der runde Mond an sich haben, um so einige aus ihren Ecken zu locken, und Dinge anstellen zu lassen, die sie an anderen Mondnächten nicht angestellt hätten.

      Sie nahm die Bierflasche, blies die Kerze des Windlichts aus und ging zurück ins Haus. Nachdem sie überall die Rollläden heruntergelassen hatte, ging sie in ihr Schlafzimmer und machte es sich auf ihrer Matratze bequem. Für dieses Wochenende hatte sie sich fest vorgenommen, ein Bett kaufen zu gehen. Ein breites Französisches Bett, in dem sie dann quer schlafen würde.

      Lottes verschränkte die Arme unterm Nacken, schloss die Augen und schlief ein.

      In dieser Nacht träumte sie von Kreuz Assen, die alle irgendwelche Stimmen hatten und sie gehässig auslachten. Blut troff zwischen den Kreuzen hervor, Menschenstimmen kreischten vor Schmerzen, dann war alles ruhig. Viel zu ruhig, und aus dem Dunkeln schoss ein Schatten auf sie zu. Eine Gestalt, gekleidet wie ein Kreuz As. »Miststück,« schrie die Gestalt, »dieses Mal krieg´ ich dich!«

      Lotte schoss hoch. Verschwitzt lief sie ins Bad; ein paar Hände kaltes Wasser ins Gesicht, über Brust und Rücken. Jetzt ging es wieder. Anschließend holte sie sich ein Glas kalte Milch, danach legte sie sich wieder schlafen, und dieses Mal verlief ihr Schlaf ruhig und traumlos.

      Erst das gnadenlose Klingeln ihres Weckers holte sie wieder ins Leben zurück.

      Wie jeden Morgen stand Lotte auf, ging duschen, frühstückte knapp, drehte mit Odin einige Runden, bis es auch schon wieder an der Zeit war, ins Büro zu fahren.

      Bevor sie ihren feuerroten Beetle startete, nahm sie sich etwas vor, was sie unbedingt heute noch erledigen wollte; Ireen, sie musste dringendst herausfinden, wie Ireen mit Nachnamen hieß und wo sie derzeit wohnte!

      11. Die Niederkunft

      … Salvo Barutti hielt Bells Hand. »Keine Angst, Kleines, es wird alles gut.«

      Mit ihren großen blauen Augen blickte sie ihn ängstlich an. »Ich hab´ solche Angst, Babé.«

      Babé, irgendwann hatte Bell ihn so genannt. Hatte sich versprochen, als sie seinen Nachnamen sagte, und siet der Zeit war er für sie nur noch Babé. Und wenn er ganz ehrlich war, dann gefiel ihm das. Nie zuvor hatte ihm jemand einen Spitznamen gegeben. Selbst in Schulzeiten war er immer nur Salvo gewesen. Er drückte ihre Hand, hauchte ihr einen Kuss auf die Stirn. »Wenn alles vorbei ist, Bell, dann machen wir drei für ein paar Tage irgendwo Urlaub. Du kannst dir ja schon mal überlegen, wo du gerne hinwillst.«

      »Commissario, Sie müssen jetzt gehen.« Mutter Elise drängte Salvo von Bell weg. »Sie brauchen sich keine Sorgen zu machen. Bell ist in guten Händen. Die Klinik hat bereits alles für die Geburt vorbereitet. Nur, wenn sie jetzt nicht endlich ins Krankenhaus kommt, Signore Barutti, dann kommt das Kind schon hier und Sie müssen womöglich noch den Geburtshelfer spielen.« drohte sie, mit ausgestrecktem Zeigefinger, lachend.

      So blieb Salvo nichts anderes übrig, als Bell an sich vorbei zu lassen. »Ich komm´ dich im Krankenhaus besuchen, Kleines. Versprochen!«, rief er Bell hinterher, während sie von zwei Nonnen zum Krankenwagen gefürht wrude.

      Salvo fuhr nach Hause, duschte, rief danach im Präsidium an und teilte mit, dass er für heute nicht mehr zurück ins Büro kommen würde. Anschließend fuhr er zu Magdalena, die ein kleines Lädchen mit allerlei Dingen hatte. Dort kaufte er einen Steiff-Teddybären und fuhr ins Krankenhaus. Jetzt würde das Kind wohl da sein.

      Auch wenn es das Resultat einer Vergewaltigung war, hatte sich Bell in den letzten Monaten auf das Baby gefreut. Sie hatte ihre Hand auf ihren Bauch gelegt und ihn lächelnd angesehen: »Es strampelt, Babé, es strampelt.« hatte sie dann immer wieder mit Stolz gesagt und ihn mit glücklichen Augen angesehen. Die Tragödie, die zu ihrer Schwangerschaft geführt hatte, hatte sie total aus ihrem Gedächtnis verdrängt.

      Mit dem Teddybären im Arm, ging er ins Krankenhaus. Erkundigte sich nach ihrem Zimmer und fragte nach, ob das Kind denn schon geboren sei. Daraufhin bat man ihn, auf den behandelnden Arzt zu warten, der ihm mehr Auskunft geben dürfte, als die Schwester an der Rezeption.

      Salvo ging aufgeregt im Wartezimmer, in das man ihn geschickt hatte, auf und ab. Als die Tür sich öffnete und ein Arzt hereinkam, lief er sofort auf ihn zu. »Wie geht es ihr, Dottore?«

      »Calzo, Dottore Calzo.« stellte sich der Arzt vor.

      »Salvo Barutti. Commissario Barutti.« Salvo streckte dem Arzt die Hand entgegen.

      »Wenn Sie mir bitte in mein Büro folgen würde.« Dottore Calzo ging voraus, Salvo folgte ihm.

      Zwei Krankenpfleger mit einem Babykasten liefen an ihnen vorbei.

      Salvo dachte sich nichts weiter dabei, als er versuchte einen Blick auf das Baby zu erhaschen, das in dem Wärmekasten lag. So in etwa musste auch Bells Baby aussehen. Und sein Herz klopfte bei de Vorstellung vor großväterlicher Vorfreude. Denn wie ein werdender Großvater war er sich in den letzten Monaten immer mehr vorgekommen. Und es erfüllte ihn, wenn er ganz ehrlich sein sollte, mit Stolz. Bell war ihm wie eine Tochter ans Herz gewachsen. Um nichts in der Welt wollte er nochmals ein Leben ohne sie führen. Und jetzt kam auch noch Babygeschrei dazu. Wie sehr er sich doch darauf freute! Bei sich zuhause hatte er bereits ein Zimmer mit vielerlei Babysachen gefüllt. Als Wandfarbe hatte er sich für ein zartes Gelb entschieden. Gelv, mit vielen kleinen Clowns, Elefanten und Trommlern dienten als Motiv. Eine richtig schöne Kindertapete. Er hatte auch ein Bettchen und eine Wickelkommode gekauft. Salvo freute sich schon auf Bells Gesicht, wenn sie ihn zum ersten Mal mit ihrem Kind besuchen kommen würde.

      »Nehmen Sie Platz, Commissario. Bevor Sie das Mädchen sehen können, müssen wir erst miteinander reden.«

      Salvos

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