Mobbing Jäger. Rainer Rau
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Der Richter sah gelangweilt auf seine Rolex und gähnte.
Nach fünfundvierzig Minuten unterbrach er die Sitzung. Er gab eine abschließende Bewertung der Situation ab.
»Also, meine Herren. Was sind hier Fakten? Eine tote Frau, die sich selbst das Leben genommen hat. Ihre Tochter, Herr Kowalski, hat zu keiner Zeit eine Anzeige gegen die von Ihnen beschuldigten Personen erstattet. Warum nicht? Der Beweis, dass man Ihre Tochter in den Tod getrieben hat, dürfte schwerlich zu erbringen sein. Zudem hat sie sich zu keiner Zeit ihrem Vorgesetzten mitgeteilt und um Rat gefragt. Ich zweifle nicht an der Echtheit des Tagebuches. Aber die Aufzeichnungen darin ergeben kein klares Bild und sind als Beweismittel, für was auch immer, völlig ungeeignet. Mobbing ist kein Straftatbestand, wenn es nicht zu weiterführenden Situationen kommt. Findet sich kein Zeuge, der bestätigen würde, dass eine Situation vorgelegen hat, aus der ein permanentes Mobbing hervorgegangen sein könnte, welches der Anlass war, dass sich ihre Tochter das Leben genommen hat, so kann ich Ihnen keine Hoffnung auf ein Verfahren machen. Es wird nicht zugelassen. Hier steht mein Grundsatz: Urteile nach bestem Wissen und Gewissen. Mein Gewissen sagt mir, Ihnen zu raten, die Sache, so wie sie ist, auf sich beruhen zu lassen. Vor Gericht hätten Sie schlechte Karten. Beraten Sie sich mit Ihrem Anwalt. Nun muss ich Sie bitten zu gehen. Ich habe noch zu tun.«
Eberhard Kowalski war es schlecht. Sein Magen meldete sich wieder. Er stand auf und ging ohne ein weiteres Wort auf den Gang. Er suchte die Toilette auf und übergab sich.
4. Ein schlagender Richter.
Als Kowalski sich auch in den nächsten Tagen nicht beruhigte und unter massiven Beschwerden im Bauchbereich klagte, rief seine Putzfrau, die wöchentlich einmal die Wohnung reinigte, den Hausarzt an. Dieser diagnostizierte eine vegetative Störung des Magen-Darmtraktes und verschrieb ihm ein starkes Beruhigungsmittel. Kowalski übertrieb es mit der Dosierung und nahm die doppelte Menge. Zusätzlich schluckte er abends ein starkes Schlafmittel, das ihm der Hausarzt ebenfalls verschrieben hatte. Im Schlaf fantasierte er und sah seine Tochter mit dunklen Gestalten ringen. In seinen Träumen schrie sie nach ihm. Dann wachte er meistens schweißgebadet auf und schlief nicht mehr ein. Dafür war er am Tage müde und abgespannt.
Er war ein reines Nervenbündel.
Nach vier Wochen änderte sich das schlagartig. Er las beim Frühstück in der Zeitung einen Bericht über einen Prozess, in dem eine junge Lehrerin ihren Kollegen angezeigt hatte. Sie war von ihm sexuell belästigt, erniedrigt und vor anderen Menschen verspottet worden. Und das über einen längeren Zeitraum. Obwohl in diesem Fall Zeugen zu ihren Gunsten aussagten, insbesondere eine Freundin der Lehrerin, die mindestens einmal Zeugin eines Übergriffs wurde, ging das Urteil zu Gunsten des Beklagten aus. Er wurde freigesprochen.
Am Ende des Artikels wurde der Richter zitiert.
»… ist es nicht auszuschließen, dass hier von der Freundin der Klägerin ein wahrer Freundschaftsdienst erbracht wurde. Somit kann und wird der Aussage der Freundin keinerlei Glauben geschenkt und so komme ich nach bestem Wissen und Gewissen zu dem Urteil, den Angeklagten von allen ihm zur Last gelegten Vorwürfen freizusprechen.«
So kommentierte der Richter M. Werbusch sein Urteil. Dieses Urteil wurde von den zahlreichen Zuschauern als Skandal empfunden. Es brach ein Tumult im Gerichtssaal aus, worauf der Richter den Saal räumen ließ.
Kowalski schluckte. Sein Magen reagierte aber dieses Mal nicht. Sein Kopf sendete klare Befehle an alle Organe, sich ruhig zu verhalten. Jetzt musste er einen klaren Kopf bewahren. Er musste nachdenken.
Er musste nun handeln. Er wollte handeln.
Dieser Richter handelte nicht nach bestem Wissen und Gewissen. Dieser Richter stand nicht auf Seiten der Opfer. Im Gegenteil. Er ließ die Opfer noch einmal leiden. Und er ließ die Angehörigen leiden. Er hatte die Macht dazu.
Kowalski wurde in diesem Moment zum Jäger. Ihm war bewusst, dass er etwas unternehmen musste um denen zu helfen, die im Moor der Hilflosen unterzugehen drohten.
Er wollte Genugtuung für Mobbingopfer. Er wollte nun keine Gerechtigkeit mehr, er wollte Rache.
Er wurde zum Mobbingjäger.
Die Adresse des Richters stand im Telefonbuch. Kowalski zog seine Schuhe und die Jacke an und als er das Haus verlassen wollte, fragte ihn seine Nachbarin, die gerade die Treppe putzte, wo er denn hinwolle.
»Ich muss wieder unter Leute, Christina. Ich muss mal raus, ein Bierchen trinken.«
»Ja, mach das, Ebby. Das ist gut so.«
Die Nachbarin machte sich seit dem Tod von Kowalskis Frau Sorgen um ihn und da sie ebenfalls alleine lebte, machte sie sich auch etwas Hoffnung, ihm näher zu kommen.
Als er nun ein Bierchen trinken wollte, glaubte sie doch, es ginge ihm wieder so langsam besser. Sie nahm sich vor, mit ihm mal über gemeinsame Unternehmungen, wie einen Kinobesuch oder ein Essen beim Italiener zu reden. Ihr heimlicher Wunsch war es, mit Kowalski einen gemeinsamen Urlaub im Schwarzwald zu verbringen. Bei dem Gedanken daran wurde ihr sehr warm ums Herz und es kribbelte ihr in den Lenden. Dann schob sie schnell ihre lüsternen Gedanken weg, in denen sie sich ausmalte, mit Kowalski eine intime Beziehung einzugehen und widmete sich wieder ihrer Putztätigkeit.
Kowalski, der davon nichts ahnte, fuhr zu der Adresse von Richter Werbusch und beobachtete das Haus aus einiger Entfernung. Es war abgelegen, in nobler Wohngegend, der man schon von Weitem die teuren Quadratmeterpreise ansah. Hier sah man keine Menschenseele auf der Straße. Leute, die es sich leisten konnten, hier zu wohnen, ließen sich nicht auf der Straße sehen. Man sah sie im Sommer dann und wann, wenn sie in ihren offenen Cabrios zum Golfen fuhren. Es gab sogar einige Firmenbesitzer, die es sich leisten konnten, einen Chauffeur zu beschäftigen.
Als Richter stand auf Werbuschs Gehaltszettel zwar ein ordentlicher Betrag, im Vergleich zu seinen Nachbarn jedoch war er ein »armer Schlucker«. Wohl aus diesem Grund kam kein engerer Kontakt zustande. Man suchte ihn nicht und ging sich aus dem Wege.
Als es zu dämmern begann, schlich sich Kowalski auf die Rückseite des Hauses, die an ein großes Gartengrundstück grenzte und im weiteren Verlauf von einem kleinen Fichtenwald umgeben war. Vom Wohnzimmer aus hatte man einen weiten Blick über den Garten bis zum Waldrand und auf der linken Seite sah man auf die Pferdekoppel des nächsten Nachbarn.
Kowalski suchte hinter einem Baum Deckung und schaute durch das Fenster ins Wohnzimmer. Er sah die Frau des Richters, die sich gerade eine Flasche Wein geöffnet hatte und gierig ein Glas auf Ex austrank.
Der Richter war nicht zu sehen. Nach einer Weile erschien er oben auf der Treppe und kam herunter. Sein Blick war alles andere als nett, als er ihn auf seine Frau und auf die Weinflasche richtete, die doch dafür, dass sie geöffnet wurde, nichts konnte. Das Fenster war gekippt und Kowalski konnte jedes Wort verstehen.
»Während ich mich um unsere Tochter kümmere, säufst du schon am späten Nachmittag. Das ist ekelhaft!«
Sie antwortete ihm nicht und goss sich ein weiteres Glas ein.
»Ich rede mit dir! Du sollst das Saufen lassen!«
Sie trank jedoch wortlos weiter, was ihr eine schallende Ohrfeige einbrachte. Dabei ging das Glas zu Bruch und der Rotwein landete auf den Fliesen.
»Ja,