Mobbing Jäger. Rainer Rau
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»Dann frag dich doch mal, warum das so ist!«
Die kleine Tochter des Richters kam, aufgeschreckt vom Lärm der beiden, die Treppe herunter.
»Mama, was ist passiert?«
»Nichts, mein Schatz. Mir ist nur ein Glas aus der Hand gefallen.«
Martin Werbusch nahm seine Tochter bei der Hand und ging mit ihr wieder nach oben. Kowalski nahm an, dass dort die Schlafzimmer und das Kinderzimmer waren.
Frau Werbusch holte sich ein neues Glas aus der Küche und trank weiter.
Als ihr Mann später wieder das Wohnzimmer betrat, ging der Streit von vorne los. Sie musste erneut Schläge einstecken, die heftiger wurden und nun alle auf ihren Oberkörper gerichtet waren. Der Richter wollte vermeiden, dass die Schläge bei seiner Frau Spuren im Gesicht hinterließen.
Sie ertrug es erstaunlich gelassen. Es war wohl nicht das erste Mal. Durch den Alkohol wurden ihre Schmerzen gedämpft. So wehrte sie sich auch kaum.
»Ja, schlag mich nur!«
»Das will ich ja gar nicht. Aber wenn du unsere Tochter vernachlässigst, musst du eine Strafe bekommen. Die Kleine bedeutet mir alles. Und für sie tue ich alles! Für sie würde ich jemanden umbringen. Und du kannst nur noch mit dem Glas in der Hand herumlaufen. Ich muss unsere Tochter vor dir schützen. Und bei Gott, das werde ich tun! Sie ist mein größter Schatz. Und ich warne dich. Wenn ihr etwas durch deine Sauferei passieren sollte, bringe ich dich um!«
Kowalski hatte genug gehört und schlich sich wieder aus dem Gartenbereich auf die Straße. Als er im Auto saß, fasste er seine Gedanken zusammen. Der Richter würde für seine Tochter jemanden umbringen. Das hatte er nicht nur so dahingesagt. Das war ernst gemeint! Er liebte sie wirklich über alles. Er würde auch wirklich alles für sie tun. Wirklich alles?
Kowalski redete leise mit sich selbst: »Mal sehen, ob du für deine Tochter jemanden umbringen würdest!«
In Kowalski reifte ein teuflischer Plan.
In den nächsten Tagen studierte er den Tagesablauf der Familie Werbusch.
Der Richter ging morgens um acht Uhr aus dem Haus und kam um 17.00 Uhr wieder.
Seine Frau brachte die sechsjährige Tochter um 7.30 Uhr zur Schule, ging dann einkaufen oder zur Gymnastik, kochte das Mittagessen und holte die Kleine wieder von der Schule ab. Dann genehmigte sie sich einen Drink, der meist aus einem Glas hochprozentigen Schnaps bestand und stieg dann auf Wein um. So wurde das Leben erträglicher.
Aus einem Telefongespräch, das sie mit ihrer Freundin führte, entnahm Kowalski, was er schon vermutet hatte. Martin Werbusch schlug seine Frau regelmäßig. Wenn da nicht ihre Tochter gewesen wäre, hätte sie schon längst die Konsequenzen gezogen und ihn verlassen. Aber er hatte auch gedroht, ihr in diesem Falle die Tochter wegzunehmen. Er saß ja an der Quelle bei Gericht. Da hatte sie keine Chance.
Er konnte sie leicht als notorische Säuferin hinstellen. Und er hatte sogar dafür Beweise. Werbusch hatte seine Frau in einem denkbar schlechten Zustand, sie hatte fast eine Flasche Schnaps getrunken, nachdem er sie wieder einmal nach einem nichtigen Anlass verprügelt hatte, mit der Videokamera aufgenommen. Jeder, der dieses Video sah, musste zwangsläufig der Meinung sein, er habe es mit einer alkoholabhängigen Säuferin zu tun, die ihren Mutterpflichten nicht gerecht werden konnte.
Kowalski war in den letzten Tagen ruhiger und ausgeglichener und seine Nachbarin, Christina Köhler, sah es mit Zufriedenheit.
Vielleicht, so konnte sie sich vorstellen, wäre er zu einer Reise mit ihr nicht abgeneigt. Sie sollte nun allen Mut zusammennehmen und ihn fragen. Heute Abend würde sie ihn zu einem Glas Wein einladen. Sie hoffte, dass ihr die schwarze Reizwäsche, die sie vor Jahren auf einer Dessousparty ihrer Freundin gekauft hatte, noch passte.
Eigentlich hatte sie nie vorgehabt, schwarze Strapse und Netzstrümpfe anzuziehen, aber Christina wollte nicht ohne etwas zu kaufen zu einer solchen Party gehen. Für wen sollte sie sich auch aufreizend anziehen? Sie hatte auch nie vorgehabt, einen Mann in ihr Bett zu bekommen. Bis jetzt nicht. Nun aber konnte sie sich das bei Eberhard Kowalski immer öfter vorstellen. Ihre Gedanken drehten sich im Kreis: »Was ist, wenn mir das Zeug nicht mehr passt? Ach du liebe Zeit, dann muss ich noch heute zu C+A, mir etwas Neues kaufen. Rot würde mir auch gut stehen!«
Als sie später nach der Anprobe und der Erkenntnis, das alles noch passte, das Haus verließ, und ihrem Job, dem sie zweimal in der Woche im Büro eines Versicherungs agenten nachging, war Kowalski auf dem Weg in den Keller. Er suchte im Schrank, in dem die Mittel und die kleinen Geräte für den Garten und die Beete standen, nach einer gewissen Schachtel.
Er fand sie ganz hinten auf der Ablage. Dort stand sie schon seit einigen Jahren.
Nun hoffte er, dass der Inhalt noch brauchbar war. Er studierte das Etikett. Das Mittel hieß Stratagem. Auf der Schachtel stand weiter: Wirkstoff: Flocoumafen. Unter einem Totenkopfsymbol war zu lesen: Sehr giftig für Wasserorganismen. Schädlich für die Umwelt, vor allem für Tiere. Anreicherung in der Nahrungskette des Menschen. Nicht unbedacht in der Umwelt freisetzen. Achtung Kontaktgift! Unbedingt Handschuhe benutzen!
Kowalski sah kein Verfallsdatum auf der Schachtel und las den Beipackzettel.
Der Stoff kann oral, über eine Inhalation oder über die Haut (Kontaktgift!) aufgenommen werden. Bereits bei einer Temperatur von 20 °C kommt es sehr schnell zu einer toxischen Kontamination der Luft. Eine Intoxikation zeigt sich durch Übelkeit, Erbrechen, Schwindel, Müdigkeit und Kreislaufstörungen bis hin zum Schock. Bereits bei einem kurzen Kontakt kann es zu Wirkungen und Schädigungen des Blutes kommen. Es gibt nur sehr wenige Erkenntnisse über die Wirkung am Menschen. Aus diesem Grund sollte sehr sorgfältig mit dem Stoff umgegangen werden. Dosierung für Ratten und Mäuse: 20 Gramm in 1 Liter Wasser aufgelöst.
Kowalski staunte. Solche Symptome bei Hautkontakt! Das war ein starkes Mittel. Es müsste dann schon tödlich sein, wenn man es schluckte. Es war seit vielen Jahren nicht mehr frei verkäufl ich.
Kowalski hatte es schon vor Jahren bei einem Besuch der Tulpenschau in Holland in einem niederländischen Gartencenter unter der Ladentheke erstanden, nachdem er sich bei dem Verkäufer über die mangelnde Wirkung anderer Mittel beschwert hatte.
Der Verkäufer gab ihm noch genaue Verhaltensmaßregeln.
»Gehen Sie äußerst vorsichtig damit um! Sie brauchen nur wenig für die Schädlinge zu nehmen. Und tragen Sie auf jeden Fall Handschuhe.«
Er zog sich Handschuhe über und schüttete den gesamten Inhalt der kleinen blauen Kügelchen in eine Wasserflasche. Diese war nun gut zur Hälfte gefüllt. Den Rest füllte er mit Wasser auf und schüttelte die Flasche kräftig. Die Kugeln lösten sich auf und das Wasser nahm eine blaue Färbung an.
Er verstaute die Flasche im Kofferraum seines Wagens. Dann rief er am Gericht an und erfuhr durch geschicktes Erfragen die Durchwahlnummer zum Büro des Richters. Diese notierte er sich.
Im Badezimmer entnahm er dem Medikamentenschrank die Schachtel mit seinen starken Schlaftabletten und steckte sie ein. Dann fuhr er zur Wohnung des Richters. Den Wagen parkte er in einer Seitenstraße.
Die Terrassentür, die sich auf der Rückseite des Hauses befand,