monique. Reiner Kotulla

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vermuten. einfach mal was neues oder randgruppen als modemacher, fußballspieler als trendsetter oder conchita wurst, keine ahnung. eines glaube ich mit sicherheit sagen zu können, ihr ursprung liegt im südosten, in afghanistan, pakistan oder arabien. mich erinnert sie allerdings an gotteskrieger, taliban, salafisten oder aktuell an die is-kämpfer. warum das die bartmode der saison geworden ist kann zeigen, wie bedenken- oder gedankenlos manche menschen alles nachmachen, was ihnen die verblödungsindustrie anbietet.

      das war in den neunzehnhundertsechziger jahren nicht anders, denke ich. man protestierte gegen den vietnamkrieg bei jedem wetter. da trugen sie den amiparka, nicht etwa aus sympathie für die us-soldaten, sondern aus protest gegen die weltmacht, die dort das prinzip der verbrannten erde der nazi-wehrmacht kopierte, indem sie den wald, und damit die lebensgrundlage der menschen dort vergifteten, um den feind am boden besser erkennen zu können. chemische kriegführung nennt man das. und alles im namen von freiheit und demokratie.

      wie komme ich jetzt von der neuen bartmode auf den krieg in vietnam? ach ja, der parka. man trug ihn damals auch zum schutz gegen die wasserwerfer der polizei. die protestler wurden zu trendsettern. nato-oliv wurde zur modefarbe einer ganzen generation.

      das paar am nachbartisch schickt sich an, das straßencafé zu verlassen. kurz nur blickt der mann zu mir hin, als er vor seiner freundin oder frau das lokal verlässt. sie dagegen macht einen bogen, kommt an meinem tisch vorbei, sagt, kaum dass ich es verstehe: „meins auch - tschüss!“

      offensichtlich meint sie „la ape“, „die biene“, das italienische kultauto, auch als vespacar bezeichnet. das ist ein kleintransporter und ein dreirädriges rollermobil des italienischen herstellers piaggio. die ape wurde seit 1947 in italien und seit 2007 in indien hergestellt. das habe ich später im internet recherchiert.

      während ich hinüber zum hafen blicke, kommt mir in den sinn, dass man sich manchmal nur ein einziges mal im leben begegnet und sich dabei innerhalb von sekundenbruchteilen erkennt und sofort wieder verlässt.

      der hafen von cannigione. früher der liegeplatz für heimische fischer, heute jachthafen für reiche italiener und ihresgleichen aus anderen ländern, die nicht ganz so begütert sind wie die anleger in porto cervo. über den golfo di arzachene geht mein blick auf die mit bäumen und macchia bewachsenen granitberge der gallura, im norden sardiniens.

      ein roter fiat 500 passiert gerade vor meinen augen die straße. der fahrer, natürlich ein „jungtaliban“, seinen arm auf dem türrahmen liegend, blickt herüber. über dem außenspiegel hängt ein weißes höschen, wahrscheinlich seine eroberung der letzten nacht. ich trinke den rest des wassers, bezahle, steige auf meine bicicletta und radele zurück, zum campingplatz, wo mein zelt steht.

      zwei

      anderntags fahre ich erneut in die kleine stadt, um ein paar dinge einzukaufen, die es im campingladen nicht gibt. auf dem rückweg, schon an dem café vorbeigefahren, wende ich, schließe mein fahrrad am pfahl einer straßenlaterne an und setze mich aus gewohnheit an denselben tisch, an dem ich gestern gesessen habe.

      ich bin schriftsteller, wenn man jemanden der romane und kurzgeschichten schreibt, davon jedoch nicht existieren kann, so nennen will. deshalb habe ich mich auf das schreiben von reiseberichten verlegt. gereist wird trotz der krise. der massentourismus boomt, wiener schnitzel und rippchen mit kraut sind der renner auf malle und anderswo. das sogenannte bildungsbürgertum, die noch in lohn und brot stehende mittelschicht, diejenigen, die zum beispiel bei jeder gehobenen comedyshow lauthals lachen und begeistert klatschen, wenn über die pappkameraden des kapitalismus hergezogen wird, die aber dann bei der nächsten wahl doch wieder die grünen wählen, bevorzugen selbst organisierte reisen mit bildungscharakter. man informiert sich, bevor man reist, liest, hoffentlich auch meine reiseberichte. während ich so denke, ermahne ich mich: achtung mika, vorurteil. war da nicht vor ein paar tagen die nachbarfamilie? stattliches wohnmobil, er hausmeister an einer schweizer schule, sie hausfrau, der sohn im ersten lehrjahr, zimmermann.

      der sprach mich eines tages an: „sind sie schon lange hier auf dem platz?“

      „na ja“, sage ich, „vierzehn tage.“

      „und wie lange bleiben sie noch?“

      „vielleicht drei wochen.“

      „was, so lange? wie langweilig!“

      „und ihr?“

      „wir sind jetzt zwei wochen unterwegs, haben die insel einmal umrundet.“

      „und, was weißt du jetzt über sardinien?“, frage ich nach.

      „jede menge“ dabei strahlt er mich ein wenig überlegen an, „die ostküste, die westküste und morgen fahren wir weiter, nach palau, da ist dort ein großer markt. wir wollen doch etwas typisch sardisches für oma und opa mitnehmen.“

      „was denn zum beispiel?“

      „solche bronzefiguren“, erklärt er mir, „von den alten sarden.“

      „wer war denn das?“, komme ich mir inzwischen so richtig lehrerhaft vor.

      „keine ahnung, die sehen einfach super aus“, sagt er und trollt sich.

      er wird meinen reisebericht nicht lesen, wenn er denn erscheint. da steht dann auch etwas über die ureinwohner der insel, die nuragher, die man nach den von ihnen errichteten wehrburgen, den sogenannten nuraghen, so nennt. nichts schriftliches haben die hinterlassen, ein paar bronzefiguren, aus denen man heute rückschüsse auf ihr leben ziehen kann. in taiwan hergestellte nachbildungen kann man hier überall kaufen.

      der reisebericht kann warten. heute morgen, ich war aufgewacht, weil ich zur toilette musste, kam mir der gedanke, statt des reiseberichts eine kurzgeschichte zu schreiben. wieder hatte ich das bild der frau vor augen, die mich gestern im weggehen so freundlich lächelnd gegrüßt hat. was wäre, wenn ich sie heute wiedertreffen würde. dieses mal ohne begleitung versteht sich. also schwinge ich mich nach dem frühstück auf meine bicicletta, mache mich auf den weg.

      weil es für ein bier noch zu früh ist, bestelle ich mir eine flasche mineralwasser. um die idee nicht aus den augen zu verlieren, ziehe ich mein notizbuch aus dem rucksack, lege es vor mich auf den tisch. nach einem blick rundum, wenige touristen sind heute hier am hafen, schlage ich das heft auf und beginne eine erste stoffsammlung.

      plötzlich schiebt sich eine hand in mein gesichtsfeld. rote fingernägel sind das erste, was ich wahrnehme und dann das kleine modellauto, la macchina con tre ruote, l´ape, die biene, als kastenwagen mit dem logo einer italienischen ladenkette. ich hebe meinen blick: leicht schräg gestellte augen, eine gerade nase, schwungvolle rote lippen, hohe wangenknochen.

      „oben im supermarkt hab ich sie gefunden, noch nicht wissend …, da sah ich sie … „ zweimal hintereinander beendet sie einen satz nicht. in gedanken ergänze ich: sie wieder zu sehen, und dachte, schenkst sie ihm.

      „das ist nett, danke aber wollen sie sich nicht zu mir setzen?“

      sie zögert, schaut mich an, dann wieder hin zur straße, als erwarte sie jemanden.

      „nein, ich denke nicht, er kann jeden moment kommen.“

      wieder blickt sie in die richtung, wie zuvor. für einen moment glaube ich angst in ihren augen zu erkennen. plötzlich scheint sie es eilig zu haben. sie blickt auf ihre armbanduhr. „vielleicht morgen“, sagt sie und entfernt sich schnellen schrittes.

      seltsam,

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