monique. Reiner Kotulla

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monique - Reiner Kotulla

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steinbänke und darüber jeweils eine nische. auf einer tafel, oben im besucherzentrum las ich, dass in diesen nischen votivgaben, als bitten oder danksagungen an die götter abgestellt wurden. am eingang zur brunnenkammer muss ich mich klein machen, um hindurch zu kommen. treppenstufen, die so klein sind, dass sie lediglich symbolischen charakter besaßen, führen hinunter in den vollständig unter wasser stehenden raum. ich las, dass dort unten ein kanal das quellwasser durch eine vorkammer nach draußen in eine kleine höhlung ableitet. dort hat man zahlreiche bronzene opfergaben gefunden, darunter eine reihe einzigartiger statuetten.

      ich setze mich auf eine der steinbänke und versuche mich in diese zeit zurückzuversetzen, als hier menschen ihren göttern opfer darbrachten, in der hoffnung von denen dafür beschützt zu werden. wovor wohl, frage ich mich. vielleicht vor unwettern, missernten, überfällen räuberischer nachbarn?

      abgesehen davon, dass mir die lebensumstände dieser ureinwohner sardiniens weitgehend unbekannt sind, weiß ich, dass sich auch heute viele menschen aus ähnlichen gründen hilfe suchend an einen gott wenden, weil ihnen die wahren ursachen für kriege und armut unbekannte sind. warum mir in diesem augenblick der begleiter der frau aus dem café in cannigione in den sinn kommt, weiß ich nicht. vielleicht wegen des bartes, den er trug.

      zurück nach orune nehme ich einen bus und miete mich dort in einem kleinen hotel ein. um nichts von dem, was ich gesehen habe zu vergessen, setze ich mich sogleich an den tisch und notiere alles in mein notebook.

      am morgen, nach einem frühstück italienischer art, beschließe ich von meinem plan, die stadt zu erkunden, abstand zu nehmen. plötzlich zieht es mich zurück nach cannigione, lediglich einer unbestimmten ahnung folgend.

      sechs

      in palau erreiche ich den letzten bus nach cannigione. ich hoffe, das café am hafen noch geöffnet zu finden und habe glück, auch die kellnerin anzutreffen, die ich gebeten habe, mir zu helfen. sie ist dabei, stühle und tische aneinander zu ketten, um sie vor diebstahl zu schützen.

      „sie war hier, und ich habe ihr ihre nachricht übergeben“, sagt sie, als sie mich erkennt. ich bedanke mich und wünsche ihr einen schönen feierabend.

      „ach so“, sagt sie, als ich mich schon abgewendet habe, „sie war alleine hier und trug mir auf, ihnen zu sagen, dass sie sich bei ihnen meldet.“

      vor freude hätte ich die frau am liebsten umarmt. plötzlich wird mir klar, dass ich den letzten bus in richtung campingplatz verpasst habe, und nun dorthin laufen muss. die straße verläuft entlang der küste des golfo di arzachena, fjord nennt man ein solches gewässer in nordeuropa.

      tagsüber ein belebter weg erweckt er jetzt den eindruck absoluter abgeschiedenheit. hin und wieder überholt mich ein auto. anfangs bin ich versucht, den arm zu heben. ich unterlasse es, weil ich so meinen gedanken freien lauf lassen kann. die innere unruhe, die mich in oruna überkam, hat mich nicht wieder verlassen. sie war nach dem gespräch mit der kellnerin nur für eine zeit in den hintergrund geraten. diese frau, deren namen ich nicht kenne, will ich unbedingt wiedersehen. doch warum hat sie eine solche angst vor dem mann, der doch zumindest ihr freund zu sein scheint? ungezwungen hatten sie sich doch beide verhalten, als sie am nachbartisch gesessen haben, miteinander sprachen und lachten. vollkommen verändert wirkte sie dagegen am tage darauf auf mich, verängstigt. und der mann in ihrer begleitung? zugegeben, sympathisch war er mir gerade nicht. sicher kein mann der ihr besonders nahe steht, denke ich heute, noch unwissend. doch dieser typ ist offensichtlich so ein modeheini, allein des bartes wegen …

      später weiß ich nicht mehr, wie es genau passierte. bin ich, weil ich so in meinen gedanken versunken war, zu weit vom straßenrand zur straßenmitte hin abgewichen? die scheinwerfer des herannahenden autos sind aufgeblendet, das nehme ich zuerst wahr. dann den aufheulenden motor. instinktiv springe ich nach rechts, stolpere über irgendetwas, stürze einen abhang hinunter und lande im sand des hier schmalen strandes. nichts tut mir weh, als ich mich erhebe. mein erster gedanke: ein glück, sonst hätte ich sie nie wieder gesehen, wenn … . das war bestimmt keine absicht. vielleicht hat der fahrer etwas getrunken, vermute ich.

      alles ist so, wie ich es verlassen habe, mein zelt, das fahrrad und das auto. doch nichts ist mehr so, wie noch bei meiner ankunft hier vor ein paar tagen. und daran ist sie schuld, die frau mit dem wunderschönen antlitz.

      sieben

       von: monique legarde

       an: mika windhausen

       hallo mika,

       ich glaube, dass ich ihnen eine erklärung schuldig bin. sehr gerne hätte ich mich letztens zu ihnen gesetzt, mit ihnen geplaudert, und schließlich gesagt, was ich ihnen jetzt schreibe. eigentlich weiß ich gar nicht, warum ich ihnen vertraue. allein ihr offenes lächeln und wie sie das gesagt haben: mein lieblingsauto genügen mir seltsamerweise, jetzt nicht zu schreiben: tut mir leid, wir können uns nicht wiedersehen. lassen sie es mich also erklären: ich bin hier mit einem mann, den ich zu lieben glaubte. anfangs war ich mir auch meiner liebe sicher. heute weiß ich, dass das nie der fall war.

       zu hause habe ich gelogen, sagte, ich führe mit einer gruppe studierender nach sardinien, um vor ort, in san sperate die werke des bildhauers pinuccio sciola zu studieren. ich kenne sein künstlerisches schaffen aus der literatur und werde, wenn alles gut geht, zu hause ausführlich berichten können, auch wenn ich nicht in san sperate war.

       wulf dettmar, der mann, mit dem ich hier bin, und den sie gesehen haben, flößt mir inzwischen nur noch angst und abscheu ein. ich wünsche mir nichts sehnlicher, als so schnell wie möglich von hier wegzukommen.

       ich würde sie gerne treffen, aber nicht im café, sondern auf der straße, weil ich sichergehen, will nicht verfolgt zu werden. wir könnten uns, wie zufällig, am hafen begegnen. gehe ich an ihnen vorbei, ohne sie eines blickes zu würdigen, laufen auch sie bitte weite, ohne mich zu beachten. schaue ich sie aber an, können wir ein stück zusammengehen, uns unterhalten.

       ich werde morgen, also montag, nach dem einkaufen um zwölf uhr dort sein, und in richtung arzachena laufen.

       in der hoffnung, sie nicht verschreckt zu haben

       monique legarde

       ps: bitte antworten sie nicht per e-mail. ich werde diese hier sofort nach dem senden löschen.

      was hat das zu bedeuten, frage ich mich. warum hat sie angst vor diesem wulf dettmar. wusste sie nicht, auf wen sie sich da eingelassen hat? und warum muss sie zu hause die lüge mit der kunstexkursion erfinden? zumindest auf die letzte frage gibt es für mich nur eine antwort: da ist jemand, den sie belügen muss, ihr mann, ihr partner?

      wie soll ich mich verhalten? treffe ich sie, dann setze ich mich dem risiko aus, mit diesem mann aneinanderzugeraten? was verspreche ich mir von dieser begegnung? will und kann ich dieser monique legarde eine hilfe sein? die fragen begleiten mich den ganzen tag über, bringen meine pläne durcheinander und verfolgen mich bis in meine träume - albträume:

      ich befinde mich auf der straße von cannigione zum campingplatz. plötzlich höre ich hinter mir das aufheulen eines motors. ich drehe mich um, starre in scheinwerfer, die auf mich zukommen, bin unfähig, zur seite zu springen. ich schreie und werde wach. herzrasen.

      ich laufe die hafenstraße

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