Wo ist deine Heimat?. Andy Hermann

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Wo ist deine Heimat? - Andy Hermann Das Seelenkarussell

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anscheinend hat mich unser nächtlicher Spaziergang durch die Kärntner Straße an diesen damaligen Spaziergang erinnert“, versuchte Georg seiner Erzählung einen harmlosen Abschluss zu geben.

      „Das war dann wirklich ein schwerer Schlag für dich, als dir die Polizisten an der Hotelrezeption die Nachricht überbrachten“, entfuhr es Vera, die diese Szene plötzlich vor ihrem geistigen Auge sah.

      Jetzt war es an Georg, fassungslos dreinzuschauen. Er sah Vera mit großen Augen an und stammelte: „Wieso weißt du das, das habe ich dir gar nicht erzählt, aber genau so war es. Ich hatte eine Stunde umsonst gewartet, und dann kamen die beiden Polizisten zur Rezeption und fragten nach einer Vera Zimmermann. Da bin ich gleich hin und habe erfahren, dass sie tot ist.“

      „Aber wieso weißt du das?“, war Georg fassungslos.

      „Das verstehe ich auch nicht, aber es ist plötzlich wie eine alte Erinnerung, die auf einmal hochkommt, die ich aber nicht erklären kann. Und jetzt ist dieses Bild in meinem Kopf und du sagst mir, es war so. Das gibt es doch nicht.“

      Georg war einen Schritt zurückgetreten und sah Vera lange an. „Was wissen wir eigentlich über uns, viel zu wenig“, wurde er philosophisch.

      Vera war neugierig geworden und wollte mehr wissen, denn sie war von der Geschichte ganz fasziniert, fühlte aber auch eine unerklärliche Angst in sich aufsteigen.

      „Wie hat diese Vera ausgesehen, hast du ein Bild von ihr, jetzt will ich es wissen“, gab sich Vera selbstsicher und verdrängte ihre Angst.

      „Eigentlich nicht, nur irgendwo einen alten Zeitungsausschnitt, den ich mir aufgehoben habe.“

      Vera war plötzlich ganz hartnäckig: „Zeig her, ich will das jetzt wissen, jetzt gleich, sonst kann ich nicht schlafen.“ Sie war mit einmal hellwach und aufgeregt.

      Georg überlegte eine Weile und machte sich an einer der Umzugsschachteln zu schaffen, die sie immer noch nicht ausgeräumt hatten. Vera kam es so vor, die Schachtel enthielte nur Altpapier.

      Schließlich fand er eine vergilbte Seite der österreichischen Kronenzeitung mit einem Artikel über den Vorfall.

      „War gar nicht einfach, in Hamburg an diese Zeitung zu kommen. Internetzeitungen gab es damals ja noch nicht, und die anderen Zeitungen hatten kein Bild von Vera drinnen. Die Zeitung berichtete über den schrecklichen Vorfall und dass es so gar kein Motiv für den Mord gäbe.

      Vera betrachtete nachdenklich das Bild einer jungen hübschen Frau. Das Bild war aber grob gepixelt, wie es damals in den Zeitungen üblich war, und sie konnte sich an genau gar nichts erinnern. Nichts kam ihr in den Sinn. Die Frau sah ihr auch gar nicht ähnlich.

      Kapitel 14

      Einige Wochen waren vergangen, sie hatten das Thema Vera Zimmermann beide nicht mehr angesprochen. Ihr Vater hielt seither eine merkliche Distanz zu Vera und sie hatte verstanden, dass sie sich ihrem Vater nicht so einfach an den Hals werfen durfte.

      Die Vorlesungen an der Uni waren interessant, sie hatte viele neue Studienkolleginnen kennengelernt. Georg hatte in seiner Firma viel zu tun, da es dort so manche Leute gab, die dem Norddeutschen nicht wohlgesonnen waren. So kam er oft erst spät abends nach Hause in ihre Hietzinger Villenetage.

      Doch insgeheim ließ es Vera keine Ruhe. Sie wollte wissen, wieso sie diese Szene in der Hotelhalle so realistisch vor ihrem geistigen Auge gesehen hatte, obwohl Georg ihr davon doch gar nichts erzählt hatte.

      Konnte sie Gedankenlesen? War doch etwas dran an den übersinnlichen Dingen, von denen Anke immer erzählt hatte. Sie musste es herausfinden. Sie war neugierig und fand, das sei eine gute Eigenschaft für eine angehende Journalistin.

      Eines Nachmittags, Georg war im Büro, schlich sie daher in sein Arbeitszimmer zu dem Karton mit dem Altpapier. Ein wenig schlechtes Gewissen hatte sie schon, denn wer weiß, welche Liebesbriefe sie dort finden würde, die sie nichts angingen und die vielleicht peinlich waren.

      Hatte Georg Anke womöglich manchmal betrogen, wenn er auf Dienstreise gewesen war. Das wollte Vera lieber nicht wissen, aber die Neugier war stärker.

      Sie stöberte den Karton vorsichtig Blatt für Blatt durch, um die losen Papiere nicht durcheinander zu bringen.

      Hier war auch schon der Zeitungsartikel über diese Frau Zimmermann. Vera las ihn nochmals aufmerksam durch und sah sich das Bild genau an. Keinerlei Erinnerungen stiegen in ihr auf. Das Bild zeigte den Kopf einer jungen hübschen Frau und sonst nichts.

      Dann blätterte sie weiter und fand einen weiteren Artikel zu dem Vorfall. Diesmal auf Französisch aus einer belgischen Zeitung. Sie nahm das Blatt und legte es auf den Stapel der gesichteten Blätter und erstarrte.

      Panik schnürte ihr den Atem ab, ihr Herz raste und Tränen rannen über ihre Wangen. Es war also doch wahr, sie selbst musste Vera Zimmermann sein, es konnte keinen Zweifel mehr geben, auch wenn sich ihr Verstand noch immer weigerte, das anzuerkennen, aber vor ihr lag der unumstößliche Beweis.

      Sie sah eine blutüberströmte Frauenleiche, die ein knallgelbes Minikleid trug, auf einem Betonboden liegen. Die Beine standen in einem seltsamen Winkel vom Körper ab, und das Kleid war über und über mit Blut besudelt. Anstelle des Gesichtes war nur mehr eine blutige Masse zu sehen.

      Es war ein Tatortfoto in Farbe und A4 Größe. Und das Kleid war genau das Kleid aus ihren Alpträumen und aus ihrem Flash Back, als ihr Anke das gelbe Ballkleid unmittelbar vor dem Attentat zeigte.

      Die Verbindung in ihre Vergangenheit war nun so stark, dass Vera hemmungslos losschluchzte. Der Schleier des Vergessens des Vorlebens war zerrissen. Sie war nur froh, dass ihr Vater sie jetzt nicht sah, denn dann würde auch er wissen, dass sie einmal Vera Zimmermann gewesen war, auch wenn sie sich das nicht logisch erklären konnte.

      Leise hörte sie in ihrem Inneren eine bekannte Stimme, „Vera, vergiss die alten Geschichten, du lebst hier in der Gegenwart, das gelbe Kleid ist längst Vergangenheit, es betrifft dich nicht mehr, räum es weg.“

      Rasch räumte sie die Sachen wieder in den Karton und verließ so schnell wie möglich das Arbeitszimmer und die Wohnung. Sie brauchte dringend frische Luft und Ablenkung.

      Zwei Gassen weiter gab es einen Eingang in den Schlosspark von Schönbrunn. Es würde zwar bald dämmrig werden und der Park dann schließen, aber für eine Runde war noch Zeit.

      Doch bald hatte sie den gepflegten Teil des Gartens mit den schönen Beeten und Rabatten hinter sich gelassen und befand sich im bewaldeten wilderen Teil auf einem steil bergauf führenden Weg.

      Es war kühl und bewölkt und die düsteren großen Bäume, schon fast ganz ohne Laub, heiterten Vera auch nicht auf. Sie hatte keine Ahnung, wohin der Weg führte, den sie hier rasch bergauf schritt. Sie wollte nur Abstand gewinnen, und hier in der frischen Luft kam es ihr auf einmal so bedeutungslos vor, in einem früheren Leben einmal in ihren eigenen Vater verliebt gewesen zu sein. Gab es überhaupt frühere Leben oder redete sie sich alles nur ein. Vielleicht gab es eine ganz andere Erklärung, wieso sie sich an solche Dinge erinnern konnte.

      Sigrid Tatenberg kam ihr in den Sinn. Die alte Freundin ihrer Mutter, die kannte sich mit solchen Sachen aus. Sie beschloss, sie anzurufen und hatte Glück. Sigrid war erreichbar und hatte Zeit für ein Gespräch.

      So stand Vera völlig

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