Virus des Grauens. Peter Citti

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du was von mir für Pedro mit in die Klink bringen?“, fragte der Fremde, ein Mann, etwa 40 Jahre alt, mit Lederjacke, Jeans, Stiefeln; er könnte ein Dealer, ein Bulle oder einfach nur ein spanischer Rocker sein.

      „Wieso gehst du nicht selber hin?“ fragte Rapper Fred.

      „Keine Zeit mehr. Bald beginnt hier der Krampuslauf, und deshalb sind wir hier. Wir sind von einem spanischen Kamerateam“, antwortete der Fremde.

      „Okay, Pedro spricht auch viel vom Film. Was soll ich ihm bringen?“, fragte Rapper Fred.

      „Das hier.“ Der Fremde drückte Rapper Fred ein dickleibiges Buch in die Hand. „Ist gerade in Spanien erschienen.“

      Rapper Fred warf einen Blick auf das Cover, das Buch war verschweißt. „Historia del cine español“. Ja, das würde Pedro sicher interessieren, dachte sich Rapper Fred, und er versprach dem Fremden, Pedro das Buch zu bringen. Der Fremde war hocherfreut und spendierte noch 20 Euro für den Gefallen, die Rapper Fred gut brauchen konnte.

      Dann verschwand der Fremde in der Menge. Rapper Fred sah sich noch einmal um, ob er hier irgendwo ein TV-Team sehen konnte, und er sah auch einige Leute mit professionellen Kameras und Scheinwerfern herumlaufen, aber seiner Meinung nach waren es alles einheimische Filmleute oder Italiener. Egal. Der Kerl hatte ihm das Buch für Pedro gegeben und ihm einen Zwanziger extra spendiert, er würde das Buch an Pedro liefern, auch wenn es ihm jetzt etwas hinderlich war, denn es war ein äußerst dickleibiges Buch, doch es passte unter seine Jacke, und so sah er noch etwas gesetzter aus, als er es sowieso schon war – in der Klink hatte er Speck angesetzt.

      Ein Böllerschuss eröffnete den Krampuslauf.

      Auch der Angestellte Oscar und seine Freundin wurden in der Pizzeria von einem Kellner angesprochen, ob sie ein Päckchen für Pedro in die Klinik mitnehmen wollten.

      Zuerst waren die beiden etwas distanziert, aber nach einigem Hin und Her stimmten sie zu, einen neuen Roman für Pedro mit aufs Zimmer zu nehmen. Der Kellner zeigt den beiden den Buchtitel auf der Bestsellerliste der spanischen Zeitung „El País“; was sollte da eigentlich schiefgehen? Außerdem war der Roman verschweißt und ganz neu. Pedro würde sich sicher über den Nachschub an Lesefutter freuen; die Ausgabe des „El País“ hatte ihnen der Kellner auch gleich für den Patienten dagelassen, und der Kaffee ging auf Kosten des Hauses.

      Oscar und seine Freundin waren sich sicher, einen guten Deal gemacht zu haben. Das Buch war zwar ziemlich schwer, aber sie wollten ohnehin nicht zum Krampuslauf gehen, das wäre alles viel zu beschwerlich für Oscar, und seine Freundin legte keinen besonderen Wert darauf, die Rute zu spüren.

      Sie bleiben noch einige Zeit in der Pizzeria und kehrten dann in die Klinik zurück. Sie gingen jedoch nicht sofort auf die Station, sondern genehmigten sich noch einen Fruchtsaftmix in einem Café auf dem Krankenhausgelände.

      Danach verabschiedeten sie sich mit einem langen Kuss. Es sollte der letzte gewesen sein.

      Knapp vor 18 Uhr erreichte Oscar die Station und fand Pedro beim Abendessen, der hocherfreut den Bestseller entgegennahm, sofort die Verschweißung aufriss und ein paar Seiten in dem Buch las. Oscar sagte, wie er sich über das Buch freue, das soeben einen wichtigen Literaturpreis in Spanien gewonnen habe.

      Mit etwas Verspätung tauchte der Rapper Fred in der Station auf, seiner Meinung nach sei der heurige Krampuslauf totaler Mist, und deshalb sei er früher als sonst gegangen. Er gab Pedro das Sachbuch über die Geschichte des spanischen Kinos, auch darüber freute sich Pedro wieder überschwänglich, sofort hielt er einen kleinen Vortrag über die Wichtigkeit der spanischen Filmgeschichte. Was natürlich niemandem interessierte.

      Umgekehrt erkundigte sich Pedro nicht, wer ihm die Bücher besorgt und ins Krankenhaus geschickt hatte.

      Sehr wohl wurde die Buchübergabe in der Pizzeria von dem Friseurlehrling Steffi und ihrer Freundin, der Ergotherapeutin Maria, beobachtet, die das Lokal als Treffpunkt vor dem Krampuslauf vereinbart hatten. Sie grüßten Oscar samt Freundin – ein großes Lächeln, was zu einem kleinen Eifersuchtsanfall von Oscars Freundin führte.

      „Was sind das für Weiber?“, fragte die Freundin.

      „Die eine arbeitet im Friseursalon, die andere ist meine Ergotherapeutin“, antwortete Oscar. Insgeheim freute er sich über die unberechtigte Eifersucht seiner Freundin und darüber, dass er für andere Mädchen attraktiv war.

      „Woher kennst du ihn?“, fragte Steffi ihre Freundin.

      „Er ist bei uns auf der Station und macht bei mir Ergo. Er nennt mich den ‚Engel‘“, antwortete Maria.

      „Unglaublich, den ‚Engel‘“, antwortete Steffi eifersüchtig, „das hat noch keiner zu mir gesagt!“

      „Und woher kennst du ihn?“, fragte Maria.

      „Ganz einfach, er war heute im Salon, aber er hat mich keines Blickes gewürdigt, nur sein Freund hat etwas Nettes zu mir gesagt, aber der ist keiner von hier“, sagte Steffi.

      „Der ist Spanier“, antwortete Maria.

      „Woher weißt du das schon wieder?“, fragte Steffi.

      „Er ist auch bei uns auf der Station. Aber mach dir nicht zu viel aus seinen Komplimenten“, sagte Maria.

      „Wieso nicht? Er ist der einzige Mann mit Manieren in diesem Nest“, sagte Steffi.

      „Er ist auch der Verrückteste von allen“, sagte Maria.

      „Wieso?“

      „Er ist ein total Irrer“, sagte Maria.

      „Schade, zu schade, es wäre doch zu schön gewesen, endlich einen echten Latin Lover kennenlernen zu können“, sagte Steffi.

      „Spinnst du?“, fragte Maria giftig.

      „Wieso?“

      „Er ist Mitte dreißig, und du bist süße siebzehn“, antwortete Maria und gab Steffi einen Klaps auf den Po.

      „Aua! Hey, was soll das!“, schrie Steffi beleidigt.

      „So einer wie dir gehört der Hintern versohlt“, sagte Maria.

      „Wieso? Ich bin jung, ich bin schön, ich will Sex, niemand kann mich daran hindern. Okay?“, sagte Steffi.

      Die Mädels lachten und bestellten Prosecco zum Auftakt des Abends, Maria gönnte ihrer lasterhaften Freundin den Krampus.

      Der Kellner brachte Oscar das Buch und beschwatzte ihn, es für Pedro in die Klinik mitzunehmen. Oscar akzeptierte den Freundschaftsdienst.

      Der Kellner kam zur Theke zurück.

      „Was war das für eine Aktion?“, fragte Steffi.

      „Ein Buch für einen spanischen Patienten von euch“, antwortete der Kellner.

      „Und wieso geht der Buchspender nicht gleich in die Station und bringt es seinem Kumpel selbst?“, fragte Steffi.

      „Keine Ahnung, der Typ hat mir jedenfalls einen Zwanziger gegeben, damit ich einen finde, der dem Spanier das Buch bringt, und Oscar ist mit dem Spanier im selben Zimmer,

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