Virus des Grauens. Peter Citti

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wunderte sich Steffi in diesem Moment über die Passivität ihrer Freundin, die sich an der Diskussion über die seltsamen Umwege der Buchlieferung ins Krankenhaus überhaupt nicht beteiligte; normalerweise hätte die geschwätzige Maria auch Fragen und Vermutungen angestellt, heute jedoch sagte sie nichts, kein Wort. Im Gegenteil.

      Maria schien eher irgendwie nervös über irgendetwas zu sein, was diesen geheimnisvollen spanischen Charmeur betraf, der angeblich ein totaler Irrer sein sollte, den sie jedoch vor ein paar Stunden im Friseursalon als wirklich sympathischen Kerl erlebt hatte, mit dem sie sofort ins Bett gehen würde.

      Und was hatte Maria mit der Sache zu tun?

      Irgendetwas stimmte mit dieser Geschichte nicht. Irgendetwas war faul an der Sache, aber sie wusste nicht, wie und wo sie den Hebel ansetzen sollte, um Licht in die Sache zu bringen. So beschloss Steffi, die Angelegenheit heute einfach vom Krampus regeln zu lassen. Im richtigen Moment würde sie ihre verschwiegene Freundin in die Fänge des Krampusses stoßen, der ihr mit einer gehörigen Tracht Prügel aufs Hinterteil die Lügerei austreiben würde.

      Was soll’s. Maria würde ihrerseits den Krampus auf sie hetzen, um ihr die Lüste auszutreiben. Sie wären also quitt.

      Die Girls aßen noch eine Pizza für zwei, um eine Unterlage für das heutige Saufgelage zu haben, dann verließen sie die Pizzeria und schlenderten in die Innenstadt, um beim Start des offiziellen Krampuslaufs dabei zu sein.

      Im Zimmer 2 überschlug Pedro die ersten Seiten der beiden dickleibigen Bücher und sah auf den eigentlichen Inhalt der Bände. In das Buch über die Geschichte des spanischen Kinos war sorgfältig ein Rechteck ausgeschnitten worden, in dem vier geladene Pistolenmagazine und ein Schalldämpfer lagen. Er legte das Buch in die Schublade zurück und schlug den aktuellen 900-seitigen Bestseller auf, der nach demselben Modus präpariert war: In dem Buch lag eine Star Modell B, 9 mm Para, die Dienstwaffe der Guardia Civil, sie war gebraucht, eingeschossen, frisch geölt und zum Einsatz bereit.

      Pedro legte das Buch mit der Waffe in die Schublade und machte es sich auf seinem Bett bequem. Er sah auf seinem Handy online den Sender „24 Horas“ , der rund um die Uhr Nachrichten aus der spanischen Welt sendete, und wartete auf neue Anweisungen. Er wusste, dass das Team unter dem Kommando von General José Millán-Astray angekommen war und einsatzbereit in der Stadt auf den Befehl zum Losschlagen wartete.

      Die Nachtschwester kam und brachte die Medikamente für die Nacht, alle waren im Zimmer, außer diesem Säufer. Pedro verachtete den Mann als Loco und Alkoholiker, der selbst hier in der Klinik noch weitertrank. Bueno, in Spanien hätte man so ein Wrack wie dieses längst aus der Klinik gejagt, aber hier befanden sie sich in einem anderen Land, mit völlig anderen Gesetzen. Vale, selbst unter normalen Zuständen würde sich der Musiker Joe zu Tode trinken, er behauptete, selbst schon den Teufel gesehen zu haben. Bueno, Joes Drang zur Selbstzerstörung konnte heute Nacht sehr schnell beendet werden.

      Pedro schluckte die Abendmedikamente nicht.

      Er wartete, bis die Nachtschwester das Zimmer verlassen hatte, und warf die Medikamente in ein Wasserglas, in dem sich die Pillen langsam auflösten.

      Der Mann, der sich Oscar nannte und den er eigentlich mochte, schlief sofort ein; der Rapper, den er für einen drogensüchtigen Freak hielt, ging aus dem Zimmer, um im Freien eine Zigarette zu rauchen. Pedro stellte ihm das Wasserglas hin; wenn er davon trank, würde er ebenfalls sofort einschlafen. Blieb noch dieser Idiot von einem Musiker, wer weiß, wann der aufkreuzen würde, aber der war unwichtig für die Operation, die er und sein Team auszuführen hatten.

      Pedro sah auf die Uhr, es waren noch vier Stunden bis zum Beginn seines Einsatzes um Punkt Mitternacht. Bis dahin würde der Säufer wieder zurück sein, es war eine todsichere Sache.

      3. Es wird ernst

      In der Villacher Innenstadt war die erste Runde des Krampuslaufs ohne nennenswerte Zwischenfälle zu Ende gegangen. Die Familien mit Kindern gingen jetzt nach Hause, die Angsthasen verzogen sich von den engen Gassen in die Lokale, doch die echten Krampusfans rotteten sich jetzt in der Villacher Altstadt zusammen, dort, wo die Gassen zu eng für die Absperrgitter waren, dort, wo der Alkohol unkontrolliert floss; dort, wo der Punsch mit 80-prozentigem Rum gebraut wurde und kein Tropfen Tee den Glühwein verwässerte; dort, wo es den ersten echten Jagertee der Saison zu trinken gab, der aus heißem Schnaps gemacht wurde. Die Krampusse der teilnehmenden Gruppen löschten die Hitze unter den Fellen und den Masken mit eiskaltem Bier.

      Böllerschüsse krachten, gleich würde der zweite Durchgang des Krampuslaufs beginnen. Gleich würden die ersten Fetzen fliegen, gleich würden sich die ersten Raufbolde mit dem Krampus messen, gleich würden die ersten offenen Rechnungen beglichen werden.

      Unter der schwer angetrunkenen Menge in der Villacher Altstadt waren die mutigen Villacher Mädchen, die auf einen von ihren Freunden, Verehrern und Liebhabern verabreichten heißen Hosenboden warteten, lüstern, die heutige Nacht mit einer ordentlichen Portion Sex zu krönen. Zu dieser Sorte Mädchen gehörten die Friseurin Steffi und ihre Freundin Maria, Ergotherapeutin im Landeskrankenhaus Villach.

      Mit Krampusfellen und Krampusmasken tarnten sich auch die Gehörnten und die Versetzten, die heute Nacht mit den Villacher Mädchen abrechnen wollten, und diese Krampusse waren die wildesten von allen.

      Und noch eine Gruppe von entfesselten Trunkenbolden sorgte in dieser Nacht in den engen Gassen von Villach für Wirbel. Es waren die Krampusfans aus dem nahen Friaul, für die die Saufgelage in der Stadt Villach so etwas wie Heimspiele waren. Drei wichtige Termine gab es für die Tifosi: den Villacher Fasching, den Villacher Kirchtag und den großen Villacher Krampuslauf. Als jämmerlicher Idiot wurde der verspottet, der an diesen Fixpunkten im Jahr keinen Vollrausch hatte.

      In der Menge waren aber auch zwei Beamte in Zivil der italienischen Carabinieri, die für das Krampuswochenende der Villacher Polizei zur Unterstützung zugeteilt worden waren, um die Krampusgruppen aus dem Friaul und deren Fans wohlwollend, aber genau im Visier zu behalten. Es handelte sich um die Oberinspektorin Clara Malverde, genannt „das Flintenweib“, und den Brigadiere Emilio Gadda.

      Weitere Böllerschüsse krachten. Bengalische Feuer wurden entzündet. Rauchschwaden zogen durch die engen Gassen. Kuhglocken läuteten. Die erste Krampusgruppe kam vom Sammelplatz vor dem Rathaus durch die enge Gasse herunter.

      4. Das grässliche Geschrei

      In der Station der halboffenen Psychiatrie wurde die Nachtruhe durch grässliches Geschrei gestört. Eine uralte Frauenstimme beschwörte den Heiligen Johannes und rief nach der Heiligen Maria Mutter Gottes! An Schlaf war nicht mehr zu denken. Auch die vier Patienten im Zimmer 2 wurden trotz starker Medikamente geweckt. Als erster war Rapper Fred an der Tür und sah auf den Gang hinaus.

      „Was ist?“, fragte Pedro, der als einziger keine Medikamente genommen hatte.

      „Eine uralte Frau liegt am Gang und schreit ununterbrochen, neben ihr steht die Polizei“, antwortete Rapper Fred.

      „Puta madre, ¿por qué la puta Poli?“, fragte Pedro.

      „Was?“, fragte Rapper Fred, der kein Wort Spanisch verstand.

      „Wieso die verdammte Polizei?“, fragte Pedro.

      „Keine Ahnung“, sagte Rapper Fred.

      „Das ist eine Zwangseinweisung“, sagte Oscar.

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