Das Doppelkonzert. Arnulf Meyer-Piening

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Das Doppelkonzert - Arnulf Meyer-Piening

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Guido Konselmann das Schloss des Grafen Ebersbach, bog scharf rechts in die Einfahrt und passierte die mächtigen Säulen mit dem schmiedeeisernen Tor. Die weißen Kieselsteine, die den Neptun-Brunnen mit sorgfältig gepflegten Blumenrabatten einfassten, knirschten unter den Reifen. Sie hinterließen hässliche Bremsspuren, als der schwere BMW vor dem Eingangsportal zum Stehen kam. Es war spät geworden, und er war wie immer in Eile. Ein beständiger Kampf gegen die Zeit.

      Ein Diener eilte die Stufen hinunter, öffnete mit leichter Verbeugung die Fahrertür:

      - Herr Konselmann, willkommen auf Schloss Ebersbach. Ich hoffe, Sie hatten eine angenehme Fahrt.

      Der Fahrer stieg aus, reckte die müden Glieder, als wolle er eine Hantel stemmen, öffnete die hintere Wagentür, zog sein Boss-Jackett über und sagte, ohne sich umzusehen:

      - Danke, alles bestens.

      - Darf ich um Ihren Wagenschlüssel bitten?

      - Steckt, rief der Berater beiläufig über die Schulter, griff seinen Laptop und wandte sich der nach unten breit ausladenden Schlosstreppe zu. Er schien in Eile zu sein als ob er fürchtete, zum Abendessen zu spät zu kommen. Nicht, dass er Hunger verspürt hätte, aber er wollte nichts versäumen, vor allem die offizielle Begrüßung der Gäste durch den Grafen nicht. Er wollte präsent sein und gesehen werden.

      Der Diener nahm den Schlüssel. Wie selbstverständlich öffnete er den Kofferraum und nahm die Reisetaschen. Er wollte auch den Laptop nehmen, aber der Berater wehrte ab.

      - Danke, den Laptop nehme ich selbst.

      Er eilte mit elastischen Schritten die Treppe nach oben.

      Eine elegant im eng anliegenden schwarzen Abendkleid gekleidete Dame erwartete ihn an der Eingangstür. Es war Isabelle.

      - Hallo Guido, schön, dass du endlich da bist. Wir erwarten dich seit einer Stunde und waren schon etwas beunruhigt, ob dir vielleicht etwas passiert sei.

      Mit federnden Schritten eilte er die restlichen Stufen hinauf:

      - Ich freue mich, dich zu sehen. Nur eine leicht angedeutete Umarmung, als ob sie niemand sehen sollte. Nein, es ist mir nichts passiert, sagte er noch immer gehetzt, aber der Feierabendverkehr zum Wochenende ist ziemlich heftig. Sonst ist alles in Ordnung. Ich weiß, ich bin etwas spät dran. Viele Staus auf den Autobahnen haben mich behindert. Damit hatte ich nicht gerechnet.

      - Jedes Jahr wird es schlimmer – es ist Freitag. Das schöne Wetter lockt viele Menschen zum Ausflug, antwortete sie verbindlich, aber mach dir keine Gedanken, du bist nicht der Letzte. Wir erwarten noch weitere Gäste. Lass dir Zeit. Du wirst eine anstrengende Woche hinter dir haben. Entspann dich und fühl dich bei uns wie Zuhause.

      Sie winkte dem Boy, der sich diskret im Hintergrund aufgehalten hatte, gab ihm die Zimmerschlüssel und wies auf das Gepäck, das aus einem Samsonite-Koffer, einer brauen Gabbiano-Aktentasche aus weichem Rindsleder und dem unvermeidlichen Laptop bestand, den der Berater nie aus den Händen gab. Er enthielt wichtige Geschäftsunterlagen, Gesprächsnotizen, Geschäftspläne seiner Klienten, vertrauliche Bilanzen sowie Kapitalanlagen in Liechtenstein und Vaduz. Sie durften keinesfalls in fremde Hände gelangen.

      - Der Boy ging voraus: Wenn Sie mir bitte folgen wollen, ich darf Ihnen Ihr Appartement zeigen.

      Der junge Mann stieg die geschwungene Marmortreppe zwischen den goldenen Engeln hinauf und Konselmann folgte ihm. Am Ende des mit einem beigen Teppich belegten Gangs öffnete der Boy die Tür zu einem geräumigen Zimmer, in dessen Mitte ein kleiner Tisch mit Intarsien und bronzenen Beschlägen an den geschwungenen Beinen. Vier Empire-Stühle umstanden den Tisch. Darauf stand zur Begrüßung ein Sektkühler mit einer Flasche Champagner: Ebersbach Brut. Dazu zwei Sektgläser aus geschliffenem Glas. Von der langen Fahrt ermüdet, konnte er es kaum erwarten, einen erfrischenden Schluck zu nehmen. Etwas erschöpft ließ er sich auf einen Sessel fallen.

      Noch weitere Sessel, mit hell rosa gestreifter Seide bespannt, standen locker im Raum gruppiert, als erwarteten sie weitere Gäste. Ein Kamin war mit Holzstücken zum Anzünden vorbereitet, was bei den sommerlichen Temperaturen sicher nicht erforderlich war. Auf der Marmor-Umrandung eine vergoldete Uhr mit einem stolzen Reiter, ein Banner in der Hand. Wahrscheinlich ein siegreicher Heerführer nach gewonnener Schlacht. Ein Kristalllüster mit vielen Prismengläsern und mattleuchtenden Glühlampen, hing von der Stuckdecke. Die Lampen wären nicht nötig gewesen, denn an der Längsseite des Raumes befanden sich zwei Fenster, deren schwere Gardinen die Strahlen der Abendsonne abschirmten. Durch einen Spalt drang weiches, diffuses Licht in den Raum, das die verspielte Anmut des Zimmers unterstrich. Zwischen den Fenstern stand etwas verloren ein kleiner Schreibsekretär mit Einlegearbeiten aus verschiedenfarbigen Hölzern, die eine Schäfer-Szene darstellte: Ein junges Schäferpaar inmitten einer Herde von Schafen. Wie angenehm und heiter das Landleben war. Nicht zu vergleichen mit dem hektischen Leben eines Beraters. Vielleicht sollte er wirklich etwas anderes machen.

      Der Diener wartete geduldig an der Tür. Er hatte kein Trinkgeld bekommen, auf das er nicht verzichten wollte. Mit der Hand wies er auf eine Tür: Diese Tür führt zu Ihrem Schlafzimmer, die andere zum Badezimmer. Er ließ den Gast einen Blick hineinwerfen.

      - Sehr schön, danke.

      - Wenn es Ihnen recht ist, dann erwartet Sie der Graf zum Aperitif um halb acht unten im Salon.

      - Danke. Dann kann ich mich noch etwas frisch machen.

      Er konnte es kaum erwarten, den Schweiß des anstrengenden Tages abzuduschen und das Hemd zu wechseln. Es war eine lange und heiße Woche gewesen. Endlose Meetings, viele Reisen und kaum zu Hause. Termine jagten sich. Wenig Schlaf. Der reine Wahnsinn! Aber er hatte es so gewollt und beklagte sich nicht.

      Der Boy stand noch immer wartend an der Tür:

      - Und wenn Sie etwas brauchen, dann ziehen Sie bitte an dieser Schnur. Wir werden bemüht sein, Ihnen den Aufenthalt in unserem Hause so angenehm wie möglich zu gestalten, wobei er auf eine Kordel mit einer angehängten Quaste zeigte, die seitlich an der Tür hing. Damit verbeugte er sich und verließ den Raum, nachdem er ein reichliches Trinkgeld empfangen hatte.

      Der Berater hatte schon in vielen Spitzenhotels der Welt übernachtet, aber so einen Luxus hatte er noch nicht erlebt. Mit Interesse betrachtete er das Sideboard etwas genauer. Ganz sicher von Charles Boule vom Anfang des achtzehnten Jahrhunderts. Er kannte sich mit Antiquitäten aus: Schildpatt, Elfenbein und Metalle aus Zinn und vergoldeten Bronzeapplikationen, aufs Sorgfältigste mit Edelhölzern kombiniert. Kostet ein Vermögen, dachte er, für solche Möbel hatte sich der Adel damals immens verschuldet, aber Graf Ebersbach sicher nicht. Ja, so reich müsste ich sein, dann könnte ich mir auch solche Möbel leisten und jeden Abend Champagner trinken. Mit derartigen Gedanken öffnete er die Flasche, füllte sein Glas, nahm einen kräftigen Schluck, genoss das leichte Prickeln auf der Zunge. Fast etwas zu hastig leerte er das Glas und stellte es auf den gleichfalls mit Intarsien belegten Tisch zurück. Der gut gekühlte Champagner tat ihm gut, belebte seine Sinne und ließ ihn den Tag vergessen.

      Die Brokatvorhänge schob er vorsichtig auf die Seite. Ein letzter Abendgruß der Sonne zwängte sich durch den Spalt herein und gab den Blick auf den kunstvoll gestalteten und sorgfältig gepflegten Garten mit filigranen Blumenrabatten frei. Einige Statuen zierten die Ecken. Wahrscheinlich handelte es sich um griechische Götter und Göttinnen. Sicher waren auch Helden dabei, die sich ihren festen Patz in der Geschichte erobert hatten. So einen Platz an der Sonne wollte er auch gewinnen durch Stärke, Entschlossenheit und Klugheit.

      Seine Gedanken schweiften zurück in die Zeit seines Studiums, als er finanziell in sehr beengten Verhältnissen

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