Das Doppelkonzert. Arnulf Meyer-Piening

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Das Doppelkonzert - Arnulf Meyer-Piening

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Vespa, die er liebevoll pflegte.

      Eines Tages hatte er Isabelle von Stephano kennengelernt, die ihn gelegentlich als Sozia auf dem Rücksitz begleitete. Sie hatten gemeinsam den Grundlagenkurs für Finanzmathematik belegt. Verstohlen hatte er sie in den Vorlesungen angesehen und das nicht zuletzt, weil sie mit ihrem langen schwarzen Haar sehr attraktiv und dabei so unnahbar schien. Er wagte nicht, sie direkt anzusprechen, denn sie schien wohlhabend zu sein, weil sie stets sehr gepflegt, aber schwarz gekleidet war, während er ausnahmslos in seinen alten Jeans zu den Vorlesungen kam. Er litt unter dem Mangel seiner bescheidenen Herkunft und an Geld. Er hätte seine Kommilitonin gern zum Essen eingeladen oder wenigstens zu einem Drink. Aber er konnte sich keine Einladung in den angesagten Lokalen leisten. Der Besitz von Geld schien ihm ein nicht zu unterschätzender Vorzug. Er schwor sich, künftig viel Geld zu verdienen und vor allem nicht mehr arm zu sein. Darauf war vor allem sein Studium ausgerichtet, nur deshalb hatte er Betriebswirtschaft gewählt, während er am liebsten Chemie studiert hätte, doch das hätte zu lange gedauert.

      Gelegentlich traf er Isabelle in der Mensa. Sie tranken Kaffee aus einem Pappbecher. Er wollte sie kennenlernen, mehr über sie erfahren, und auch sie schien nicht abgeneigt zu sein, denn er war sportlich und gut durchtrainiert. Jedenfalls war er eine auffallende Erscheinung. Zudem zählte er zu den besten des Jahrgangs. So fanden sie schnell eine persönliche Basis. Isabelle hatte vor kurzem ihren Mann bei einem Autounfall während eines Rennens mit historischen Autos verloren. Das Fahrzeug gehörte dem Grafen Ebersbach. Die Untersuchung des Unfallfahrzeugs hatte ergeben, dass die Bremsen ihre hydraulische Flüssigkeit verloren hatten. Deshalb war er in einer Kurve ungebremst in den Abgrund gerast. Er war sofort tot. Isabelle trauerte mehrere Wochen. In dieser Zeit kleidete sie sich ausschließlich in schwarz, fand dann aber allmählich wieder zu einem normalen Leben zurück. Sie suchte neue Bekanntschaften, schien aber unnahbar.

      Guido bemühte sich um ihre Nähe, indem er ihr seine Mitschriften der Vorlesungen gab. Sie verabredeten sich zum gemeinsamen Lernen, aber das studentische Leben lockte. So legten sie die Bücher zur Seite. Die Wissenschaft konnte warten. Voller Tatendrang streiften sie durch die angesagten Lokale in Schwabing. Oft waren ihre Studien-Kollegen dabei. Insbesondere Bernd, Heinz und Günther, die nach dem Examen den Börsenzirkel: Börsengurus gegründet hatten.

      Nach wenigen Wochen traf er sich mit Isabelle zu gemeinsamen Ausflügen in die Umgebung: Sie besaß einen blauen VW-Käfer, ein unerhörter Luxus. Sie besuchten die Königsschlösser des menschenscheuen, romantischen König Ludwig II., machten Wanderungen in den Bergen oder mieteten sich ein Segelboot am Starnberger See. Sie verstanden sich gut und sie kamen sich näher. So nach und nach überwand sie ihre Trauer. Guido kaufte ihr in Mittenwald einen weiten bunten Rock und eine weiße Bluse. Sie gewann ihre natürliche Fröhlichkeit und ihr bezauberndes Lächeln zurück. Sie hatte eine Eigentumswohnung in München, während er nur eine bescheidene Studentenbude bewohnte. So ergab es sich, dass er den einen oder anderen Abendbummel in ihrer Wohnung beendete.

      Gemeinsam bereiteten sie sich auf das Examen vor. Da sie beide ehrgeizig waren, setzten sie alles daran, ein Prädikatsexamen zu erreichen. Sie schafften es. Beide bestanden ihr Examen mit einer Eins vor dem Komma. Damit gelang ihnen der Start ins Berufsleben ohne größere Probleme. Sie konnten sich die Firma aussuchen, für die sie arbeiten wollten. Ihre Wege trennten sich.

      Er begann seine Karriere als Leiter des Finanz- und Rechnungswesens in einem chemisch-pharmazeutischen Unternehmen in Niederbayern. Ein paar Jahre verbrachte er mit der Erstellung von Bilanzen und Budgets. Er langweilte sich angesichts der ständig gleichbleibenden Aufgabenstellung, suchte eine echte Herausforderung in einem anspruchsvollen Aufgabengebiet und wollte Verantwortung übernehmen. Als er für sich in der Firma keine Aufstiegschancen sah, wechselte er zu der internationalen Beratungsgesellschaft Bosko und Partner mit Sitz in Düsseldorf.

      Isabelle wurde Mitarbeiterin der Hauses Graf Ebersbach und übernahm nach kurzer Zeit die Vertriebsleitung für Weine, Champagner und Spirituosen. Sie war sehr erfolgreich. Aufgrund ihres gewinnenden Charmes bezauberte sie die Menschen, schaffte Vertrauen und nahm sie für sich ein. Sehr bald erkannte der Graf ihre Stärke in der Akquisition. Er übertrug ihr die Leitung des Champagner-Vertriebs. Die Aufgabe war ihr förmlich auf den Leib geschnitten. Die Männer suchten ihre Nähe und hofften, sie eines Tages zu besitzen. Sie aber wahrte die gebotene Distanz. Nie gestattete sie zweideutige Anzüglichkeiten in ihrer Nähe. Ihre positive Ausstrahlung hatte viel von dem elitären Produkt, das sie vertrieb. Das köstliche Prickeln des Champagners, das prickelnde Gefühl des Geldes sowie die elitäre Welt des Hochadels, der Schönen und der Reichen. Das war ihr Leben. Hier fühlte sie sich Zuhause.

      Und doch fehlte ihr etwas: Man könnte es wohl am besten mit Geborgenheit beschreiben. Darin zeigte sich ein gewisser Widerspruch in ihrer Persönlichkeit: Während sie auf der einen Seite dominant – zuweilen auch herrisch – wirkte, war sie im Innersten weich, anpassungsfähig und liebebedürftig. Diese Seite blieb weitgehend im Verborgenen, als fürchtete sie, ihre harte Schutzschicht könnte zerbrechen. Wohl auch aus diesem Grunde hatte sie niemanden, der zu ihr gehörte. Das fehlte ihr, gab ihr aber auch gleichzeitig Unabhängigkeit. Sie kannte, weil sie gut aussah und sexy war, viele Männer. Es fiel ihr leicht, Kontakt zu anderen Menschen vor allem zu Männern, aufzubauen,. Mit Frauen verhielt es sich anders, denn sie betrachteten sie in gewisser Weise als Konkurrentin; in mancher Hinsicht sogar als Bedrohung.

      Der Graf kannte und schätzte ihre unbestreitbaren Vorzüge. Er unterwies sie in der schwierigen Materie der Investmentfonds, der Steuersparmodelle und der Hedgefonds. Sie lernte schnell, und er betraute sie mit dem Verkauf von Aktienfonds, Schiffsfonds und Steuersparmodellen, die er finanzierte. Die Verbindung zwischen Champagnerverkauf und dem Verkauf von Investment-Zertifikaten war durchaus sinnvoll, denn sie bediente die gleichen oder wenigstens miteinander verwandten Kundenkreise.

      Einige Jahre arbeitete sie für den Grafen und verkaufte Schiffsfonds und Steuersparmodelle. Das Geschäft entwickelte sich zufriedenstellend, das heißt, sie verdiente gut, kaufte sich schnelle Sportwagen und extravagante Kleidung. Aber sie fühlte sich abhängig und litt unter einem beruflichen Defizit: Sie hatte nie ein größeres Unternehmen von innen kennengelernt, sie wusste nichts über die internen Mechanismen der Macht, der Organisation und der Abläufe. Im Großen und Ganzen konnte sie Bilanzen lesen, und sie wusste, dass der Gewinn auf der Passivseite der Bilanz stand, wusste aber nicht so genau warum, und wie die Zahlen zustande gekommen waren.

      Im Zuge ihrer beruflichen Tätigkeit wurde sie von ihren Kunden und Investoren immer wieder um Rat gefragt, den sie nicht wirklich fundiert geben konnte. Dieses Defizit versuchte sie auszugleichen. Daraus entstand die Gewohnheit, ihren langjährigen Freund Guido Konselmann, von dem sie wusste, dass er Unternehmensberater war, um Rat zu fragen. Daraus entwickelte sich eine Art Partnerschaft, allerdings ohne irgendwelche festen Bindungen. Dauerhafte Vereinbarungen und Bindungen wollte sie nicht eingehen, jedenfalls jetzt noch nicht. Das widersprach ihrem Wesen. Sie wollte selbständig sein und unabhängig agieren. Sie wollte niemandem Rechenschaft schuldig sein, wenn sie abends ausging oder auf Reisen ging. Und doch konnte es für sie nur von Vorteil sein, eine lose Verbindung einzugehen, in der sie in irgendeiner Form zum beiderseitigen Vorteil mit einem geeigneten Partner zusammenarbeiten würde.

      Und gerade jetzt war ein Ereignis eingetreten, das sie veranlasst hatte, über ihre berufliche und private Situation noch einmal nachzudenken: Der Graf hatte ihr angeboten, sich als Finanzmaklerin selbstständig zu machen. Das schien ihr vielversprechend zu sein. So wurde sie weitgehend unabhängig und arbeitete in ihre eigene Tasche. Sie zog nach Frankfurt um und kaufte sich eine große Eigentumswohnung.

      Seitdem waren sich Isabelle und Guido näher gekommen. Soweit es ihre Zeit erlaubte, trafen sie sich entweder in Frankfurt oder bei ihm in Düsseldorf. Isabelle kannte in Frankfurt und in den umliegenden Dörfern fast alle Bars und gehobenen Restaurants, in denen Champagner aus ihrem Hause getrunken wurde, und sie hatten den Konsum aktiv und nach besten Kräften und zum Nutzen des Hauses Ebersbach unterstützt.

      Eines

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