Das Doppelkonzert. Arnulf Meyer-Piening

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Das Doppelkonzert - Arnulf Meyer-Piening

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entfernte sich mit einer leicht angedeuteten Verbeugung, indem sie nur den Kopf neigte.

      Die Geschwister trafen sich hinter der provisorisch errichteten Bühne, die mit einem Vorhang gegen die Blicke des Publikums abgetrennt war. Sie öffnete einen kleinen Spalt im Vorhang und blickte auf die Gäste:

      - Sieh mal Hinrich, dort die elegante Frau in dem roten Abendkleid in der vordersten Reihe, die sich mit Vater unterhält. Das ist die Finanzmaklerin Isabelle von Stephano, von der ich dir schon berichtet habe. Sie hat vor Jahren mein Start-up-Unternehmen finanziert. Wir haben sie kürzlich auf dem Diner des Grafen Ebersbach wiedergesehen.

      - Ich kenne sie flüchtig, aber wir haben bisher nie miteinander gesprochen. Sie geht mir aus dem Weg, und ich habe keinen Grund, sie anzusprechen. Ich habe sie schon ein paar Mal in Begleitung unseres Vaters gesehen, sagte Hinrich mit einem Gemisch aus Bewunderung und Ablehnung.

      - Und, magst du sie?

      - Im Gegenteil! Ich kann sie nicht ausstehen. Vater hält offenbar große Stücke auf sie. Aber ich finde, sie übertreibt etwas. Sie benimmt sich, als wäre sie hier die Gastgeberin, die Herrin des Hauses. Es ist fast peinlich, wie sie durch unsere Räume schwebt und angelegentlich mit den Gästen plaudert.

      - Du wirst dich an sie gewöhnen müssen, wenn du hier unternehmerisch tätig bleiben willst, denn sie hat in allen großen Finanzgeschäften ihre Finger drin. Sie kennt hier fast jeden von Rang und Namen. Was sie so im Einzelnen macht, kann ich dir nicht sagen, aber Vater braucht ihre Hilfe bei einigen Krediten, die er von den Banken nicht bekommen kann. Die Banken sind derzeit sehr zurückhaltend mit der Kreditvergabe.

      - Aber ich will sie hier nicht sehen. Guck dir mal das affektierte Gehabe an. Ich kann es nicht ertragen. Vor allem ihr aufdringliches Lachen macht mich närrisch. Sie benimmt sich, als wäre sie ein berühmter Hollywood-Star, der die Bewunderer zu Füßen liegen.

      - Guck einfach nicht hin. Vor allem nicht während unseres Vortrags. Konzentriere dich voll auf dein Spiel.

      - Das ist nicht so einfach. Von dieser Frau gehen negative Schwingungen aus. Sie hat den bösen Blick. Ich spüre es: Sie durchbohrt mich förmlich. Sie will mich vernichten.

      Julia wies ihn zurecht:

      - Hinrich, sei nicht albern. Im Übrigen, dort drüben am Fenster steht Herr Konselmann. Er ist Berater und Partner einer großen amerikanischen Beratungsgesellschaft. Konzentriere dich lieber auf ihn.

      - Wie kommt der hierher?, erkundigte sich Hinrich fast feindlich.

      - Ich habe Vater gebeten, ihn einzuladen. Er war damals für den Start-up-Wettbewerb zuständig, bei dem ich den ersten Preis gewonnen habe. Er hat mir geholfen, die Business-Pläne zu erstellen. Sie dienten den Risikokapitalgebern als Grundlage zur Finanzierung meines Unternehmens.

      - Und dadurch kam Frau von Stephano ins Spiel?, wollte er wissen.

      - Ja, genau. Hier schließt sich der Kreis. Du tätest gut daran, dich mit den Beiden gut zu stellen. Wer weiß, ob du sie nicht später einmal brauchst.

      - Ich habe dich verstanden, aber das ändert nichts daran, dass diese Frau ein höllisches Weib ist. Ich rieche förmlich den satanischen Gestank von Schwefel.

      Sie begann nun wirklich ärgerlich zu werden: – Hinrich, reiß dich zusammen. Du machst dich lächerlich. Lass uns lieber noch einmal gedanklich die ersten paar Takte durchgehen.

      - Ja, lass uns auf die himmlischen Töne konzentrieren. Wir wollen alles Negative ausblenden. Wir brauchen die göttliche Eingebung. Ohne die wird es nicht gehen.

      - Besonders die ersten paar Takte sind wichtig. Davon hängt das Gelingen des ganzen Konzerts ab. Dein Lehrer wird das Taktmaß vorgeben, aber ich muss mich auf meine innere Stimme einstellen.

      Sie versuchte beruhigend zu wirken:

      - Mach dir keine Sorgen, wir werden das schon schaffen.

      Voller Unruhe blickte er in den Raum. Seine Augen wanderten umher, ohne einen ruhenden Punkt zu finden:

      - Wenn mir nur nicht die Nerven versagen.

      - Warum sollten Sie? Du kennst das Werk in- und auswendig.

      - Das ist wohl wahr, aber ich bin sehr aufgeregt, weil Vater da ist. Du kennst ihn. Er will immer, dass alles perfekt ist. Manchmal habe ich den Eindruck, als ob er nur auf meinen kleinsten Fehler warte. Nie ist er mit mir zufrieden. Nichts kann ich ihm recht machen. Das regt mich auf. Sieh mal: Mein rechter Arm zittert schon jetzt. Ich kann den Bogen nicht richtig kontrollieren. Ich werde die Saiten nicht gleichmäßig mit dem richtigen Druck streichen können. Dann klingt die Geige nicht.

      - Mach dir keine Sorgen, die meisten Gäste werden die Feinheiten der Musik nicht hören.

      - Ganz so ist es nicht: Es sind viele Kenner im Saal, die kennen fast jede Note dieses Werkes. Sie haben die großen Geigenvirtuosen unseres Jahrhunderts des Öfteren im Konzertsaal erlebt. Sie werden mich mit ihnen vergleichen.

      - Die brauchst du nicht zu fürchten. Dein Spiel ist herausragend. Sie werden von dir begeistert sein.

      - Das mag schon sein, aber wen ich wirklich fürchte, das ist unseren Vater, wiederholte er, fast wie ein aufgedrehter Automat, der sich nicht abstellen ließ: Er ist so kritisch, besonders mit mir. Nie kann ich ihm etwas recht machen. Schon wenn er mich so fordernd und abschätzend ansieht, beginne ich zu zittern und bringe keinen richtigen Ton heraus.

      Sie sah ihn besorgt an:

      - Hinrich, du musst dich zusammenreißen. Ich habe hier ein Beruhigungsmittel. Nimm es, und du wirst schnell wieder dein inneres Gleichgewicht finden und wirst ganz ruhig sein.

      Sie reichte ihm eine Tablette und ein Glas Wasser. Er schluckte sie hastig und spülte sie mit einem kräftigen Schluck hinunter.

      Sie musterte ihn mit großer Intensität:

      - Und? Geht es dir besser?, fragte sie und hoffte, dass er sich schnell wieder in den Griff bekäme.

      Er reagierte etwas verunsichert:

      - Ich glaube schon. Hoffentlich macht mich das Mittel nicht müde und stört meine Konzentration.

      - Sollte es eigentlich nicht. Es lässt dich deine Umgebung in freundlicherem Licht wahrnehmen. Du wirst alles um dich herum in schönen Farben erleben, als ob du in den Himmel schwebst. Ich hoffe nur, dass sich das Publikum mit störendem Geräusch zurückhält. Ich kann es nicht ausstehen, wenn zwischendurch geklatscht wird. Selbst während der Pausen zwischen den Sätzen kann ich es nicht leiden.

      - Mir geht es auch so. Manchmal stören mich die geringsten Kleinigkeiten. Dann genügt es, wenn jemand mit einen Bonbonpapier raschelt. Dann möchte ich am liebsten mein Spiel unterbrechen und schreien: Nun nehmen Sie doch endlich das Bonbon aus dem Papier und hören mit dem nervenden Rascheln auf!

      - Meistens nehme ich kaum wahr, was das Publikum macht, ich sehe keine Individuen, nur eine unpersönliche amorphe Masse.

      - Aber hier ist es anders: Die Menschen sitzen viel dichter am Podium. Du kannst die einzelnen Gesichter sehen. Außerdem kennst du die meisten, das macht es viel schwieriger. Es ist so wie früher, wenn wir unter dem Tannenbaum vor der Familie in kleinem Kreis ein Gedicht vortragen mussten.

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