2117. Andreas Loos Hermann
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Sie waren sofort nach ihrer Ankunft am Flughafen gestartet, da die Maschine schon startklar am Vorfeld gestanden hatte. Der Jet war rasch durch die dichte Wolkendecke gestiegen und nun waren sie bereits über dem offenen Atlantik. Sie sahen die letzten rötlichen Strahlen der Sonne im Westen verblassen und flogen im Steigflug mit Kurs Nordost. An Bord waren Tom Swallows, oberster Chef von Union Arms, dem weltumspannenden Rüstungskonzern. Etzel Goldmann, der Privatsekretär von Tom Swallows, saß am Sitz neben ihm auf der anderen Seite des Kabinenganges. Hier gab es nur voluminöse Einzelsitze, die auch als Schlafliegen umgeklappt werden konnten. Dahinter saßen Adam Swietowsky, der Sicherheitschef und Anna Radakovic, die Dolmetscherin für Russisch. Denn Swallows wollte wissen, was seine Geschäftspartner auf russisch besprachen, wenn sie glaubten, er verstehe sie nicht. Offiziell reiste Radakovic als Sekretärin mit. Sie war aus Rumänien und sprach perfekt Russisch. Wie sie in die USA gekommen war, war ihr kleines Geheimnis. Sie war schlank, und sehr hübsch, wie Swietowsky festgestellt hatte. Sie konnte noch kein Dreißig sein und ihre dunklen Augen hätten ihm den Verstand rauben können, wenn er sich darauf eingelassen hätte. Im Moment war sie für ihn nur ein Sicherheitsrisiko, da er nicht wusste, wie sie nach USA gekommen war und weshalb sie das Vertrauen von Swallows besaß. Ein Sicherheitsrisiko mit verdammt schönen Beinen, musste Swietowsky zugeben.
Er ging im Geiste nochmals alle Details durch. Sie saßen zu viert in der vorderen Kabine. Dann kam die Lounge mit dem Esstisch und dahinter gab es ein kleines Schlafabteil mit Sanitärzellen und mit einem Doppelbett für den Boss, wenn der einmal in der Maschine übernachten musste. Ganz im Heck war die zweite Passagierkabine, zweite Klasse sozusagen. Hier waren acht kleinere Sitze, die jetzt nur von seinen drei Security Leuten und dem Chauffeur belegt waren. Vorne war nur mehr das Cockpit mit den beiden Piloten. Alles sicher und alles im Griff. Entspannt warf er einen Blick auf die kleine schwenkbare Konsole und ließ sich die Radarbilder anzeigen, die der Kopilot zu überwachen hatte. Nichts los in der Umgebung und im angrenzenden Luftraum. Die Kontrollleuchten der beiden kleinen Spider LuftLuft Raketen leuchteten in einem beruhigenden Grün. Die Raketen waren für alle Notfälle gedacht und jederzeit auf Knopfdruck abschussbereit. Er lehnte sich zurück und genoss weiter sein Abendessen. Anna Radakovic würdigte ihn keines Blickes und gab sich sehr unnahbar, während sie an der Rohkost knabberte, die ihr Abendessen darstellte.
Swietowsky überlegte, ob nach dem Essen vielleicht eine kleine Unterhaltung oder ein Flirt drin sein würde. Er war sich aber nicht sicher.
Kapitel 10
„Das ist mein Bruder Mike“, sagte Susy zu Clara, als diese gerade wegrennen wollte. Clara sah Mike mit großen Augen an. Ihre Augen mussten sich erst an das Dämmerlicht gewöhnen. Für sie sah Mike aus, wie einer der Helden der Vorzeit aus einem alten Phantasy Roman aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Nur war das hier kein Roman, sondern Wirklichkeit.
„Hier bist du sicher, Kleines“, sagte er viel sanfter, als sie es erwartet hätte, als er ihren furchtsamen Blick zurück zur Eisentür bemerkte.
„Wer bist du, eine neue Freundin von Susy, und du willst hier bei uns arbeiten, stimmt´ s“, bemerkte er und sah ihr dabei in die Augen.
„Lass´ sie in Ruhe, Mike, sie ist noch Jungfrau, glaube ich, aber sie wird einen guten Job tun, da bin ich mir sicher“, fuhr Susy ihren Bruder an.
„Sagt´ mal, das ist doch ein Puff?“, fragte Clara vorsichtig.
„Du kleine Schlampe“, grinste Susy, „das ist kein Puff, das ist Madame Betsys spezielles Etablissement, und wir nennen uns die Super Sexies und sind eine Girlie Gang. Lauter ganz böse Mädchen. Mit uns legen sich die jungen dummen Jungs nicht an, nur die alten Jungs, die zahlen gut, dann kann was draus werden. Du kannst bei uns auf Probe anfangen. Wenn du gut bist, dann gibt es in einem Monat die Aufnahme als Sexy Girl in die Gang.“
Clara, die noch Jungfrau war, musste schlucken. Sie hatte doch richtig vermutet. Sie wollte vom Thema ablenken. „Wo gibt es denn hier etwas zu essen?“
„Vor Jahren gab es hier noch Supermärkte, aber inzwischen sind die alle weg. Du hast ja gesehen, wie es hier in der Gegend aussieht. Jetzt sind wir sozusagen Selbstversorger. Trupps organisieren das Essen, meistens Konserven. Und das Gemüse bauen wir selbst an, da hinter den Ruinen gibt es jede Menge Platz. Wenn man den Schutt wegräumt, ist darunter sogar gute Erde“.
„Das reicht natürlich nicht für alle, das Gemüse ist viel zu wenig, aber wer übrigbleibt, muss entweder kämpfen, oder weiterziehen, in ein anderes Slumgebiet.“ „Sonst kann es auch sein, dass er in der Konservenfabrik endet, aber ganz sicher nicht als Arbeiter “, grinste Mike.
Er griff in die Tasche und zog eine kleine runde Dose hervor. „Hier ist eine Spezialität. Turkeybrust in Soja und in Gelee steht da drauf. Ich schenke sie dir.“
Hungrig griff Clara nach der Dose und mühte sich mit dem Deckel ab. Sie hatte in ihrem Leben noch nie so eine Dose in der Hand gehabt. Susy half ihr dabei.
Clara zuckte zurück, als sie den Inhalt sah. Eine graue verdickte Masse, die nach Chemiefabrik stank. Ihr Hunger war mit einem Schlag vergangen. Susy, die ihr Zögern bemerkte, fuhr sie an: „Verwöhnte Göre, am Land ist das Essen wohl noch zu gut, aber in der Stadt gibt es nichts Besseres. Wenn du es nicht willst, gibt her.“ Sie riss ihr die Dose aus der Hand und begann sich gierig über den Inhalt herzumachen. Solange bis ihr Bruder ihr die Dose wegnahm und den Rest verdrückte. Die Geschwister sahen Clara abschätzig an und Mike meinte: „Du hast noch nie richtig Hunger gehabt, aber das wird schon noch kommen.“
Clara kämpfte mit den aufsteigenden Tränen, denn die Worte von Susy und Mike hatten sie tiefer getroffen, als sie sich eingestehen wollte.
„Ich wollte euch doch nicht beleidigen, ich kann ja nichts dafür, dass ich nicht von diesen Dosen leben muss. Wie könnt ihr das essen. Was soll ich denn machen?“ Ihre Tränen waren jetzt echt.
„Jetzt musst du aber davon leben“, erklärte Susy unbarmherzig. Jetzt bist du in der Stadt, da gibt es nicht viel anderes, nur Dinge, die noch schlimmer sind.
„Warum geht ihr dann nicht aufs Land?“, wollte Clara wissen.
„Du Dummerchen, das musst du doch wissen, wenn du von dort bist, dass sie da niemandem willkommen heißen. Die Bürgerwehren schießen jeden nieder, bevor er sie nur nach dem Weg fragen kann, das weiß doch jeder in der Stadt. Hier gibt es keinen Ausgang für uns. Du warst dumm genug, herzukommen, jetzt sieh´ zu, dass du überlebst.“
Clara war am Boden zerstört, denn wenn sie verriet, wo sie wirklich herkam, wäre sie bald tot. Sie sah Mike an, der eigentlich sehr gut aussah. Dann nahm sie allen Mut zusammen und fragte: „Warum schlagt ihr euch nicht in die innere City durch, da gäbe es doch sicher mehr zu holen, als hier heraußen?“
Mike sah sie mitleidig an und erwiderte: „Du bist wirklich vom Land und hast keine Ahnung Kleines. Aber du bist süß, so zerrissen und verdreckt, wie du jetzt aussiehst.“
Clara sah an sich hinab und bemerkte erst jetzt ihre verdreckten Jeans und ihre zerrissene Bluse und das Mike mehr von ihrer Brust sehen konnte, als sie ihm zugestanden hätte.
Mike fuhr fort: „Die Leute in der City haben sich hinter meterhohen Betonmauern und Stacheldraht verschanzt. Der Draht ist elektrisch geladen und an den Wachtürmen sind Scharfschützen mit Schnellfeuerwaffen. Die lassen niemanden übrig, der dieser Mauer zu nahekommt.“
Da fiel Clara ihr implantierter Mikrochip ein. Sie erschrak, ließ sich aber nichts anmerken, denn wenn Suzy von dem Chip erfuhr, dann konnten die hier womöglich ihre wahre