Faith und Richard. Ursula Tintelnot
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Wie von Geisterhand übertrugen sich die Flammen auf hunderte dieser mit Öl gefüllten Gefäße. Die Irrgärten erstrahlten in ihrem hoch auflodernden Licht. Die jähe Helligkeit vertrieb die tödlichen Schatten, die klagend zerrannen.
Richard fand Lilly hoch oben in der Umarmung der bösartigen Ranken. Sie zappelte und wand sich, um ihnen zu entgehen. Oskar hatte nicht gewartet. Er war hinter Richard hergeflogen. Jetzt erhob er sich, um Lilly aus dem Gebüsch zu befreien.
Mit der Helligkeit verlor der Irrgarten seine Macht.
Richard sah Oskar fragend an.
„Was machst du hier, wo kommst du her? Zuletzt hab ich dich bei Magalie gesehen, hast du was von Faith gehört? Und wer ist sie?“ Er wandte sich zu Lilly um.
Lilly empörte sich wütend. „Du kannst mich ruhig selbst fragen, ich bin des Sprechens mächtig.“
Richard grinste. Sie war eine wirkliche Hexe. „Also gut, ich frage dich. Wer bist du?“
„Ich glaube nicht, dass es günstig ist, hier draußen zu plaudern. Hier gibt es tausend Ohren.“
Nathans ehrfurchtsgebietende Gestalt war so leise aufgetaucht, dass keiner der drei ihn bemerkt hatte. Wie konnte ein solcher Riese sich so unbemerkt nähern?
Mit einer Handbewegung bedeutete er Richard, Lilly und Oskar, ihm zu folgen.
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Maia webt
Maia webte aus den gemahlenen schwarzen Daunenfedern des „Kwynk“ und der Asche des gelben „Wulstlings“ einen Umhang. Die Federn des Vogels konnten Verbrennungen heilen, in Verbindung mit der Asche des Pilzes, zu einem zarten Gespinst gewebt, konnte es seinem Träger das Leben retten. Mit diesem Tuch wurde man zu einem Schemen der Schattenwelt, kaum zu unterscheiden von den geisterhaften Seelendieben.
Selbst Nathan besaß einen solchen Umhang. Maia bestand darauf, dass er ihn immer bei sich trug. Sie wandte ihre ganze Aufmerksamkeit der Arbeit zu. Der kleinste Webfehler konnte alles zunichtemachen. Maia war bewandert in allen Künsten der Magie. Selbst die schwarze Magie war ihr nicht fremd, aber sie hatte sie nie genutzt. Sie besaß Kräfte, von denen außer Nathan niemand wusste.
Auch in ihr ruhte das Böse und sie hatte es ihren Kindern, Annabelle und Leathan, vererbt. Die Tochter des letzten Herrschers der Schattenwelt hielt sich, wie es auch ihr Vater getan hatte, noch an Regeln, die Leathan, der Erbe der Schattenwelt längst über Bord geworfen hatte.
Maias graue Augen mit den violetten Punkten blitzten amüsiert auf, als Nathan mit seinen drei Begleitern erschien. Sie legte die gedrehten spinnwebfeinen Fäden aus der Hand. „Lilly!“ Maia lächelte die junge Hexe an.
Lilly sah entzückend aus. Die kleine Stupsnase in die Luft gereckt, sahen blaue Augen unter dem dunklen in die Stirn fallenden Haar Maia erstaunt an.
„Woher kennst du mich?“ Sie war unsichtbar gewesen, als sie das erste Mal die Schattenwelt betreten hatte. Jedenfalls hatte sie das bis jetzt geglaubt.
„Du bist vor einiger Zeit durch das Portal gegangen, hast die Schattenwelt erkundet und bist sehr schnell wieder verschwunden.“ Die dunkle Stimme Maias klang freundlich und beruhigend zugleich.
„Ich dachte nicht, dass mich jemand sehen könnte.“
„Es gibt viele Arten etwas wahrzunehmen, Lilly. Was machen wir nun mit euch?“
„Wir können nicht in die Lichte Welt zurück. Ich hab Lilly geklaut. Die Hexen würden sie zurück auf die Felder, hinunter zu den Alraunen schicken, wenn sie Lilly fänden.“ Oskars Stimme bebte. Sie schwankte zwischen Stolz und Verzweiflung.
„Elsabe wird euch auf jeden Fall finden, oder hast du schon mal erlebt, dass sie nicht bekam, was sie wollte, Oskar?“
Auch ihn kannte sie. Woher?
Kapitel 2 - Das verzauberte Tal
Internat, Schloss Waldeck.
Patricia sah scheinbar interessiert aus dem Fenster. Draußen vor dem Klassenzimmer blühten schon die ersten Frühlingsblumen. Helles Grün schmückte Büsche und Bäume. Waldeck trug bereits die Farben des Frühlings, obwohl der April gerade erst begonnen hatte. Eigentlich müsste um diese Zeit hier oben noch Schnee liegen.
Seit geraumer Zeit tat Patricia alles, um ihr Desinteresse an dem attraktivsten Lehrer der Schule zu demonstrieren. Sie hatte ihn in ihrer Schülerzeitschrift beschuldigt, sich mit einem sehr jungen Mädchen eingelassen zu haben. Kein Wort an der Geschichte hatte gestimmt. Patricia hatte sich in einem Jahrhundertfettnapf wiedergefunden.
Das Mädchen, mit dem sie den Lehrer fotografiert hatte, war seine Tochter. Patricias anzügliche spöttische Bildunterschriften waren irreführend und unwahr. Sie musste sich bei ihm entschuldigen und das war für die verwöhnte Tochter aus sehr reichem Elternhaus unentschuldbar.
Ihr Blick streifte Ben. Ihr ehemaliger Freund war jetzt mit Lisa zusammen. Eine weitere Demütigung für sie. Nein, das Jahr hatte nicht gut für sie begonnen.
Als Patricia ihre Aufmerksamkeit wieder dem Unterricht zuwandte, hörte sie Leonards Stimme.
„Ich bin der Geist, der stets verneint.“ Mit eindringlicher Stimme fuhr er fort.
„Und das mit Recht, denn alles, was entsteht, ist wert, dass es zugrunde geht; drum besser wär's, dass nichts entstünde. So ist denn alles, was ihr Sünde, Zerstörung, kurz, das Böse nennt, mein eigentliches Element.“
Das Zitat der Teufels, aus Goethes „Faust.“
Ihre Gedanken wanderten zurück zu den jüngsten Ereignissen.
Leathan, dachte Patricia. Er war Mephistopheles. Ein teuflischer Elf. In seinen Händen verfiel alles, wurde hässlich und starb.
Sie sah die Feenkamine noch vor sich. Eine vermooste unwirtliche Landschaft, die einmal wunderschön gewesen sein musste. Nur ganz kurz war sie mit Richard zusammen in der Anderswelt gewesen. Sie hatte Annabelle und auch Leathan gesehen. Sie, eine Fee, schillernd und verlockend, er, ein Dunkelalb, gefährlich und schön. Ein egozentrisches Zwillingspaar, das sich nur in seinem Hunger nach Macht und einer durch nichts zu befriedigenden Besitzgier ähnelte.
Das Läuten der Pausenglocke holte Patricia zurück in die Wirklichkeit. Sie stand auf und ging hocherhobenen Kopfes an ihrem Lehrer vorbei zur Tür. Miriam, ihre ständige Begleiterin, folgte ihr.
Um das flache Wasserbecken herum, das den Mittelpunkt des Innenhofs bildete, standen die jüngeren Schüler. Sie bespritzten sich kreischend gegenseitig mit Wasser, das drei ungeheuer kitschige rosafarbene Sandsteinnixen unentwegt in das Becken spuckten. Lisa und Ben standen mit ihren Freunden wie immer unter den Arkaden, die den quadratischen Hof begrenzten, als sie Herrn Zorn, den Hausmeister auf sich zueilen sahen. Der „Zornige“, wie die Schüler ihn nannten, eilte immer, war aber sonst von eher ausgeglichenem Gemüt und sehr selten zornig.
„Frau Dr. Kirchheim-Zschiborsky