Galvans Onkel. Martin Schlobies

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Galvans Onkel - Martin Schlobies

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eine Couch, neben einen Herrn, der sich mir nicht vorgestellt hatte, dem ich sein Leben aber am Gesicht ablesen konnte:, acht Stunden arbeiten, vier Stunden fernsehen, acht Stunden schlafen.

      Ich nahm eines der sparsam verabreichten Zitronen-Plätzchen, sah mich kurz um, - alle diese Gesichter! - und verneinte heftig, das Gesicht heiß von Heuchelei, eine mir völlig gleichgültige Behauptung des Herrn neben mir über die asiatische Grippe. Endlich, als der erste Teedurst und der kleine Appetit nach Näschereien mit Zitronenplätzchen gestillt war, konnte ich mich auch von meinem neuen Gesprächspartner lösen.

      Die blonde Dame hatte inzwischen einige Gäste um sich geschart. Sie blühte. Sie hatte eine aufschwellende Brust. - War es dieselbe, die im Innenhof hinten in der Sonne gelegen hatte, dunkel zwischen den Schenkeln? Ich trat näher. Es gab kleine Feuerwechsel Lächeln zwischen ihr und mir. Mehr Blut!, wollten die Wangen.

      Ihre Tochter, die neben ihr stand, - es mußte wirklich ihre Tochter sein, denn die Ähnlichkeit war überzeugend, - hatte den Rücken schmal geschnürt über den Hüften: Castello San Angelo, Haar-Wald und Efeu. Doch die Mutter trug heute die Strahlenkrone; sie war, obwohl offenbar Engländerin, ein flämischer Frauentyp, ganz weiche, schmiegende Formen, schwere Waden, schwere Schultern, mit nur schmalen weißen Trägern auf der geröteten Haut.

      Wir redeten über das, über was man in den Ferien so redet, über das Wetter, das Meer, den Strand, das Essen, dabei pendelten meine Blicke zwischen der Mutter, die glühte, zur Tochter, die glomm. Die beiden Frauen waren wie zwei elektrische Felder, die mich aufluden, - doch jedesmal, wenn die Tür ging, schreckte ich zusammen und blickte hoch. - Erwartete ich noch jemanden?

      Dann gab es noch ein jüngeres, asketisch wirkendes Paar aus Frankreich; er war Naturforscher, ein Herr mit Bart und spitzem Kinn, sie Lehrerin, schlank und ätherisch. Sie sahen aus wie zwei verhinderte russische Revolutionäre. - Er beobachte Vögel, erklärte er mir.

      Noch von meiner Thailandreise, wo ich ständig Englisch hatte sprechen müssen, wechselte mein Kopf ständig von Französisch zu Englisch. Ich versuchte, den Naturforscher aus seiner Reserve zu locken,

      "What do you think about this invitation?"

      "Sie sprechen englisch zu mir!", sagte der Naturforscher, der nichts verstanden hatte.

      Die blonde Dame hatte viel grau im blonden Haar. Grüngraue Augen, strahlend im goldenen Licht der Blumenstoff ihres Kleides, gelb und rot und grell. Ihre Tochter hieß Mildred. Mildred hatte schwimmende unerfahrene Augen, und gönnte mir nur scheue, enge Blicke! Die Mutter hatte meine Blicke aber bemerkt und schmollte.

      Ich versuchte sie damit zu trösten, daß ich ihr vertraulich ins Ohr flüsterte, wie sehr ich gehofft hatte, nach meiner langen Beschäftigung mit einem verrückten Amerikaner, der in Thailand Mönch geworden war, hier an der See, in diesem kleinen Ort, in den Ferien, gesündere Menschen anzutreffen, wenigstens, was die seelische Gesundheit anginge.

      Die blonde Dame blickte mich begeistert an, mit strahlender, unverwüstlicher seelischer Gesund-heit, und rief:

      "Die werden Sie hier finden!"

      Ich machte so erschrockene Augen, daß die blonde Dame verwirrt war und vielleicht an ihrer eigenen Gesundheit zu zweifeln schien,

      "Meinen Sie nicht?", fragte sie unsicher.

      "Doch, natürlich ..." sagte ich. Die blonde Dame schwieg einen Moment, wurde rot und lächelte verschämt, sie faßte sich an die Bluse, um sich mehr Luft zu verschaffen, - so verletzliche Haut! - und ein schweres Dekolleté, das sie behutsam öffnete, bedächtig, und nur einen Atemzug tiefer. 'Würdest du denn meinen Händen vertrauen?', dachte ich.

      Die Zuhörer bei unserem kleinen Gespräch, auch die Tochter, wanderten zu anderen Unterhaltungen, und wir standen uns unvermittelt allein gegenüber.

      "Ich muß Sie immerzu anschauen!", sagte die blonde Dame, und hatte plötzlich diese Röte im Gesicht!, "Hoffentlich hat Sie das nicht irritiert! Kennen wir uns nicht?"

      "Nicht daß ich wüßte, ...", sagte ich, auf einmal schüchtern.

      "Doch, ich bin sicher: Wir kennen uns!"

      "Woher? Helfen Sie mir!"

      "Vielleicht aus einem früheren Leben ..."

      Ich bin kein Freund von Esoterik - nach meine Thailandreise vielleicht noch weniger - und hatte Mühe, meinen gelinden Schrecken zu verbergen. Als ich mich wieder gefaßt hatte, erwiderte ich galant:

      "Wenn ich Sie da hätte treffen können, würde ich gern das Risiko eines früheren Lebens auf mich nehmen!"

      "Die Engel würden applaudieren, wenn sie Sie so reden hörten!"

      Endlich erfuhr ich ihren Namen, Mrs. Habarth, und daß wir hier im gleichen Flur wohnten, im oberen Stockwerk.

      "Nein, so ein Zufall, und wir haben uns noch niemals gesehen? Wie ist denn das möglich?"

      "Nun, wir sind erst gestern eingetroffen!" erwiderte ich.

      Im großen Kamin brannte das Feuer jetzt hell und die Langeweile loderte mit kalter unsichtbarer Flamme in all diesen Gesichtern, wahrscheinlich auch in meinem. Unauffällig und von fern musterte ich, - dank der anscheinend bei mir sehr früh beginnenden Altersweitsichtigkeit war das möglich! - die Bücher in dem schmalen Regal neben dem Kamin; auch hier reihenweise englische Kriminalromane.

      Mrs. Habarth mußte jetzt unbedingt ein unscheinbares älteres Paar begrüßen, und nachdem sie anschließend einem jovial lächelnden Herrn mit schwarzen buschigen Augenbrauen und einem gewaltigen Schnurrbart auf die Wange geküßt hatte, flötete sie, immer noch mit einem Hauch Röte im Gesicht:

      "Verehrter Monsieur Pharmacien. Ich bin ja so erstaunt, Sie hier wiederzutreffen, und ja vielen Dank, das Körbchen mit den Erbeeren habe ich bekommen."

      Da tauchte Anna auf, das junge, vielleicht gar nicht mehr so junge Mädchen. Anna trug ein weißes Kleid mit rosa Schleifen, einen breiten weißen Gürtel. Ihre schwarzen schweren Locken waren nur lose mit einem weißen Band zusammengebunden; ganz 'höhere Tochter' war sie jetzt.

      Anna blieb abwartend zwei Meter entfernt von mir stehen und sah durch mich hindurch. Und da kamen auch schon ihre Großeltern.

      "Ist's möglich?" rief der Herr mit dem Schnurrbart, der Apotheker, ihr entgegengehend, "Anna? Meine kleine Anna? Komm her, teures Mädchen, umarme mich. Nein! Küsse mich hier auf die Wange und gib acht auf den Schnurrbart, daß er dir nicht die Augen aussticht!"

      Die Großmutter befahl aufmunternd:

      "Aber Anna, so gib doch endlich dem Monsieur Pharmacien einen Kuß auf die Wange!"

      Anna hob sich auf die Zehenspitzen und gab dem älteren Herrn einen flüchtigen, formellen Kuß auf die Wange, und ich wunderte mich, weil Anna dabei so böse oder unglücklich aussah.

      "Aber was hast du?", fragte der Apotheker, "Du machst ein so feierliches Gesicht!" - Ja, was hatte sie nur?

      "Was heißt: 'I am tired' - auf französisch?", fragte Anna den Apotheker; der lachte,

      "Ich weiß es nicht! Aber du lernst jetzt auch Englisch! Sehr tüchtig! Du bist wirklich ein gutes kleines Mädchen. - Und wer ist das hier?", fragte er und deutete auf mich.

      "This

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