Peters exotische Reisen. B. Born

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Peters exotische Reisen - B. Born

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denn bis Kessingland dauern würde, konnten beide nur unzureichend beantworten, sicherlich, weil sie diese Strecke noch nie bewältigt hatten.

      Am Meer war es menschenleer. Wir mühten uns durch hohen Kies, in den wir mit jedem Schritt und einem knirschenden Geräusch tief einsanken. Die See auf der linken Seite brauste stahlgrau. Rechts waren zerklüftete Klippen aus ockerfarbener Erde. Auf der Klippe wuchs ein winterlich kahles Gestrüpp, braun, was einen interessanten Kontrast zum Gelb der Erde abgab. Eine Menge Müll hauptsächlich Plastikmüll lag herum, was mich ja schon auf unserem Ausflug nach Norden deprimiert hatte. Auch hier lugten einige Bunker, mit grimmigen Gesichtern über das Meer und ich fragte mich, ob diese Anordnung der Schießscharten als Augen von den Konstrukteuren ein beabsichtigtes Konzept gewesen war.

      Nach ungefähr zwei Kilometern weitete sich der Strand, die Kieselsteine wurden kleiner und es gab kleine Inseln mit Dünenvegetation. Emil begann zu maulen, weil das Gehen beschwerlich war und ließ sich bald weit zurückfallen, hockte sich hin und wühlte herum. Ich wartete auf ihn und als er mich eingeholt hatte, ermutigte ich ihn, besondere Steine zu suchen, also von besonderer Form oder Farbe oder abgeschliffenes Glas. Er fand aber fast alle gut und händigte sie mir aus, damit ich sie in meine Parkatasche steckte. Ich traf eine Auswahl und ließ den Rest heimlich wieder fallen. Große Brocken diskutierte ich. Als eine Holztreppe auftauchte, stiegen wir die Stufen hinauf. Von oben konnten wir sehen, dass Kessingland gar nicht mehr weit weg war und wir folgten einem Pfad. Er führte über Felder um einen Bauernhof herum, dessen Bewohner wohl etwas dagegen hatten, wenn Touristen vor ihrer Nase vorbeistiefelten. Ist es eigentlich richtig, dass es Leute gibt, die einen alleinigen Zugang zum Wasser oder zum Blick auf das Wasser (egal ob Fluss, See oder Meer) haben? Sollte nicht ein Streifen von mindestens 100 Metern weltweit unverkäufliches Allgemeingut sein? Verboten gehörten auch alle Straßen an der Küste entlang und natürlich (kostenpflichtige) Parkplätze mit Blick aufs Meer. In einem Miniwaldstück kurz vor Kessingland trafen wir auf eine Gruppe Rehe, die verdaddert und wie angewurzelt stehen blieben und uns beäugten.

      In Kessingland führte ein Weg wieder hinunter auf eine Betonpromenade. Als wir einige Häuser sahen, versprach ich Emil, dass es sich um einen Pub handele und er ging wieder etwas flotter. Zum Glück war es tatsächlich ein Pub mit dem Namen ‚Sailors Home‘. Und, was sich wirklich bestens fügte, davor war eine Bus-Endhaltestelle, von der aus eine Buslinie Lowestoft bediente. Ein Fahrer saß auf einem Picknicktisch und stierte rauchend auf das Wasser. Der Bus fuhr auch nur jede Stunde oder so. So konnte man sich das Leben als Busfahrer gefallen lassen.

      Wir setzten uns ans Fenster in den ‚Sailors Home‘ Pub und bestellten eine Portion ‚Wedges‘ (ungepellte, gebackene Kartoffelstücken) und ich mir ein Pint ‚Adnams‘, das ich am Vorabend so sehr vermisst hatte. Es schmeckte vorzüglich und während wir auf das Essen warteten, sortierten wir die Steine und legten kleine Mosaiken auf Papierservietten, die wir anschließend fotografierten.

      Nachdem wir uns mit der wirklich riesigen Portion dieser fetttriefenden Kartoffelstücken gestärkt hatten, suchten wir uns einen geeigneten Bus aus dem Fahrplan heraus und trotteten noch mal nach vorne ans Meer. Emil zog seine Schuhe aus und rannte ganz vergnügt in Socken über die Steine. Mit der russischen Schapka auf dem Kopf, wirkte das natürlich witzig und wir hatten viel Spaß dabei, uns von Kieshügeln Richtung Wellen hinunterzuschubsen.

      Der Bus fuhr durch das Dorfzentrum Kessinglands. Einen Kommentar über das Dorf als historische Heringsstadt werde ich mir schenken, da Sebalds Aufarbeitung der Geschichte des Heringsfangs in dieser Gegend eh grandios ist.

      Wir waren frühzeitig wieder in Lowestoft und holten unsere Rucksäcke ab. Tatsächlich war niemand im Bed and Breakfast und wir hätten das ganze Haus ausräumen können.

      Um die Sache mit dem Abendessen frühzeitig zu erledigen, gingen wir in ein ‚Fisch and Chips‘- Restaurant mit dem reizenden Namen ‚Nemo‘. Es war mehr so ein Imbiss in einem schreienden Violett mit weißen Streifen gehalten und auch dieses Essen war wieder nicht so überzeugend. Da verstand ich ja die Welt nicht mehr, wo wir doch sonst überall an den Küsten Englands in Devon, Cornwall, Norfolk, etc. hervorragende ‚Fisch and Chips‘ gegessen hatten, ließ hier in Lowestoft die Qualität arg zu wünschen übrig.

      Da wir immer noch zwei Stunden hatten, bevor unser Zug abfuhr, ‚überredete‘ ich Emil Fußball im ‚Notleys‘ zu sehen, damit ich mir vor der drögen Zugfahrt noch ein paar ‚Adnams‘ genehmigen konnte. Sie zeigten dort in Wirklichkeit Rugby, was Emil aber nicht allzu sehr störte, hauptsache es flimmerte Sport. Ich langweilte mich unterdessen in dem Horrordekor der Kneipe, mit all den Fähnchen, Teppichen, Blümchentapeten, Skulpturen, überhaupt so vielem Gedöns, dass mir wieder ganz schwindelig wurde. Dann war es so weit und wir hetzten zum Bahnhof.

      Viele der Fahrgäste im Zug nach Ipswich schienen ein langes Partywochenende im ‚Husch Husch - Club‘ hinter sich zu haben.

      1 2. Teil

      An der Costa da Morte, Galicien, Spanien vom 1. August bis zum 15. August 2013 und

      auf einer unbekannten Insel

      in der Nacht vom 11. bis zum 12. August 2013

      und

      in einer fremden Welt oder Zeit

      ebenfalls in der Nacht vom 11. bis zum 12. August 2013

      1 Erster Tag (Donnerstag, der 1. August)

      Wenn ich etwas gar nicht leiden kann, ist es reisen. Ich hasse das Gewarte, das Fahren oder Fliegen, das Herumtragen von Gepäck, einfach alles. Reisen ist für mich entblößend, so als hätte ich auf dem Weg zur Arbeit vergessen, meine Hose anzuziehen und es erst in der U-Bahn bemerkt, weil alle mich anstarren. Kaum hat man einen Rucksack oder einen Koffer dabei, ist man halbnackt. Dass neuerdings alle Koffer uniform sind, nützt kaum etwas, denn das Outfit eines Menschen mit dem Stempel ‚Reisender‘ im Gesicht, wird genaustens analysiert und es lässt sich wirklich viel Privates an ihm ablesen. Die Reisekleidung ist ebenfalls verräterisch. Für den Flughafen zum Beispiel ist sie praktisch gehalten, aber nicht zu alt und relativ schick. Die Socken haben garantiert bei keinem Flugreisenden Löcher, da man vielleicht die Schuhe ausziehen muss. Beobachtet man Reisende, kann man sofort erkennen, ob sie ihre Reise antreten oder sie zu Ende ist. Wenn sie gerade abreisen oder ihr Ziel erreichen, wirken sie unsicher und nervös, haben ein Luchsauge auf ihre Sachen und das Gepäck, denn es sind die Stücke, die normalerweise in irgendwelchen Schubladen zu Hause schlummern. Auf dem Rückweg sind sie ausgelassen oder müde, etwas abgeranzt und leicht abwesend, weil sie schon an Zuhause denken.

      Die U-Bahnfahrt zum Flughafen Heathrow war in vielerlei Hinsicht zäh. Mir gegenüber saß ein kleiner Mann, der eine Uhr aus blankem Kupfer trug, die nicht nur wegen des Materials surrealistisch an ihm wirkte, sondern weil sie so überdimensional groß war, dass sie weit über sein Handgelenk hinausragte und schlackerte.

      ‚Ein Mann, der Uhr ist, sonst nichts‘, dachte ich. Die Fahrt dauerte zwei Stunden. Durch die Innenstadt war die U-Bahn voll, so voll, dass Marlis und ich unseren Sitzplatz an Bedürftige hergeben mussten. Als sie im Westen Londons draußen fuhr, saßen wir auf der Sonnenseite und die Sonne brannte uns gebündelt auf den Pelz. Neben Marlis saß eine chinesische Familie. Der Vater fotografierte jedes Detail im Inneren der Bahn, jede Station und natürlich auch uns, erst mit der Kamera in seinem Handy und anschließend noch einmal mit einer digitalen Spiegelreflexkamera, zwischendurch laufend seinen Sohn etwas fragend, da er von moderner Technik anscheinend überfordert und verunsichert war. Die Mutter dachte wohl an nichts.

      In Heathrow angekommen und die Strapazen des Eincheckens hinter uns gebracht, lechzte Emil nach ‚Fish and Chips‘, da es dieses Gericht in Galicien ja nicht gäbe. Wir steuerten also die ‚Bridge-Bar‘ an. Eine zickige

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