Magic Melanie. Michael Möller

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Magic Melanie - Michael Möller

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wurde Opfer dieser Aktion und verteilte seine krümelige Erde auf dem Flurteppich.

      "Bitte nicht, Mama. Es geht schon."

      Vor der Waschmaschine saß Philos und machte sein Wollen-wir-nicht-endlich-hier-raus?-Gesicht. Melanie machte es nach, so gut es ging, und als Philos nicht gleich verstand, sagte sie entschieden: "Ja! Wir wollen endlich hier raus!" Sie ging in die Hocke und presste mit dem Po die Waschmaschinentür hinter dem Wäscheknäuel zu. Das richtige Programm wählte sie wie im Schlaf. Philos kratzte behutsam, aber unüberhörbar an der Kellertür, die in den Garten führte. Draußen war es bereits dunkel geworden. Niemand raffte sich auf, eine Beleuchtung für die Treppe installieren zu lassen. Wenn Vater noch da wäre, hätte er das längst erledigt.

      Melanie stieß die Trauer, die sie manchmal wie ein Panther aus dem Nichts ansprang, mit einem Seufzer von sich. Sie kannte jede einzelne dieser Stufen, hatte sie schon oft von Herbstlaub, Schnee und Moos befreit. Sie sprang hinter Philos her und war schon auf der letzten Stufe, als sie einen Fuß auf etwas Weiches setzte, das erbärmlich aufjaulte. Philos hatte sich vor Schreck flach auf den Boden gelegt, denn er hatte jemand im Garten ausgemacht, den er nicht erkannte. Melanie sah den schwarzen Umriß einer menschlichen Gestalt, der sich von der Wand der kleinen Scheune abhob, in der die Ponies standen. Sie kannte diesen Umriß und war nicht überrascht, als sie Juro an seiner kehligen Jungenstimme erkannte: „Wo warst du? Ich warte seit Stunde hier.“

      „Du hast doch wohl meine Mutter nicht belästigt!“ Mutter hatte Angst vor ihm. Er war sehr groß für seine dreizehn Jahre, und seine dunklen Haare und Augen schüchterten sie ein. Vor allem aber die fanatische Hartnäckigkeit, mit der er um Melanie herumschlich, hatte sie vorsichtig gemacht. Mamas tägliche Warnungen hatten einen anderen Klang, seit Juro hier aufgetaucht war: "Geh nicht im Dunkeln auf die Straße, Kind! Nicht allein!"

      Immer wenn er anrief und Melanie nicht schnell genug am Telefon war, nahm Mama ab und erschrak jedesmal heftig. "Der hat keine gute Stimme, Kind." Sie konnte dann oft die ganze Nacht nicht schlafen und geisterte durchs Haus. Noch nie hatte sie ein Telefon einfach klingeln lassen können. "Ich warte im Garten. Komm bald." Juro schnippte mit den Fingern, Philos lief zu ihm und legte sich zu seinen Füßen. Juro machte keine Anstalten, ihn weiter zu begrüßen oder zu kraulen, er hielt seine Augen starr auf Melanie gerichtet.

      Melanie raffte sich auf: "Ich will nicht, dass du mir hier auflauerst." Sie versuchte streng zu wirken, hörte ihrer Stimme aber sofort an, dass sie gescheitert war. Ihr Mitleid war größer als die Furcht, die sie auch spürte, aber zu beherrschen versuchte.

      Juro war mit seinen Eltern aus Rumänien gekommen und vor zwei Jahren hierher gezogen. Seine Eltern hatten in einer Ziegelei Arbeit gefunden. Er war noch nirgendwo länger als drei Tage zur Schule gegangen. Er zog seit Monaten mit einem jungen Schäfer durchs Land, dem er zur Hand ging, wenn er wollte. Mit Tieren verstand er umzugehen, und er brauchte nicht mehr als einen Schlafplatz bei den Schafen und Hunden. Seine Eltern hatten nie ernstlich nach ihm gesucht, sonst hätte sie ihn sicher leicht gefunden. Als Melanie einmal versucht hatte, mit dem Vater zu reden, tat er, als verstehe er sie nicht. Sehr freundlich war er und bot ihr Tee an. An den Wänden der 5-Zimmer-Wohnung sah sie kein Bild von Juro, nur eine ölige Berglandschaft. — Verdammt, sie konnte sich nicht auch noch um streunende Jungen kümmern! Natürlich gefiel es ihr, das jemand um sie bemüht war, aber in ihrem Herzen war kein Platz für diesen Jungen vorgesehen, der noch ein Kind war und doch schon so viel gesehen hatte..

      „Ich will dich nur sehen. Geh mit mir weg. Du gefällst mir so.“ So viel hatte Juro noch nie auf einmal gesagt, auch nicht am Telefon. Seine Anrufe waren eher ein Schweigen, das von kurzen Worten unterbrochen wurde. „Magst du mich nicht?“

      Melanie nahm alle Kraft zusammen: „So geht das nicht, Juro. Ich muss mich um meine Mutter kümmern. Ich habe nichts gegen dich, aber ich kann mich nicht vierteilen. — Du machst mir Angst. Wenn du mich magst, lässt du mich in Ruhe. — Komm, Philos! Wir gehen ins Haus."

      Der Hund machte keine Anstalten zu folgen. Er hatte seine Geschäfte auch noch nicht erledigt, aber das konnte er schließlich allein.

      „Dann nicht.“ Melanie ging die Treppe zum Waschkeller hinunter und schloß die Tür hinter sich zu. Sie wußte, Juro würde heute Nacht wie so oft schon hinter der Scheune schlafen, auf dem alten Leiterwagen. Und Philos würde bei ihm liegen, bis morgen früh.

      *

      Melanie hatte in dieser Nacht kaum Schlaf gefunden. Mutter war einige Male aufgestanden, um "nach dem Hund zu sehen", wie sie sagte. Sie spürte wohl auch, dass da jemand im Garten war. Melanie musste dann jedesmal aufspringen, denn Mama war in diesem Zustand unberechenbar. Einmal wäre beinahe das Haus abgebrannt, weil sie nachts unbedingt bügeln musste und das heiße Eisen in den Papierkorb gestellt hatte. Heute nacht ließ sie sich willig beruhigen und ins Bett zurückbringen.

      Der folgende Tag begann mit einer kalten Sonne, die in Melanies Zimmer schien und sich dort umsah: Ein Jungmädchenzimmer mit abgegriffenen und zerzausten Stofftieren und einigen Postern, auf denen ruhige Stuten mit ihren wackligen Fohlen zu sehen waren. Ein Zirkusplakat hing über ihrem aufgeräumten Schülerschreibtisch. Der Zirkus Olfetti warb mit Riesen-Attraktionen. Ganz klein war da auch von Belema zu lesen. Im Regal zwei Ausgaben von "Wir Mädchen". Eine Pinwand mit Fotos. Eines davon hatte sie mit rotem Faden umstickt. Es zeigte sie mit Papa und Mama. Vater sah man von schräg hinten. Er hatte das Bild mit dem Selbstauslöser gemacht und war nicht schnell genug zu der kleinen Bank gelaufen, auf der sie Picknick gemacht hatten. Selbst-Auslöser. Das Foto wirkte manchmal wie eines dieses Kipp-Bilder. Wenn man lange genug draufschaut, verändert es sich plötzlich. Dann vermochte Mel nicht zu sagen, ob Papa zu ihnen gerannt kam oder ob er im Begriff war davonzulaufen.

      Der Terminkalender bestand aus einer nur für Melanie verständlichen Zettelsammlung. Er sah für heute zwei Aktionen vor: Mit Onkel Harald zum Wagen. In Klammern dahinter: Kühlschrank! Durchgestrichen war der Eintrag: "Zeugnis beglaubigen lassen und an Zulassungsstelle schicken". Das hatte sie schon dreimal verschoben. Und das Zimmer in Ulm war sicher längst weg. Wenn sie nicht bald etwas für sich tun konnte, würden andere ihr Leben bestimmen. Sie spürte das ganz deutlich. Da waren immer mehr Menschen, die wollten, dass sie etwas Bestimmtes tue oder lasse. Und jetzt musste sie diesen blöden Kühlschrank abholen. Von Opas Tieren ganz zu schweigen. Warum hatte sie diesem schleimigen Notar nicht gesagt, dass sie das blöde Erbe nicht annimmt! Aus Trotz wahrscheinlich, und weil sie der Tante den Triumph über Bels große Worte nicht gönnen konnte.

      "Kommst du?" rief es von unten. Mutter hatte Frühstück gemacht, jedenfalls duftete es schon nach Kaffee. Den konnte sie wirklich gut kochen.

      "Ja, Mutter, bin gleich fertig." Sie huschte ins Bad und wusch sich nicht besonders gründlich, denn sie rechnete damit, dass es viel Drecksarbeit in dem alten Wohnwagen geben würde, zog die zerschlissenen Jeans und einen alten Pulli von Vater an. Er roch immer noch nach ihm. Melanie hatte es verstanden, ihn an jeder Wäsche vorbeizumogeln.

      Sie sprang die schmale Treppe hinunter in die Küche. Der Kaffee war wieder gelungen, und den Tisch brachte sie unauffällig in Ordnung. Die Tassen standen verkehrt herum auf zwei Gläsern. Das Brot hatte Mutter in winzige Dreiecke geschnitten. Melanie ging darüber hinweg und freute sich, dass Mutter ausgeruht wirkte. Wie machte sie das bloß, nach so einer Nacht? "Ich werde heute den Boiler reparieren. Hab mir schon das Werkzeug zusammengesucht." Mutter wies mit dem Kopf auf eine Schüssel, in die sie alle ihre Lockenwickler gesammelt hatte.

      "Warte doch, bis ich zurück bin, Mutter! Ich kann dir helfen, aber erst muss ich mit Onkel Harald zum Wohnwagen. Das dauert sicher nicht lange.

      "Dann grüß doch Opa Bel von mir, ja?"

      "Opa ist tot, Mutter. Ich hol nur seinen Kühlschrank ab und sehe, was aus den Tieren wird. Was

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