First Class Flüge und Bruchlandungen …. Christa Schmeide

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First Class Flüge und Bruchlandungen … - Christa Schmeide

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style="font-size:15px;">      «Dieser schusselige Verkäufer! Wie peinlich», murmelte Claire.

      Auf dem nächsten Foto konnte sie das Gesicht der Nackten erkennen. Es war von langen, dunklen Locken umrahmt. Die Frau schien zu schlafen.

      Claire war irritiert.

      War es möglich, dass gleich zwei fremde Fotos aus Versehen in ihrer Fototasche gelandet waren? Sie nestelte am Umschlag herum, zog die Negativstreifen hervor und hob sie gegen den grauen Himmel.

      Wie ein Blitz schlug es heiss in ihren Magen ein.

      Am Ende des letzten Streifens konnte sie die zwei Nacktaufnahmen erkennen.

      Ihr Blick wanderte zurück zu den Fotos.

      Tatsächlich! Die Frau lag auf dem orangefarbenen Sofa in ihrer Wohnung in Köln-Lindenthal.

      Ohne weiter auf den Regen zu achten, schob Claire den Buggy zur U-Bahn-Station beim Dom. Die dort wartende Menschenmenge nahm sie gar nicht erst wahr. Anna forderte vergeblich einen zweiten Keks. Claires Sinne waren absorbiert vom Bilder- und Gedankenstrudel in ihrem Kopf. Die einfahrende Bahn, das Gedränge im Wagen, der Mann, der ihr seinen Sitzplatz anbot – alles war in diesem Augenblick weit weg. Selbst das laute Rattern der Bahn konnte sie nicht aus ihren Gedanken reissen.

      Sie sah den Pullover wieder vor sich – diesen roten Feinstrickpullover mit V-Ausschnitt, den sie vor einigen Wochen in einem Wäschehaufen zwischen den Hemden ihres Mannes entdeckt hatte. Robert und sie waren gerade dabei gewesen, sich für ein gemeinsames Abendessen im «Marko’s» schick zu machen. Das Restaurant am Rheinufer gehörte zu den besten Adressen Kölns und war seit Jahrzehnten im Besitz der Familie­ Falcone. Roberts Familie führte insgesamt drei Lokale in der Stadt. Vor drei Jahren war Robert nach Abschluss der Hotelfachschule als Restaurantleiter im «Le Chef» an der Zülpicher Strasse eingestiegen und hatte die 16 Gault-Millau-Punkte seitdem erfolgreich verteidigt. Claire bewunderte ihn dafür. So gut organisiert er das Restaurant leitete, so chaotisch war er allerdings privat. Und trotzdem wunderte sich Claire über den ihr unbekannten Pullover im Wäschehaufen.

      «Wo kommt der denn her?», fragte sie ihn arglos und hob das Wäschestück in die Höhe. Robert stand mit nacktem Oberkörper im Badezimmer und rasierte sich. Das Rasiermesser kam auf seinem eingeseiften Kinn zum Stillstand. Ihre Blicke trafen sich im Spiegel. Ohne sich umzudrehen, zuckte er mit seinen muskulösen Schultern und fuhr wortlos mit der Rasur fort.

      «Also meiner ist das nicht», hakte sie nach.

      Im Spiegel konnte Claire sehen, wie er seine Augenbrauen langsam hochzog. Zwei steile Falten bildeten sich auf seiner Stirn. Ein Kribbeln breitete sich unter ihrem seidenen Morgenmantel aus. Er sah hinreissend aus.

      «Ach, was du schon wieder hast! Den hat doch Mama letzte Woche für mich gekauft», nuschelte er.

      «Ist der nicht etwas klein für dich?» Sie lächelte ungläubig. Ihr fiel ein, dass Roberts schmächtiger Freund Carsten kürzlich einen roten Pullover getragen hatte, als er bei ihnen zum Abendessen eingeladen gewesen war. Vielleicht hatte er ihn versehentlich in der Wohnung liegen gelassen. Andererseits überschüttete Roberts Mutter Marina ihre beiden Söhne tatsächlich mit unzähligen Geschenken – darunter wahllos zusammengekaufte Kleider, Uhren oder Lederwaren. Da konnte man schnell mal den Überblick verlieren. «Zieh ihn doch bitte mal über», forderte sie Robert auf.

      «Du siehst doch, dass ich mich gerade rasiere», sagte er, während er sich mit kaltem Wasser den restlichen Schaum aus dem Gesicht spülte.

      «Ach bitte, jetzt bist du doch fertig», wandte sie ein.

      «Na gut, wenn es sein muss.» Er trocknete sich das Gesicht mit einem Frotteehandtuch ab und nahm Claire den Pullover aus der Hand. Doch schon über den Oberarmen spannte der rote Stoff verdächtig. Roberts breite Schultern setzten dem Anziehversuch schliesslich ein jähes Ende.

      «Dass Mama aber auch nie etwas Passendes kaufen kann!», schimpfte er und befreite sich mühsam aus dem engen Feinstrick. Dann warf er den Pullover in die Badewanne.

      «Doch nicht in die Badewanne», seufzte Claire.

      Robert ignorierte ihren Protest und zog sie zu sich heran. «Was Mode anbelangt, kann ich mich eben nur auf mein Schokoauge verlassen», raunte er ihr ins Ohr.

      Claire lächelte und verdrehte verlegen die Augen. Seine warmen Hände waren bereits unter ihren Morgenmantel gewandert.

      Mit klammen Händen und eiligen Schrittes schob Claire den Buggy durch die Neuenhöfer Allee. Anna war inzwischen eingeschlafen. War Robert ein Lügner? Gehörte der rote Pullover in Wahrheit der Frau mit dem Lockenkopf?

      «Bestimmt», dachte Claire. Robert hatte mit dieser Frau geschlafen. Und das in ihrer Wohnung!

      Was würde nun aus ihr und aus Anna werden?

      Würde sie mit achtzehn bereits alleinerziehende Mutter sein?

      Warum liebte Robert sie nicht mehr?

      Würde er sie und Anna aus der Wohnung werfen?

      Vielleicht könnten sie eine Weile bei ihrem guten Freund Lorenzo unterkommen.

      Claires Herz raste.

      Sie schnappte nach Luft.

      Es fühlte sich an, als würden die vielen Fragen und Gedanken sie erdrücken.

      Als sie die herbstlich gefärbten Bäume des Beethovenparks erblickte, verlangsamte sie ihr Schritttempo. Nur noch wenige Meter trennten sie nun vom Eingang ihres Mietshauses. Im Erkerfenster ihrer Wohnung im zweiten Stock war Licht zu sehen. Robert war also zu Hause. Claires Panikgefühl verstärkte sich.

      Sie wollte von ihm hören, dass alles nur ein dummes Missverständnis war, dass er sie liebte – auch wenn sie manchmal ein tollpatschiges, naives Ding war und in der Küche nicht gerade brillierte.

      Aber was, wenn er zugab, sie betrogen zu haben?

      Wäre dies das Ende ihrer Ehe?

      Sollte sie die beiden Fotos in ihrer Tasche vielleicht einfach vergessen? Es wäre so verlockend – und doch so schwer. Sie konnte eitle, dumme und sogar freche Menschen ertragen. Aber Lügner und Betrüger wie ihren leiblichen Vater hatte sie noch nie ausstehen können.

      Beim Aufschliessen der Haustür blickte Claire ins nasse Gesicht ihrer Tochter. Die Kleine atmete tief ein und aus. Ihr Kopf war leicht zur Seite geneigt. Die zarten Lieder mit den langen dunklen Wimpern waren geschlossen. Tränen brannten in Claires Augen.

      «Papa ist ein Dummkopf», flüsterte sie und schüttelte den Kopf.

      Jetzt erst stieg Wut in ihr auf.

      Robert hatte nicht nur sie betrogen, sondern auch Annas Zukunft aufs Spiel gesetzt.

      «Dieses Ferkel!», zischte Claire, als sie mit Anna wenig später die Wohnung im zweiten Stock betrat. Schmutzige Männerschuhe hatten ein hässliches Muster auf dem Flurboden hinterlassen. Claires Wut kochte weiter hoch. In der Ferne hörte sie Roberts tiefe Stimme. Er schien im Wohnzimmer zu telefonieren.

      Sprach er mit seiner Geliebten?

      Claire trug das

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