Ich wünsch dir alles Gute. Nicole Beisel
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Sarah konnte gedanklich einfach nicht von Till loslassen. Auch, wenn sie sich nur noch sehr selten sahen und sich dadurch kaum noch miteinander unterhielten, fühlte sie sich noch immer zu ihm hingezogen und vermisste ihn unheimlich. Ihre Gefühle für ihn ließen auch in all der Zeit nicht nach, aber sie wäre einfach schon froh gewesen, hätten sie wenigstens wieder Freunde sein können. Aber er hatte sich dafür entschieden, den Kontakt abzubrechen und seinen eigenen Weg zu gehen, warum auch immer.
Mit dem baldigen Schulabschluss stellte sich auch die Frage nach dem Berufswunsch. Sarah wollte schon immer etwas Handwerkliches machen anstelle eines Bürojobs. Sie wusste, dass der Beruf des Friseurs nicht sehr gut bezahlt und die Ausbildung nicht einfach war, aber es war ihr Wunsch gewesen.
Außerdem hoffte sie, irgendwann ihre Ausbildung fortführen und ihren Meistertitel erwerben zu können, um anschließend einen eigenen Salon zu eröffnen. Sie hatte sich frühzeitig um einen Ausbildungsplatz beworben und hatte nach nur wenigen Absagen eine Stelle in einem Friseursalon in der Innenstadt bekommen. Ihre bevorstehende Ausbildung verschaffte ihr neuen Mut. Somit hatte sie etwas Neues, auf das sie sich konzentrieren konnte. Vielleicht würde ihr das ein wenig über Till hinweg helfen.
Till hingegen wollte schon im Kindesalter sein Abitur machen, studieren und dann Im IT-Bereich tätig werden. Alles, was mit Computern und Technik zu tun hatte, hatte ihn schon früh interessiert. Ständig hatte er sich gefragt, wie Technik so intelligent sein konnte. Und wie sich herausstellte, hatte Till den ersten Schritt in diese Richtung geschafft.
»Du und Till, ihr seht euch nicht mehr sehr oft, oder?« Andrea, Sarahs Mutter, hatte sie sonst nie darauf angesprochen.
»Nein. Schon lange nicht mehr,« sagte Sarah in einem resignierenden Ton, der ihrer Mutter gegenüber zum Ausdruck bringen sollte, dass das Ende ihrer Freundschaft schon sehr lange her war und es nichts Neues war, dass sie so gut wie keinen Kontakt mehr zu Till hatte.
»Jedenfalls, Tills Mutter hat mir erzählt, dass er nun aufs Gymnasium gehen wird, um sein Abitur zu machen. Sie sagt, er will später mal studieren.«
Sarah freute sich einerseits für ihn, dass bislang alles so lief, wie er es sich immer gewünscht hatte und er eine reelle Chance hatte, seine Träume zu verwirklichen und wirklich IT-Spezialist zu werden. Trotz ihrer Wehmut musste Sarah traurig schmunzeln.
»Tills Mutter hat mir erzählt…« Früher war es umgekehrt gewesen. Da hatten Till und Sarah sich gegenseitig Dinge erzählt, von denen ihre Eltern wahrscheinlich bis heute nichts wussten. Jetzt sprachen ihre Eltern mehr miteinander als sie beide selbst. Irgendwie machte sie das traurig. Nichts war mehr wie früher gewesen und nichts deutete darauf hin, dass ihre Freundschaft aus Kindertagen jemals wieder zurückkommen würde…
Sarah lief noch ein paar Straßen weiter zur Festhalle der Stadt, wo sie vor mittlerweile gut zehn Jahren ihren Schulabschluss gefeiert hatten. An diesen Nachmittag hatte Sarah keine allzu guten Erinnerungen. Die Feier an sich war sehr schön gewesen. Natürlich wurden viele Reden gehalten, es wurden Sketche und kurze Theaterstücke aufgeführt, Lieder wurden gesungen und am Ende wurden die Abschlusszeugnisse verteilt und die Jahrgangsbesten gekürt. Viele stolze Eltern waren im Saal, die mit einem lachenden und einem weinenden Auge erkannten, dass ihre Kinder nun fast schon Erwachsene waren und möglicherweise bald in die Arbeitswelt einkehrten.
Sarah hielt sich während der Abschlussfeier meist in der Nähe ihrer Eltern und ihrer Freunde auf. Till würde auch hier irgendwo sein, aber da seine Freundin, die in der Parallelklasse war, ebenfalls da war, um ihren eigenen Abschluss zu feiern, hielt Sarah bewusst keine Ausschau nach ihm.
Während Sarah sich mit ihrer Mutter unterhielt, hatte Till Sarah in einer ruhigen Minute von Weitem entdeckt und beobachtet. Sie war wunderschön. Ihr langes, blondes Haar hatte sie locker zusammen gesteckt, sie war dezent geschminkt und trug ein langes, bordeauxrotes Kleid mit dünnen Trägern und tiefem Ausschnitt.
Dies war wieder einer von unzähligen Momenten, in denen er bereute, ihr die kalte Schulter gezeigt und sich ihr abgewandt zu haben. Sie fehlte ihm so sehr. Ihre gemeinsamen Unterhaltungen, der Spaß, den sie beide immer gehabt hatten, die vielen, gemeinsam verbrachten Momente.
Was hatte er nur getan? Obwohl sie sich gerade mit ihrer Mutter Andrea unterhielt, wie er sehen konnte, hatten ihre Augen verraten, welche Trauer sie in sich trug und er ahnte, dass diese Trauer ihm und ihrer Freundschaft gegolten hatte. Auch er musste sehr traurig und nachdenklich ausgesehen haben, denn plötzlich spürte er ein leichtes Zwicken an seinem Arm.
»Hey, wo schaust du denn wieder hin?« Katja hatte ihn geneckt. Sie schien nicht bemerkt zu haben, dass er ausgerechnet Sarah angestarrt hatte. Schließlich wusste Katja nicht, wer Sarah war und was sie und Till einst verbunden hatte.
»Ich hab nur geschaut, wer sonst noch so da ist. Die meisten werde ich ja nach dieser Feier wohl nicht mehr sehen.« Katja stimmte ihm zu. »Ja, das ist traurig, aber jeder muss nun seinen eigenen Weg gehen.«
Während Till sich weiter mit Katja unterhielt, hatte auch Sarah die beiden entdeckt. Leider zu spät, um zu sehen, dass Till sich noch immer nach ihr sehnte und sie bewunderte. In Sarahs Augen war Till glücklich und hatte nun bereits seit mehreren Jahren eine recht hübsche Freundin an seiner Seite. Sarah hätte eher vermutet, dass er sich mehrere Frauen angeln würde, aber er schien ein äußerst treuer Freund zu sein. Zumindest, was Beziehungen anging…
Traurig wendete sie den Blick wieder ab und lenkte sich mit den restlichen Feierlichkeiten ab. Einige ihrer Freundinnen wollten sich am Abend noch an einem See in der Nähe treffen, um gemeinsam weiter zu feiern. Sarah hatte beschlossen, ebenfalls hinzugehen. Was sollte sie auch alleine zu Hause rumsitzen? Heute gab es allen Grund zum Feiern. Sie hatte die Schule gemeistert und hatte einen tollen Job in Aussicht. Ein neuer Lebensabschnitt stand ihr bevor, und sie freute sich riesig darauf.
Als die Zeugnisse verteilt wurden, standen alle Schulabgänger nach Klassen getrennt auf der Bühne. Somit standen Sarah, Till und Katja jeweils getrennt voneinander auf der Bühne. Da diese nicht sonderlich groß war, war es schwer, alle Mitschüler links und rechts von sich zu sehen. Till hatte jedoch nicht allzu weit von Sarah entfernt gestanden. Till schielte immer wieder nach links, um einen Blick auf sie zu erhaschen.
Sarah erwischte sich ebenfalls dabei, wie sie ständig nach rechts sah, um zu sehen, ob Till Ausschau nach ihr hielt, doch er sah jedes Mal stur geradeaus. Als sie ein letztes Mal zu ihm rüber schaute, sah er sie ebenfalls an und fing ihren Blick für mehrere Sekunden ein. Sie sahen sich lange an. Sarah mit ihrer allgegenwärtigen Traurigkeit in den Augen, Till mit einem ebenfalls teils traurigen, teils fragenden Blick. Als würde er ihr sagen wollen, wie leid es ihm tat. Doch das änderte nichts an ihrem Verlust und ihrer Sehnsucht.
Sarah, Till und all ihre Mitschüler waren nun offiziell – zumindest was die Realschule betraf – Schulabgänger und wurden von der Bühne entlassen. Stolz zeigten die Schüler ihren Eltern ihre Zeugnisse. Sarahs Eltern unterhielten sich gerade mit den Eltern von Till. Sarah begrüßte sie kurz, drückte ihrer Mutter ihr Zeugnis in die Hand und entschuldigte sich mit den Worten: »Ich geh schon mal raus.« Die Eltern waren nicht sonderlich verwundert über ihre Reaktion und ließen sie gehen. An diesem Tag waren wohl alle gefühlsmäßig etwas durcheinander.
Während Katja sich mit ihren Freundinnen unterhielt, hatte Till gerade noch beobachtete, sie Sarah alleine zur Tür hinausging. Da sich seine und ihre Eltern noch miteinander unterhielten und Katja ebenfalls beschäftigt war, entschloss er sich, Sarah zu folgen. Er hielt dieses Schweigen nicht mehr länger aus. Er musste unbedingt wieder ihre Stimme hören. Sie aus der Nähe