Ich wünsch dir alles Gute. Nicole Beisel

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Ich wünsch dir alles Gute - Nicole Beisel

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suchte sich an diesem angenehm warmen und sonnigen Spätnachmittag einen kleinen, ruhigen Platz im Schatten. Einige Schüler waren schon auf dem Heimweg und liefen mit ihren Eltern an ihre Autos oder fuhren bereits davon. Nachdenklich schaute Sarah in die Ferne, wo außer Menschen, Häusern und Autos nicht mehr viel zu sehen war.

      Plötzlich erfasste sie ein sehr seltsames Gefühl. Ein Gefühl, von dem sie wusste, dass sie es ganz genau kannte, aber dass es lange her war, als sie es zum letzten Mal verspürt hatte. Sie konnte spüren, wie er sich ihr von hinten näherte. Wenige Sekunden später hörte sie nach sehr langer Zeit seine Stimme, die noch beinahe genauso klang, wie damals, als sie sich noch stundenlang unterhalten konnten, ohne müde zu werden oder sich zu langweilen.

      »Sarah?« Die einzigen Veränderungen in seiner Stimme waren die ungewohnte Tiefe und ein leichtes Zögern, das sie sonst nicht von ihm kannte. Till hatte immer gerade heraus gesagt, was er dachte und hatte nie gezögert, ganz gleich, worum es gegangen war. Diese Art und Weise, wie Till gerade sachte ihren Namen ausgesprochen hatte, war neu für sie gewesen.

      Wie gerne hätte sie sich umgedreht, aber sie hätte sich so sehr geschämt. In nur einer Sekunde gingen ihr so viele verschiedene Gedanken durch den Kopf und ihre Gefühle spielten verrückt. Da waren Wut, Sehnsucht, Liebe, Trauer, Erinnerungen, Freundschaft – und eine Träne in ihrem Gesicht, die Till nicht sehen sollte. Aber selbst, wenn sie sich die Träne nun wegwischen würde, würde er sehen, dass sie geweint hatte. Also drehte sie sich langsam zu ihm um, ließ die Träne da, wo sie war und besann sich, nicht noch mehr zu weinen.

      Sie sah ihm in seine braunen Augen, die ebenfalls feucht gewesen waren von Tränen, die er verzweifelt versucht hatte, zurück zu halten. Am liebsten hätte sie sich in seine Arme geworfen und hätte ihn nie wieder loslassen wollen. Aber er hatte eine Freundin, und die würde es sicher nicht gut finden, ihren weinenden Freund in den Armen einer anderen, noch dazu ebenfalls weinenden Frau wiederzufinden. Außerdem war er es, der sich damals zurück gezogen hatte und es wäre in Sarahs Augen schlicht unangebracht gewesen, sich ihm an den Hals zu werfen. Sie musste versuchen, vernünftig zu bleiben, so schwer es auch war.

      Also sah sie ihn nur stumm an und wartete ab, was er ihr zu sagen hatte. Sie hatten sich schon immer auch gut ohne Worte verstanden, und so erwartete er von ihr keine Antwort, sondern sprach weiter, so gut er konnte. Er versuchte, locker zu wirken, was ihm jedoch gründlich misslang. Auch das war neu gewesen für Sarah. »Eigentlich wollte ich dich fragen, wie es dir geht, aber ich glaube, das hat sich damit erledigt.«

      Er schluckte, ehe er weiter sprach. Er wollte sich auf jeden Fall bei ihr entschuldigen und suchte nach einer Erklärung. Allerdings gab es für sein damaliges Handeln nur eine einzige Erklärung, die er jedoch auch nach all der Zeit weiterhin für sich behalten wollte. Was konnte er Sarah nur sagen?

      »Es tut mir so leid. Du fehlst mir.« Sarah liefen neue Tränen die Wange herunter. »Du fehlst mir auch. Mir blieb ja auch nichts anderes übrig, als dich zu vermissen.«

      Sarah war verwundert über sich selbst und ihre offenen Worte. Till schämte sich immer mehr. »Ich weiß. Ich wusste mir nicht anders zu helfen.« Verwundert sah Sarah ihn an. Was meinte er nur damit? Währenddessen rang Till nach einer plausiblen Erklärung.

      »Unsere Interessen haben einfach verschiedene Wege eingeschlagen. Dann hatte ich eine Freundin und ich wollte nicht, dass sie eifersüchtig wird, wenn ich so viel Zeit mit dir verbringe. Ich weiß, es war falsch, aber damals wusste ich es nicht besser.«

      Sarah konnte das nicht so recht verstehen. Ihre Freundschaft war so tief und innig gewesen und Till war eigentlich immer ein vernünftiger Mensch gewesen. Niemals, so war sie sich sicher, hätte er ihre Freundschaft für ein Mädchen oder eine Frau aufgegeben. Aber was sonst konnte dahinter stecken?

      Till sprach weiter. »Es hat sich irgendwie so ergeben. Ich wollte dich nicht verletzen. Ich dachte, es wäre ok für dich, und dass auch du dir einen neuen Freundeskreis suchen würdest. Ich dachte, es würde nun jeder seinen eigenen Weg gehen.«

      Till zuckte mit den Schultern. Mehr konnte er dazu nicht sagen, obwohl es so viel mehr zu sagen gegeben hätte. Für Sarah klang das alles eher nach einer Ausrede, auch wenn sie selbst keine Antwort hatte, worin das wahre Problem gelegen zu haben schien. »So wie es aussieht, hat das nicht so ganz geklappt.«

      Energisch wischte sie sich eine der vielen Tränen weg und schaute auf die Straße. Auch Till schaute kurz weg, bevor er sie erneut ansah. »Ja, ich weiß. Ich hatte mir das alles anscheinend einfacher vorgestellt. Jedenfalls, wenn du magst, ich meine…« Till druckste herum, während Sarah gespannt darauf wartete, was er ihr nun versuchte, zu sagen.

      »Ich weiß nicht, ob du es mitbekommen hast, aber ich werde nach den Ferien hier weiter auf die Schule gehen und werde auf dem Gymnasium mein Abitur machen.« Die Realschule, das Gymnasium und die dazugehörige Hauptschule bildeten gemeinsam ein Schulzentrum am Rande der Stadt. »Das heißt also, ich bleibe erst einmal noch ein paar Jahre hier im Ort. Ich weiß zwar nicht, was du nun nach der Schule machst, ich nehme an, etwas im Handwerk, dann würde ich mich freuen, wenn wir uns ab und an vielleicht doch mal sehen könnten. Katja wird sicher nichts dagegen haben.«

      Es hatte ihn sehr viel Überwindung gekostet, aber es musste sein. Er wollte Sarah wieder öfter sehen, ganz gleich, was Katja dazu sagen würde. In all den Jahren hatte Sarah ihm so sehr gefehlt, dass er ständig an sie dachte und sich wünschte, sie wären zumindest noch befreundet. Es war sehr dumm von ihm gewesen, ihre Freundschaft zu beenden, weil er tiefere Gefühle für sie hegte und dachte, er würde nicht damit zurechtkommen, wenn er weiterhin mit ihr befreundet blieb. Aber ganz ohne Sarah ging es ihm so schlecht, dass er sich gar nicht vorstellen konnte, dass es schlimmer wäre, wenn er wieder mit Sarah befreundet blieb und sie regelmäßig traf.

      Er wollte ihre Freundschaft wieder aufleben lassen. Auch wenn ihm klar war, dass es sicher nie wieder so werden würde, wie früher, so war das immerhin besser, als sich ständig nach Sarah zu sehnen und sich zu fragen, was sie wohl gerade macht. Vielleicht konnte er seine wahren Gefühle für sie doch irgendwie im Zaum halten und sich an ihrer Freundschaft erfreuen.

      Sarah musste einen Moment nachdenken. Alles war so verworren gewesen. Erst hatte er den Kontakt abgebrochen, als Erklärung schiebt er »die geteilten Interessen« und seine Freundin vor, dann steht er plötzlich mit Tränen in den Augen vor ihr und bittet sie um Verzeihung und um ihre Freundschaft?

      Sarah wusste nicht, ob sie lachen oder weinen sollte. Sie war so wütend auf ihn gewesen. Er hatte sie so sehr verletzt. Selbst wenn er von ihren wahren Gefühlen nichts wissen konnte, so hatte er doch trotzdem ihre Freundschaft zerstört, ein Band, das in der Regel viel stärker ist als die Liebe zwischen zwei Menschen. Sie dachte darüber nach, was sie nun wirklich wollte. Einerseits freute sie sich riesig auf die Ausbildung, die sie recht gut ablenken würde. Andererseits fehlte ihr die Freundschaft zu Till. Aber konnte sie ihre Gefühle unterdrücken und vor ihm verheimlichen? Würde sie damit umgehen können, wenn seine Freundin doch eifersüchtig auf sie werden würde? Aber was am wichtigsten war: Konnte sie Till verzeihen? Ihre Tränen waren in der Zwischenzeit getrocknet und auch Till schien gefasster und irgendwie auch erleichtert, nachdem er sie gefragt hatte, ob sie bereit war, ihre Freundschaft wieder aufzunehmen.

      »Ja, ich weiß, dass du dein Abitur machst und dann studieren willst. Meine Mutter hat es mir erzählt, sie weiß es von deiner Mutter. Du hast Recht, ich habe mir einen handwerklichen Beruf ausgesucht. Ich möchte gerne Friseuse werden und später vielleicht mal meinen eigenen Salon eröffnen, wenn ich es schaffen sollte, Friseurmeisterin zu werden. Mal sehen, was die Zukunft für mich bereit hält. Meinen Ausbildungsplatz habe ich übrigens im Salon »Haarscharf« in der Stadtmitte, also werde ich auch noch zumindest für die nächsten drei Jahre bei meinen Eltern wohnen bleiben und hier im Ort sein.«

      Ein

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