City Vampire. Beth St. John

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ihr den Kopf entgegen.

      „Ich schmeiße ihn für dich raus, wenn du willst“, sagte er mit einem Seitenblick auf Pierre. „Ganz ehrlich, ich weiß nicht, wie du das jeden Tag aushälst.“ Er rollte mit den Augen.

      Elaine musste grinsen. Henri war ihr Chef, ihm gehörte das Café. Er war ein herzensguter Kerl, sie mochte ihn sehr. Er bezahlte anständig und nahm seine Angestellten in Schutz. Und wenn ein Kunde sich danebenbenahm – was zum Glück nicht häufig vorkam, denn es war ein Café und kein Nachtlokal – dann setzte er ihn vor die Tür.

      „Ach, lass ihn“, entgegnete sie lächelnd. „Er ist doch schließlich ein Stammkunde von dir. Ich komme schon damit klar.“

      „Aber sollte er jemals versuchen, dich zu begrapschen, sagst du es mir, in Ordnung? Dann fliegt er raus!“

      Elaine nickte grinsend. „Alles klar.“

      Kurz darauf servierte sie Pierre ein goldgelbes, duftendes Omelette und überhörte wie gewohnt seine anzüglichen Bemerkungen. Dann begann Elaine die Tische im hinteren Bereich abzuwischen. Sie war wirklich gerne hier. Ihr war schon klar, dass sie bloß eine Kellnerin war – und sicherlich hätten die meisten Menschen ihr dazu geraten, doch die Abendschule zu besuchen, dann zu studieren und irgendetwas aus ihrem Leben zu machen. Doch diese Leute verstanden nicht, wie sehr sie genau das hier genoss. Es war so normal, so beständig, so sorglos. Sie mochte ihren Chef und die meisten Gäste. Sie bekam Urlaub, wenn sie ihn brauchte und hatte ihr festes Gehalt an jedem Monatsende auf dem Bankkonto. Sie hatte alles, was nötig war, um glücklich zu sein.

      Als die Uhr fünfmal schlug, nahm sie ihre Schürze ab und hängte sie ordentlich weg. Sie schnappte sich ihre Handtasche und steckte den Kopf in die Küche. „Henri? Ich bin dann weg, okay?“

      Henri lugte hinter einem riesigen Topf hervor und nickte ihr zu. „In Ordnung. Grüß Mathis von mir.“

      „Natürlich.“ Sie ließ die Küchentür hinter sich zu schwingen, nickte Pierre noch einmal zu und verließ das Café.

      Langsam schlenderte sie durch die Straßen des frühabendlichen Paris. Sie wollte noch einen kleinen Abstecher zum Markt machen und ein paar Kleinigkeiten einkaufen. Sicherlich würde Mathis schon auf sie warten. Sie freute sich auf ihn, denn ihr jüngerer Bruder und sie standen sich sehr nah. Elaine war mehr eine Mutter für ihn denn eine Schwester, hatte sie ihn doch die letzten Jahre ganz alleine großgezogen. Jetzt war er sechzehn und schon fast ein junger Mann mit einer Menge Flausen im Kopf. Trotzdem wirkte er verantwortungsbewusster und loyaler als viele seiner Altersgenossen.

      Der Marché les Enfants Rouges lag versteckt in einer ruhigen Ecke des Marais Arrondissements. Der älteste überdachte Lebensmittelmarkt von Paris wurde bereits 1629 gegründet und nach einem Hospiz für Waisen benannt, das für seine roten Uniformen bekannt war. Heute konnte man hier nicht nur frische Lebensmittel kaufen, sondern auch internationale Köstlichkeiten genießen. Es gab japanisches Sushi, scharfe afrikanische Gerichte und frisch gebackenes arabisches Fladenbrot.

      Elaine kaufte frische Tomaten ein, Kopfsalat und einen kleinen Laib würzigen Käse. Der Markt füllte sich langsam mit feierabendlichen Einkäufern und das Geplapper der Menschen, die um ihre Ware feilschten, miteinander lachten oder auch mal schimpften, hatte etwas heimeliges an sich. Elaine lächelte still vor sich hin, als sie den Markt verließ und ein Stück den Weg zurück zu ihrem Auto ging.

      Kapitel 3

      Elaine schloss die Tür zu ihrer Wohnung auf und warf den Schlüsselbund in das kleine Holzschälchen auf dem Tisch neben der Garderobe. Im Gehen streifte sie ihre Schuhe von den Füßen, nach ihrer langen Schicht im Café und den vielen Stunden auf den Beinen schmerzten ihre Fußballen. Auf Strümpfen ging sie in die Küche, stellte die Tasche mit ihren Einkäufen auf dem Küchentisch ab und ließ Wasser in den alten Teekessel laufen.

      „Mathis?“, rief sie, drehte den Herd an und stellte den vollen Teekessel auf der Platte ab. „Mathis, bist du da?“

      Verwundert runzelte Elaine die Stirn. Eigentlich sollte er zuhause sein. Die Schule war längst aus und er war nicht der Typ, der stundenlang und ohne Bescheid zu geben wegblieb. Elaine ließ den Teekessel auf dem Herd stehen und ging zurück in den Flur. Hatte er ihr vielleicht eine Nachricht hinterlassen, die sie übersehen hatte? Doch nein, da war nichts. Auch nicht im Wohnzimmer. Alles war ordentlich aufgeräumt, so wie sie es am Morgen verlassen hatte – aber nirgendwo war eine Spur von ihrem Bruder oder ein Hinweis auf seinen Verbleib.

      „Mathis?“, rief sie wieder und ging hinüber zu seinem Zimmer. Die Tür war angelehnt, das Zimmer leer. Sein Bett war gemacht, wenn auch nicht allzu sorgfältig, der Computer war ausgeschaltet. War er überhaupt nach der Schule schon zuhause gewesen? Es lagen keine Hefte auf seinem Schreibtisch herum wie sonst, wenn er Hausaufgaben gemacht hatte. Für gewöhnlich schaltete er seinen Computer gleich nach dem Heimkommen ein und ließ ihn auch an, wenn er noch für ein paar Stunden das Haus verließ, um Freunde zu besuchen. Elaines Herz begann zu flattern. Ihm musste etwas zugestoßen sein! Anders war sein Fortbleiben nicht zu erklären. Sie eilte zurück in den Flur und kramte in ihrer Handtasche nach ihrem Handy.

      Nervös wählte sie seine Nummer. Das Freizeichen erklang, aber niemand hob ab. Mit zitternden Fingern rief sie nacheinander jeden seiner Freunde an, von welchen sie eine Nummer besaß, doch keiner von ihnen hatte Mathis nach der Schule gesehen. Er habe sich verabschiedet und sei nach Hause gegangen, sagten sie.

      Elaine nahm den Teekessel vom Herd, noch bevor das Wasser kochte. Ihre Verzweiflung wuchs. Das Telefon noch immer in den Händen, glitt sie an der Wand entlang zu Boden und vergrub ihr Gesicht in den Händen. Was sollte sie nur tun? Zur Polizei gehen? Soweit sie wusste, war es noch zu früh, um eine Vermisstenanzeige aufzugeben. Sicherlich würde man sie nach Hause schicken, mit den Worten, er sei schließlich ein Teenager und habe die altersgemäßen Flausen im Kopf. Als ihr Handy plötzlich zu klingeln begann, zuckte sie erschrocken zusammen. Sie warf einen schnellen Blick auf das Display. Mathis! Hastig nahm sie das Gespräch entgegen.

      „Mathis!“, rief sie mit hoher Stimme. „Mein Gott, wo steckst du denn?“

      „Hier ist nicht Mathis“, erklang eine fremde Männerstimme. Elaine erschrak.

      „Wer sind Sie? Wo ist mein Bruder?“, fragte sie hastig.

      „Es geht ihm gut“, antwortete der Fremde. „Mein Name ist Jerome Roussaux. Mathis ist mein Gast.“

      „Ihr – Gast?“, fragte Elaine verwirrt. Was sollte das? War das ein böser Scherz? „Ich will mit Mathis sprechen. Sofort.“

      „Wir wollen doch nichts überstürzen, meine Liebe“, sagte der Fremde am anderen Ende der Leitung. „Ich schlage vor, wir treffen uns und unterhalten uns in aller Ruhe.“

      „Was wollen Sie von uns?“, fragte Elaine verzweifelt.

      „Das erkläre ich Ihnen, wenn wir uns sehen. Nehmen Sie die Rue de Charterly Richtung Norden. Biegen Sie dann links ab. Nach ungefähr zwei Kilometern gelangen Sie in ein ehemaliges Industriegebiet. Es ist das dritte Gebäude auf der rechten Seite. Sagen wir, in einer Stunde. Und kommen Sie allein. Wenn Sie die Polizei verständigen, ist Mathis tot. Wenn Sie mit irgendjemandem darüber reden, ist er ebenfalls tot. Haben Sie mich verstanden?“

      Elaine lief ein kalter Schauer den Rücken hinunter. „Verstanden“, hauchte sie, unfähig, einen klaren Gedanken zu fassen.

      „Gut“, sagte der Mann. Ein Knacken

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