Finsterlicht. Leo Brescia

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Finsterlicht - Leo Brescia

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hin und her. Ihr Oberkörper und ihre Beine waren gebadet in Blut.

      „Karen!“, stieß er entsetzt hervor und ließ sich neben ihr nieder. Ihr Bauch war eine einzige Wunde; jemand hatte Paulys und Karens ungeborenes Kind herausgeschnitten.

      „Pauly“, flüsterte die leichenblasse Karen mit vor Angst und Schmerz erstickter Stimme. Ihre Augen waren weit aufgerissen, ihr Gesicht verzerrt.

      Im selben Moment gab es einen ohrenbetäubenden Knall, das Gebäude bebte und erzitterte wie unter einem mächtigen Hammerschlag. Eine unvorstellbare Druckwelle rollte über sie hinweg und versetzte die Knochen in Paulys Innerem in Schwingung.

      Ohne nachzudenken schob Pauly seine Arme unter Karens Oberkörper und ihre Beine. Die Angst und das Adrenalin verliehen ihm ungeahnte Kräfte, er hob seine Frau auf, als wäre sie leicht wie eine Feder. Noch immer floss das Blut in wahren Sturzbächen aus ihrem offenen Bauch. Wankend lief er mit seiner geliebten Last durch das zerstörte Museum, sprintete an der verwaisten Kartenverkaufsstelle vorbei und durch das Tor ins Freie.

      „Hilfe!“, schrie er verzweifelt. „Meine Frau braucht Hilfe!“

      Die dunkle Burg

      Die dunkle Burg thronte wie ein Nachtschatten mit drei Türmen auf dem hoch aufragenden Fels. Aus dem dichten Nadelwald ringsum erhob sie sich, war ein Zeugnis vergangener Zeiten und verblasster Größe. Die Sonne schien durch einen seltsamen Dunst hindurch und tauchte den gesamten Himmel in ein unheimliches Rot.

      Der Bus quälte sich die kurvenreiche Straße hoch, schrammte oft nur haarscharf an Abgründen vorbei und erreichte schließlich doch den Parkplatz vor dem Haupttor der Burg. Die Schülergruppe stieg aus und sammelte sich um ihre Lehrerin. Die Fahrt hatte lange gedauert, der Abend war nicht mehr fern. Alle waren froh, sich endlich wieder die Beine vertreten zu können.

      Martin und Tanja blieben dicht beieinander, damit sie Händchenhalten konnten. Tanja hatte im Bus geschlafen und Martin grinste breit, als er ihre zerdrückte Frisur sah. Sie schlug ihn zur Vergeltung mit der Faust, woraufhin sie beide lachten.

      Die Lehrerin zählte ihre Schüler durch und war zufrieden, weil noch alle da waren. Sie hob die Arme und schlagartig senkte sich der Lärmpegel, der bei einer Gruppe Jugendlicher unweigerlich hoch war.

      „Kinder, wie ihr wisst, haben wir diese Reise schon lange geplant“, rief ihnen ihre Lehrerin ins Gedächtnis. „Zu unserem Glück findet diese Woche der alljährliche Jahrmarkt innerhalb dieser geschichtsträchtigen Mauern statt. Darum freut es mich außerordentlich, endlich hier zu sein. Die Führung durch die Burg beginnt in wenigen Minuten. Benehmt euch und bleibt zusammen.“

      Die Schüler murmelten ihre Zustimmung und warteten auf ihre Führerin. Als die junge Frau auftauchte, zählte die Lehrerin noch einmal zur Sicherheit durch, dann setzten sie sich in Bewegung und schlenderten durch den weitläufigen Burghof. An jeder Ecke hatten sich Souvenirstände festgesetzt, die alles Mögliche anboten. Kostümierte Männer und Frauen ließen eine alte Epoche wieder aufleben, Gaukler jonglierten und spielten mit Feuer. Es sah aus wie auf einem Mittelalterfest.

      Die Führerin zeigte ihnen wirklich jeden Winkel der Burg, erzählte etwas zur Geschichte und über die verschiedenen Besitzer. Martin und Tanja bekamen davon nicht allzu viel mit, sie beschäftigten sich lieber mit sich selbst. Am Ende der ausgedehnten Tour wurden sie in den höchsten der drei Türme geführt, dort warteten Erfrischungsgetränke auf die müden Schüler, die so lange so brav ausgehalten hatten. Zwei verglaste Bogenfenster zeigten einen Ausschnitt des roten Himmels. Niemand kümmerte sich um die seltsame Himmelsfarbe.

      Martin schnappte sich sofort einen der Becher, die auf dem Tisch standen, zögerte aber, ihn zum Mund zu führen. Misstrauisch beäugte er die grünliche Flüssigkeit darin.

      „Was hast du?“, fragte Tanja. Alle anderen ließen das Getränk genüsslich ihre Kehlen hinabrinnen, ohne es einer genauen Musterung zu unterziehen.

      Versuchsweise roch Martin an dem scharfen Getränk. Dann zuckte er mit den Schultern und nahm einen tiefen Schluck. „Sieht etwas komisch aus“, erklärte er seiner Freundin. „Kann man aber trinken.“

      Tanja probierte vorsichtshalber nur einen kleinen Schluck. Als sie zum selben Urteil wie Martin kam, trank sie den Rest hastig aus. Sie alle hatten wahnsinnigen Durst.

      Die junge Führerin war sichtlich erfreut, dass die Becher geleert wurden. „Was ihr da gerade getrunken habt, das war ein Zaubertrank“, sagte sie mit verschwörerischer Mine. Einige Schüler lachten verächtlich über den durchschaubaren Versuch der Erwachsenen, ihnen ein Märchen aufzutischen. Die glaubten wohl, sie waren noch Kinder!

      Das Lächeln der Führerin wuchs aber nur noch in die Breite. Die vermeintlich durchschaute Führerin hatte offenbar noch einen Trumpf im Ärmel. „Es wird sich zeigen, bei wem er seine Wirkung entfaltet. Nicht alles wirkt bei allen gleich, müsst ihr wissen. Die, die darauf reagieren, werden erweckt. Ihnen werden die Augen geöffnet für die wahre Welt.“

      Martin schüttelte den Kopf. Leise sagte er zu Tanja: „Die spinnt doch.“

      „Ich weiß nicht“, antwortete seine Freundin mit schwerer Zunge. Sie griff sich an den Kopf und schluckte schwer. Sie wirkte blass.

      Martin wollte ihr den Arm um die Schulter legen und fragen, was denn los sei. Da bemerkte er plötzlich selbst die bleierne Schwere, die sich unaufhaltsam und rasend schnell in seinem Körper ausbreitete. Er blinzelte, atmete tief ein, schüttelte den Kopf, um die schwarzen Sterne vor seinen Augen wegzuwischen. Es gelang nicht. Alles begann sich um ihn zu drehen, dann knallte er schwer auf den Boden. Er hatte nicht einmal bemerkt, dass seine Beine nachgegeben hatten. Irgendeiner seiner Kameraden machte noch die scherzhafte Bemerkung: „Die beiden gehören dann wohl nicht zu den Erweckten.“ Dann wurde alles um Martin schwarz.

      Martin schlug die Augen auf. Noch immer drehte sich alles, trotzdem erkannte er seine Umgebung wieder und erinnerte sich im selben Moment an das, was geschehen war. Ruckartig setzte er sich auf, ignorierte das Hämmern in seinem Schädel und sah sich um. Tanja lag direkt neben ihm. Sie waren alleine in dem Turmzimmer. Als er aus dem Fenster sah, bemerkte er zu seinem Schreck, dass der Tag schon weit fortgeschritten war; erstes Dunkel mischte sich in den roten Himmel.

      Schnell kroch er zu seiner Freundin hinüber. Auch sie kam gerade wieder zu sich.

      „Martin?“, fragte sie verschlafen, als sie ihn erkannte. „Was ist passiert?“

      „Keine Ahnung“, antwortete Martin wahrheitsgemäß.

      Tanja stand wackelig auf und stützte sich dabei auf Martin ab. Dann erhob auch er sich.

      „Du hast zu mir gesagt, dass die Führerin spinnt. Danach weiß ich nichts mehr.“ Tanja sah sich aufmerksam im Raum um. „Wo sind die anderen?“

      Martin zuckte hilflos die Schultern. „Es hat irgendwas mit diesem Zaubertrank zu tun. Ich wusste, etwas daran ist seltsam.“

      „Und trotzdem hast du ihn getrunken.“

      „Ja, ja“, machte Martin. „Ist jetzt egal. Wir sollten hier raus. Die anderen suchen.“ Er stellte absichtlich nicht die offensichtliche Frage, warum man sie hier so lange alleine gelassen hatte. Sein Herz klopfte schneller, er hatte Angst.

      Tanja deutete auf etwas am Boden. „Sieh mal. Was ist das? Das war vorhin noch nicht hier.“

      Martin

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